Das größere Wunder: Roman
hochgezogen.
»Liebe Güte«, sagte sie, »hier riecht es total verbrannt!«
Sie war es wirklich. Sie war einfach da. Längere Haare, erschöpft sah sie aus, mitgenommen, müde, aber sie war es.
»Ich fürchte, das bin ich, was du da riechst.«
»Mach mal Platz da!«
»Aber gern.«
Sie legte sich zu ihm, und er dachte noch: Niemals vergessen, niemals vergessen, aber manches ist zu groß und zu wertvoll, um es behalten zu können, und man kann es niemals berichten, auch sich selbst nicht. Es war in der Sekunde weg, in der es gekommen war, es gehörte ihnen nur in genau der Sekunde, in der es passierte.
Und es passierte wirklich, und es geschah, und es war gemeint, und es war möglich, und plötzlich hatte es sein müssen, und es kam an, und sie erklärte, und er verstand, und er erklärte, und sie verstand, und er wischte, und sie wischte, und er fragte und fragte, und sie erzählte, und sie fragte, und er erzählte, und sie drückte, und er drückte, und er versprach, und sie versprach, und er nannte sich, und sie nannte sich, und sie nannte sich doppelt und dreifach und er sich auch, und er lachte, und sie lachte, und sie sagte kneif mich, und er sagte kneif lieber mich, und er zweifelte, und sie erklärte wieder, und sie redete und redete und sagte, und er nickte, und ja, und er erklärte, und sie nickte, und er fragte, und sie nickte, und er fragte noch mal, und sie sagte ja, und er lachte, und kein Traum, und beide Blick, und merken, denken, die anderen, und er wirklich, und sie ja, und sie wischte bei ihm, und er wischte bei ihr, und es war gemeint, und es war möglich, und es geschah, und sie wollte ja alle Zimmer sehen, und sie Augen, und er Augen, oder hast du denn geglaubt, und er sagte er auch, deswegen ja, und sie, nicht wegen ihr, und er, natürlich wegen ihr, und er fragte noch mal, und sie sagte ja, und bist du sicher, und ja, und sie wischten, und ohne Finger, und Hauptsache er, und auch das andere, und sie wollte es, und Hauptsache sie, und das war alles, und es passierte natürlich möglich, und ja und ja und ja, denn was denn sonst.
62
»Jonas? Seid ihr da drin?«
Er schaute aus dem Zelt. Hadan hielt ihm eine Kanne Tee hin. Jonas bedankte sich und stellte sie vor sich auf einem flachen Stein ab.
»Eine Frage muss ich dir noch stellen«, sagte Hadan. »Nicht dass das jetzt noch eine Rolle spielte, aber warst du eigentlich auf dem Gipfel?«
Jonas warf Marie einen Blick zu. Sie lächelte und wandte das Gesicht ab. Er holte tief Luft und schloss die Augen.
»Nein«, sagte er.
Über den Autor
Thomas Glavinic wurde 1972 in Graz geboren. 1998 erschien sein Debüt Carl Haffners Liebe zum Unentschieden . Es folgten u. a. Die Arbeit der Nacht (2006), Das bin doch ich (2007) und Das Leben der Wünsche (2009). Seine Romane Der Kameramörder (2001) und Wie man leben soll (2004) wurden fürs Kino verfilmt. Thomas Glavinic erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, zuletzt den Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft. Seine Romane sind in 18 Sprachen übersetzt. Er lebt in Wien.
Weitere Kostenlose Bücher