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Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)

Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)

Titel: Das Grauen im Bembelparadies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Wattebausch klemmte zwischen seinen Zähnen. Er vermied es zu sprechen. Wortlos zog er einen Schlüssel aus der Jeanstasche und schloss auf. Schon im Eingangsbereich signalisierten Briefkästen aus poliertem Messing, dass hier nicht Hinz und Kunz wohnten, sondern Leute, die es zu was gebracht hatten. Herr Schweitzer warf einen Blick auf die Namen aus aller Herren Länder – Singh, McAllister, Clareux, Rothschild, Khan, Kunz. Kunz? Okay, Kunz wohnte doch hier, aber ohne Hinz.
    Mit einem vollverspiegelten Aufzug fuhren sie in den vierten Stock. Schwarzer Marmor, wohin das Auge blickte. Üppige Topfpflanzen in einem satten Grün zeugten von regelmäßiger Wasserzufuhr und den entsprechenden Dienstleistungsfirmen. Vom Boden hätte man essen können, so porentief rein war er. Auf jeder Etage wohnten nur zwei Partien auf jeweils knapp über hundert Quadratmetern. Selbst im Hausflur war von der tropischen Hitze draußen kaum etwas zu spüren. Und nur wer genau hinhörte, konnte eine leise surrende Klimaanlage ausmachen. Falls es hier irgendwo Kinder gab, so waren sie zum Stillhalten erzogen. Der Verkehrslärm der nahen Friedensbrücke war allenfalls zu erahnen.
    Es ist schon seltsam, wie eine gediegene Atmosphäre die Gangart von Menschen beeinflusst. Oberkommissar Schmidt-Schmidt, sein Assistent Hajo und Herr Schweitzer jedenfalls setztenderart vorsichtig einen Fuß vor den anderen, als könne ein etwas lauteres, von ihnen verursachtes Geräusch eine sich versteckt haltende Armee von schwerbewaffneten Wächtern erzürnen, die dann einem ehernen Gesetz folgend ihnen ohne viel Federlesens die Lichter ausblies, auf dass sie sich fürderhin die Radieschen von unten betrachten konnten. Nur Einbrecher und Angehörige ähnlich gelagerter Berufe bewegten sich ebenso geräuschlos fort.
    Schmidt-Schmitt entfernte das staatliche Siegel und Hajo schloss auf.
    Dann standen sie in Jean Clareux’ Zimmer. Man hätte bei dieser Größenordnung an Quadratmetern natürlich auch von Wohnung sprechen können, aber hier war alles eins. Küche, Wohn-, Arbeits- und Schlafzimmer bildeten eine architektonisch anspruchsvoll gestaltete Einheit, in der die Farben Indigoblau, Silber und Dunkelgrau dominierten. Geld hatte offensichtlich keine Rolle gespielt. Lediglich das Bad war durch eine Tür mit Milchglas separiert. Die Panoramafenster gingen nach Süden auf den Main und nach Westen und waren von einer schier unendlichen Größe, dass man sich unwillkürlich fragte, wie um alles in der Welt die beiden winzigen Eckpfeilerchen dazwischen die Last der Dachkonstruktion trugen.
    „Wow“, traute sich Herr Schweitzer als Erster einen Ton in die fast schon erdrückende Stille zu sprechen.
    „Nicht schlecht“, pflichtete ihm der Oberkommissar bei. „In der Rüstungsindustrie müsste man arbeiten.“
    Hajo grummelte etwas, was so ähnlich klang wie: „Scheischschmerschen.“
    (Scheichs Märchen? Scheiß Schmerzen?)
    Herr Schweitzer sah sich um. Ein fast dreieinhalb Meter langer Designer-Schreibtisch erstreckte sich vor dem flussseitigen Panoramafenster. Drei Flachbildschirme standen auf der schweren gläsernen Tischplatte. Außer einem Bastkörbchen mit Schreibutensilien und einem gerahmten Foto, das Jean Clareux zwischeneinem älteren Paar zeigte und auf dem im Hintergrund ein schlossähnliches Gebäude zu sehen war, befanden sich keinerlei Gegenstände auf dem Tisch. Er nahm das Foto in die Hand.
    „Seine Eltern“, erklärte Schmidt-Schmitt. „Und falls dir schon die losen Kabel aufgefallen sind, die Computer mit den Festplatten sind im Präsidium und werden durchgecheckt.“
    Herr Schweitzer, als bekennender Techniktrottel, fragte sich natürlich, warum man die Flachbildschirme nicht auch mitgenommen hatte, da hätte man sich die Dateien doch gleich angucken können – so war es jedenfalls bei seinem PC. „Klar, die Flachbildschirme könnt ihr ja später immer noch holen.“
    Hajo: „Hä? Wieschondasch?“
    „Wieso denn das?“, übersetzte der Oberkommissar.
    Herr Schweitzer: „Wieso denn was?“
    „Wieschodieschirme?“
    Schmidt-Schmitt: „Wieso die Schirme?“
    „Zum Angucken der Dateien. Ist doch wie beim Fernseher. Nur die Antenne bringt nix. Erst mit einem Bildschirm kann man auch Bilder sehen. Oder?“
    Schmidt-Schmitt hatte den Braten bereits gerochen, Hajo noch nicht. Schmidt-Schmitt grinste, Hajo verstand nur Bahnhof.
    Hajo: „Versch…“ Dann hatte er die Schnauze voll vom Wattebausch. Er nahm das blutdurchtränkte Teil aus

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