Das Grauen im Bembelparadies (German Edition)
seinem Mund. „Versteh ich nicht. Wir haben wahrscheinlich Tausende von Bildschirmen im Präsidium. Wozu sollten wir die hier denn auch noch mitnehmen?“
Nun bemerkte auch Herr Schweitzer seinen groben Schnitzer. Logisch, dachte er, so ein Computer kann ja auch andere Bildschirme benutzen. Der Antenne ist es ja schließlich auch egal, ob der Fernseher von Sony oder Grundig ist. „Äh, natürlich, ist ja voll logo. Hatte nur gerade vergessen, dass ihr ja bestens ausgerüstet seid … sein müsst. Bei all den Verbrechern heutzutage“, lautete sein nicht ganz geglückter Versuch des Herausredens.
Hajo schüttelte den Kopf und zog eine Nachttischschublade heraus. Man musste ja nicht alles verstehen.
Sein Kumpel Mischa im Flüsterton: „Sag mal, Simon. Du weißt schon, dass wenn dein Bildschirm mal kaputtgeht, du den PC nicht gleich auch auf den Müll schmeißen musst?“
„Wofür hältst du mich eigentlich?“
„Für einen, der erst mal die Erfindung des Rads verdauen muss. Und ohne Feuerzeug wüsstest du wahrscheinlich heute noch nicht, wie man ein Feuer macht.“
„Völliger Quatsch. Dann nehme ich halt Streichhölzer“, erwiderte Herr Schweitzer listig.
Als auch der Oberkommissar sich anschickte, weiter nach vielleicht übersehenen Anhaltspunkten durch die Wohnung zu streifen, drehte sich Herr Schweitzer zur Wand und betrachtete die verschiedenen Filmplakate, die allesamt in unterschiedlich gestylten silbrigen Rahmen steckten.
Es waren acht an der Zahl. Von links nach rechts:
Apokalypse Now – Regisseur: Francis Ford Coppola
Der Schatz der Sierra Madre – mit Humphrey Bogart
Der Mann mit dem goldenen Colt – mit Roger Moore
Spiel mir das Lied vom Tod – von Sergio Leone
James Bond, 007 jagt Dr. No – mit Sean Connery
Für eine Handvoll Dollar – ebenfalls Sergio Leone
The Killing Fields – ausgezeichnet mit drei Oscars
Stirb an einem anderen Tag – mit Pierce Brosnan
Schau an, schau an, sinnierte er, das steht aber einer ganz schön auf Gewalt. Okay,
Spiel mir das Lied vom Tod
hatte er sich auch bestimmt schon sieben Mal angesehen. Und, ehrlich gesagt, würde ihn sich Herr Schweitzer auch ein achtes und neuntes Mal reinziehen, bevor er sich mit dem Musikantenstadl oder Sissi, die Kaiserin, folterte.
Dann drehte auch er noch ein paar Kreise durch den Luxus.Was ihn stutzig machte, war, bis auf das Foto mit den Eltern, die völlige Abwesenheit von Gegenständen, die man eindeutig als persönlich einstufen konnte. Keine Souvenirs, die einer Reise zuzuordnen gewesen wären. Keine Fotos von Freunden oder Bekannten – nicht mal von Dora Rutke.
„Sag mal, Mischa, ist Jean, die Leiche, eigentlich schon wieder in Frankreich?“
„Jean die Leiche. Klingt wie Karl der Große“, flachste Schmidt-Schmitt. „Aber ja, morgen ist Beerdigung, soviel ich weiß.“
„Und Sebastian?“
Der Oberkommissar zuckte mit der Schulter. „Keine Ahnung. Sein Onkel macht jedenfalls keinen Druck. Kann sein, dass er noch im Kühlschrank schmort.“
Hajo: „Im Kühlschrank schmoren. Das musst du mir mal vormachen. Im Brennofen, okay. Aber das war ja unser Franzose mit dem exquisiten Geschmack. Nicht dass wir die noch durcheinander bringen.“
„Ach, geh fort“, erwiderte Herr Schweitzer, „zwei Tote sind doch noch überschaubar. Wenn’s dabei bleibt, natürlich.“
„Erwartest du noch mehr?“, wollte Mischa Schmidt-Schmitt wissen und runzelte die Stirn. „Falls du eine These hast, nur raus damit, Simon.“
„Vielleicht ja dieser Mike Chavez, wer weiß. Immerhin haben schon zwei von Doras Liebhabern das Zeitliche gesegnet und das Ganze hat System.“
„Du meinst, jemand hat es auf Doras Lover abgesehen und Chavez ist der nächste auf der Liste?“
„Warum nicht? Vorausgesetzt, er ist nicht unser Mörder.“
Hajo: „Für mich ist die Rutke auch noch im Spiel. Vielleicht ist sie ja eine notorische Männerhasserin, die nacheinander all ihre sexuellen Spielgefährten massakriert.“
„Und eine glänzende Schauspielerin“, ergänzte der Oberkommissar, während er im Kleiderschrank die Innentaschen der Anzügedurchsuchte. „Aber wir sollten dabei nicht vergessen, am Tatort haben wir Sebastians Spuren sichergestellt. Der war also auf jeden Fall im Bembelparadies und an Clareux’ Tod beteiligt.“
Dann läutete sein Handy. Der Oberkommissar ging dran und lauschte eine halbe Minute mit großen Augen und gespitzten Lippen. „Soso, schau an, ist ja interessant“, murmelte er und verlangte von Hajo
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