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Das Grab - Roman

Das Grab - Roman

Titel: Das Grab - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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genug davon geschluckt. «
    Vicki begann, einen frischen Verband anzulegen.
    Sie spürte, dass Melvin sie anstarrte. Gleich bin ich fertig, beruhigte sie sich. Ein paar Minuten, und er ist weg.
    »So sehr ich Ärzte hasse«, sagte er, »es ist wirklich nett, von einem so hübschen behandelt zu werden.«
    »Danke.«
    Sparst du dich für mich auf?
    »Bist du Teilhaberin?«, fragte er.
    »Wovon?«
    »Von der Praxis. Bist du eine Teilhaberin oder was in der Art?«
    »Nein. Ich arbeite nur hier.«
    »Du solltest deine eigene Praxis aufmachen.«
    Sie brachte ein Lächeln zustande. »Ja. Dagegen hätte ich nichts einzuwenden. Aber es kostet eine Menge Geld, eine Praxis zu eröffnen. Außerdem möchte ich Dr. Gaines keine Konkurrenz machen.«
    »Wieso nicht?«
    »Er ist ein netter Mensch und hat viel für mich getan. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte ich es wahrscheinlich gar nicht durch die Uni geschafft.«
    »Was hat er getan? Deine Studiengebühren bezahlt?«
    Allmählich wird es mir zu persönlich, dachte Vicki.
    »Er hat mir ein ziemlich großzügiges Darlehen gegeben«, sagte sie. »Meine Eltern haben mich zwar unterstützt, und ich bekam einige Stipendien, aber ohne seine Hilfe …«
    »Du bist also hier, weil du ihm was schuldest?«
    »Ich bin freiwillig und gern hier. Nicht nur wegen des Darlehens. Ich werde bestimmt auch noch für ihn arbeiten, wenn ich es abbezahlt habe.«
    »Wie viel schuldest du ihm?«
    »Das geht nur Dr. Gaines und mich etwas an.«
    »Ich frag ja nur«, murmelte er. »Kein Grund, wütend zu werden.«
    »Ich bin nicht wütend.«
    »Weil ich dir nämlich auch aushelfen könnte, weißt du. Ich bin ziemlich reich.«
    »Vielen Dank. Ich komm zurecht.« Sie fixierte die Bandage, wandte sich ab und füllte ein Rezept aus. Ihre Hand zitterte beim Schreiben. Na toll, dachte sie. Er will mir Geld geben. Was kommt als Nächstes?
    »Das hier löst du in der Apotheke ein«, sagte sie und reichte ihm das Rezept. »Nimm die Tabletten dreimal pro Tag. Und wechsle jeden Abend den Verband. Wenn die Hand nicht besser wird, komm wieder, und wir sehen sie uns noch mal an.«
    »Wir sind also fertig?«
    »Ja.«
    Mit einem Nicken rutschte er von der Untersuchungsliege. Vicki trat vor ihm auf den Flur.
    »Danke für den Verband«, sagte er.
    »Gern geschehen.«
    Er legte den Kopf schief, kniff ein Auge zusammen und schielte sie an. »Du bist furchtbar nett zu mir«, sagte er. »Ich werde auch nett zu dir sein.«
    Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Schönen Tag, Melvin. «
    Er trottete den Korridor hinab, blieb vor der Tür zum Wartezimmer stehen, sah über die Schulter zurück und zwinkerte ihr zu. Dann war er verschwunden.

Kapitel Neun
    Kurz vor fünf an diesem Nachmittag rutschte Melvin in eine Sitznische von Webby’s Diner und bestellte eine Tasse Kaffee. Während er an dem Kaffee nippte, behielt er durch das Fenster die Straße im Auge.
    Von hier hatte er die Praxis, die auf der anderen Straßenseite lag, perfekt im Blick. Er konnte nicht nur den Eingang sehen, sondern auch den kleinen Parkplatz neben dem Gebäude.
    Nach einer Weile kam Dr. Gaines heraus. Er ging zu einem weißen Mercedes und fuhr weg. Damit blieben ein grüner Plymouth Kombi, ein gelber VW Käfer und ein weißer Dodge Dart. Der Käfer gehörte, wie er wusste, Thelma, der Sprechstundenhilfe. Vicki war mit einem Laster von U-Haul in die Stadt gekommen. Möglicherweise hatte sie sich einen Wagen gekauft, doch weder Kombi noch Dart sahen neu aus.
    Sie hat nicht viel Geld, rief er sich ins Gedächtnis. Nicht, wenn sie sich welches von Gaines leihen musste. Deshalb hatte sie sich wahrscheinlich keinen Neuwagen leisten können. Vielleicht hat sie gar kein Auto. Oder sie hat sich ein gebrauchtes gekauft oder eines geliehen.
    Während Melvin über diese Dinge nachdachte, kam eine schwangere Frau aus dem Gebäude. Sie stieg in den Dart. Damit blieb nur noch der Kombi. Er sah allerdings nicht wie die Art Auto aus, die Vicki fahren würde.
    Wer arm ist, darf nicht wählerisch sein, dachte er.
    Während die Bedienung frischen Kaffee in seine Tasse goss, betrat ein Mann mit Farbeimern in beiden Händen den Parkplatz und öffnete dann die Hecktür des Kombi. Er musste in dem Heimwerkerladen neben der Praxis eingekauft haben. Nachdem er die Farbkübel verstaut hatte, fuhr er los.
    Jetzt stand nur noch Thelmas VW auf dem Parkplatz.
    Melvin zog die Augenbrauen hoch.
    Vielleicht hatte er Vicki verpasst.
    Oder sie ist noch in der Praxis, hat aber kein Auto. Oder

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