Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
weiß: Eile mit Weile.“
„Quatsch. Für Eile hab ich gerade keine Zeit. Aber, dieser Chavez, ihr habt ihm doch sicher auf den Zahn gefühlt?“
„Rundumbewachung. Seit heute früh.“
„Kein Verhör?“
„Geht nicht. Keine Beweise. Eine einvernehmliche Befragung hat er eiskalt abgelehnt.“ Der Oberkommissar drehte die Hände und spreizte die Handflächen zum Was-will-man-machen-Zeichen.
„Was ist das eigentlich für ein Typ, dieser Mike Chavez? Reiches Elternhaus, wie gehabt?“
„Ausnahmsweise nicht. Chavez ist fast dreißig, der Älteste aus der Clique. Der Einzige, der nie zur Uni gegangen ist. Hat aber anscheinend schon ein kleines Vermögen gemacht im IT-Bereich. War früher ein bekannter Hacker und stellt nun sein Wissen einer deutschen Rüstungsfirma in Rechnung.“
Oh, dachte Herr Schweitzer, so sah mir der aber nicht aus. Er pfiff anerkennend. „Oh-la-la, schau einer an. Deswegen hat er eine Vernehmung wohl auch abgelehnt. Als Hacker dürfte er seine Rechte bestens kennen.“
Der Oberkommissar nickte. „Leider. Zumal er für einen Rüstungsbetrieb arbeitet. Die haben eine Mannschaft von Anwälten, die finden jede Gesetzeslücke und sei sie noch so winzig.“
„Tja, aber keiner der beiden Morde setzt IT-Kenntnisse voraus, deWitte wurde vergiftet und Clareux erstochen.“
„So sieht’s aus, mein Lieber. Die Tatwaffe haben wir auch noch nicht. Kein Messer, weder in Sebastians Zimmern im Solitär noch in seiner Geheim-Wohnung.“
„Wie kommt er … wie kam er eigentlich an die ran? Habt ihr das schon rausgekriegt? Dürfte ja wohl kaum über eine Zeitungsannonce gelaufen sein.“
Schmidt-Schmitt lachte. „Nein, nein. Ein anderer Onkel, diesmal mütterlicherseits, hat bei der Henninger-Brauerei als Lagerverwalter gearbeitet. Von dem hat er den Schlüssel bekommen. Hat der Onkel auch bereitwillig zugegeben. ‚Steht ja eh leer und wird abgerissen‘, hat er uns gesagt, ‚soll sich die Jugend doch ein bisschen austoben.‘ “
„Tobe bis zum Tode, dann ruhe in der Truhe“, dichtete Herr Schweitzer etwas pietätlos.
„Bitte? Von wem hast du den denn?“
„Och, ist mir gerade so eingefallen.“
„Na denn. Sag mal, hast du Lust mitzukommen?“, fragte der Oberkommissar, „Hajo und ich schauen uns nachher noch mal die Wohnung von Jean Clareux an. Du weißt, manchmal bringt’s was, wenn man die Besitztümer eines Mordopfers auf sich wirken lässt. Vielleicht haben wir auch was übersehen, soll ja vorkommen.“
„Klar“, meinte Herr Schweitzer spitzfindig, „vielleicht hat das Opfer ja noch irgendwo einen Drohbrief rumliegen, unter den der Täter feinsäuberlich seinen Otto gesetzt hat.“
„Das wäre ja glatt ein Sechser mit Zusatzzahl. Aber soweit ich zurückdenken kann, ist das unserer Abteilung leider noch nie passiert.“
„Wann?“, fragte Herr Schweitzer. Er war froh, endlich mal aktiv am Geschehen beteiligt zu sein. So richtig war er ja nicht involviert. Immer nur Informationen aus zweiter Hand zu verarbeiten, war auf Dauer doch recht mühselig und unerquicklich. Zumal sein Kumpel ihm auch nicht alles erzählte. Wie auch? Mischa konnte bei ihren Treffen ja schlecht den kompletten Tagesablauf wiedergeben. Das Eine oder Andere rutschte da schon mal unter den Tisch. Wie zum Beispiel das noch nicht gefundene Messer, mit dem Clareux dahingemeuchelt wurde. Gut, sagte er sich, er hätte ja auch mal nachfragen können. Natürlich bevorzugte Herr Schweitzer knifflige Fälle, bei denen er selbst das Zepter schwang. Dann konnte er nämlich auch die unscheinbarsten Details in seinen Überlegungen berücksichtigen. Und schon mehr als einmal waren es exakt diese Marginalien, die zum Erfolg geführt hatten. In seiner jetzigen Rolle fühlte er sich wie Westerwelle in der Frauensauna.
Schmidt-Schmitt: „Ich treffe Hajo in“, er blickte auf seine Armbanduhr, „einer knappen Stunde am Schweizer Platz. Hajo hat gerade einen Termin beim Zahnarzt.“
„Au Backe“, entfuhr es dem Sachsenhäuser Detektiv. Sein alljährlicher Check beim Dentisten war schon seit drei Monatenüberfällig. Er mochte keine Zahnärzte. Die waren immer so brutal zu ihm. Ganz im Gegenteil zu Gastwirten. „Wo wohnt … hat dieser Jean Clareux eigentlich gewohnt?“
„Westhafen. Ganz exklusiv. Hat sogar ein Motorboot mit eigenem Steg.“
„Hübsche Gegend.“
Spiel mir das Lied vom Tod
Anderthalb Stunden später waren sie in der hübschen Gegend. Hajos Lippe hing ein wenig schräg nach unten und ein
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