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Das Grab - Roman

Das Grab - Roman

Titel: Das Grab - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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ein Dutzend, auf jedem ein Schild mit der Apartmentnummer und dem Namen des Mieters. Auf dem ersten Briefkasten war ein zusätzliches Schild angebracht, auf dem Hausverwalter stand. Melvin fuhr mit ausgestrecktem Finger die Briefkästen entlang und berührte jedes Namensschild.
    Kein Chandler.
    Dafür war der Name auf dem Schild von Nummer 4 mit einem blauen Kuli ausgestrichen.
    Vickis Apartment, entschied Melvin.
    Sie wohnte erst ein paar Tage hier und war vermutlich noch nicht dazu gekommen, ihr Namensschild anzubringen.
    Die Holzdielen des Flurs knarrten unter seinen Schritten. Das Geräusch ließ ihn zusammenzucken. Doch er musste nicht weit gehen. Apartment 4 war die zweite Tür auf der rechten Seite. Sobald er sie identifiziert hatte, machte er kehrt und eilte nach draußen.
    Er überquerte den Rasen. Als er um die Ecke des Hauses bog, sah er einen schmalen Streifen Gras vor sich. Licht strömte aus den Fenstern von Apartment 2 und fiel auf die Hecke, die das Grundstück begrenzte. Melvin duckte sich unter dem Lichtschein hindurch und schlich durch die Dunkelheit zu den Fenstern von Apartment 4.
    Er spähte durch die Scheibe. Die Vorhänge waren nicht zugezogen, doch das Zimmer dahinter war so dunkel, dass er nichts erkennen konnte.
    Entweder war Vicki im Bett oder ausgegangen.
    Wenn sie schon im Bett war, würde er sie nicht mehr zu sehen bekommen, es sei denn, sie musste in der Nacht auf die Toilette oder so. Die Chancen dafür waren nicht sehr groß.
    Er überlegte, ob er noch eine Weile warten sollte – für den Fall, dass sie ausgegangen war.
    Andererseits wollte er nicht die ganze Nacht umsonst hier rumhängen. Die Warterei würde sich erst dann lohnen, wenn er sicher wüsste, dass sie bald nach Hause käme. Sie zu beobachten wäre herrlich, und selbst wenn sie die Vorhänge schloss, würde vielleicht ein kleiner Spalt offen bleiben, und er könnte zusehen, wie sie sich auszog.
    Doch wahrscheinlich schlief sie schon.
    Und vielleicht war das ja auch gar nicht ihr Apartment. Schließlich stand ihr Name nicht auf dem Briefkasten.
    Wenn du die ganze Nacht umsonst wartest, dachte er, wird es genau diese Zeit länger dauern, bis du schönere Dinge mit ihr anstellen kannst.
    Ich versuche es morgen wieder, entschied er. Morgen komme ich früher.
    Er schlich zurück und duckte sich wieder unter den Fenstern der Nachbarwohnung, als ihm die Idee kam, einen Blick zu riskieren. Langsam richtete er sich auf. Die Vorhänge waren nicht zugezogen. Die Frau in dem Lehnstuhl kam ihm bekannt vor. Zuerst wusste er nicht, woher, doch dann fiel ihm ein, dass sie an der Kasse im Riverside-Markt arbeitete. Melba – so hieß sie.
    Ein fettes Schwein.
    Sie saß zurückgelehnt in dem wuchtigen Stuhl und hatte die Füße hochgelegt. Ihr Haar war auf Lockenwickler gedreht. Sie trug lediglich einen beigefarbenen BH und ein Höschen, hielt sich ein Taschenbuch vors Gesicht und konnte Melvin daher nicht sehen. Ein offener Beutel Taco-Chips lag zwischen ihren Beinen, und auf dem Lampentischchen neben ihr stand eine Dose Diät-Pepsi in Reichweite.
    Sie sah wie ein bleicher, aufgequollener Teigklumpen aus.
    Melvin überlegte, sie zu töten. Sie war ekelerregend. Im Laden benahm sie sich wie eine Schönheitskönigin.
    Es wäre eine Wonne, ihr in den fetten Bauch zu treten, bis sie Blut kotzte.
    Sei nicht dumm, ermahnte er sich. Du willst dich doch nicht mit einer rumplagen, die du nicht gebrauchen kannst.
    Er würde es nie und nimmer schaffen, ihren fetten Leib zum Wagen zu schleifen, selbst wenn er es wollte.
    Außerdem müsste er sie anfassen, um sie zu töten. Er konnte beinahe fühlen, wie seine Finger in diese aufgedunsene, weiße Haut sanken.
    Melvin zog den Kopf wieder zurück und wünschte, er hätte Melba nicht gesehen, während er in Richtung Straße huschte. Er wünschte, Vicki hätte in dem Stuhl gesessen. Vicki würde ganz sicher keine scheußliche beigefarbene Unterwäsche tragen. Vielleicht rote. Vielleicht schwarze.
    Er stellte sie sich vor, wie sie mit nichts als ihrem weißen Ärztekittel im Sessel saß. Der Kittel war aufgeknöpft und klaffte weit auseinander.
    Er stieg in seinen Wagen und machte sich auf den vierzig Meilen weiten Weg zum Blayton Memorial Hospital.

Kapitel Zehn
    Kurz nach Mitternacht strömten sie einzeln und in Gruppen auf den Parkplatz des Krankenhauses. Das asphaltierte Areal war hell erleuchtet. Melvin, der sich tief in den Fahrersitz sinken ließ, beobachtete sie durch die Frontscheibe.
    Männer

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