Das große Buch der Lebenskunst
sinnvolles Leben. Sie
steht für ein Leben in Verbindung mit dem, »woran unser Herz hängt«. Hier geht es nicht um eine Sorge aus Angst, sondern um eine Sorge aus Liebe. Weil ich
jemanden liebe, sorge ich für ihn. Ich besorge ihm, was er fürs Leben braucht. Ich versorge ihn mit dem Notwendigen und bin gleichzeitig selber erfüllt
von dem, was ich tue. Die Mutter sorgt gerne für ihre Kinder. Und die Kinder erfahren in der Sorge der Mutter ihre Liebe. Und ist es nicht wunderbar, ja
ein Glück, zu wissen, dass wir in Beziehungen zu anderen stehen, zu Menschen, die uns tragen und denen wir eine Hilfe sein dürfen?
Die rechte Sorge
V iele klagen heute über den Verfall der Werte. Die Menschen denken egoistisch nur an ihr eigenes Wohl,
die Not und die Sorgen der anderen lassen sie nicht an sich herankommen. Das kritisieren die einen. Andere wieder sprechen abfällig vom
»Versorgungsstaat«. Sie sehen die Gefahr, dass sich Menschen nur auf den Staat verlassen und nicht mehr selbst für sich und ihre Zukunft sorgen.
Beide Kritiker sehen etwas Richtiges. Die einzelnen Menschen sind heute, viel mehr als früher, auf sich selbst angewiesen. Sie müssen für sich selber
Sorge tragen und Verantwortung übernehmen. Das kann dazu führen, dass die Not der anderen übersehen wird. Die Grenzen zwischen der Vorsorge und Fürsorge
für sich selber und dem, was wir anderen, den eigenen Kindern und den eigenen Eltern, aber auch der Gemeinschaft an Solidarität und Fürsorge schulden,
sind oft nicht ganz einfach zu bestimmen. Es gibt sie ja auch wirklich, diese Menschen, die immer darauf vertrauen, dass andere – und sei es der Staat –
ihre Probleme schon lösen werden. Sie bleiben gleichsam im Zustand des Kindes hängen und lassen sich von der »großen Mutter« Staat versorgen. Wir dürfen
dankbar sein, wenn die Mutter für uns sorgt und uns versorgt. Aber wenn wir erwachsen werden, müssen wir für uns selber sorgen. Die Sorge für sich selbst
ist dann Zeichen der inneren Freiheit. Ich sorge für mich, indem ich mir die Zeit nehme, die ich brauche, indem ich die nötigen Lebensmittel einkaufe und
meine Wohnung sauber halte.
Ich kenne Menschen, die vor lauter Arbeit die Sorge um ihre eigene Person vernachlässigen. Diese Vernachlässigung spiegelt sich in dem leeren
Kühlschrank wider, vor dem sie am Wochenende stehen. Wissen, was für einen gut ist, ist wichtig.
Die rechte Sorge für sich selbst ist Ausdruck der Selbstliebe. Aber wichtig ist es auch, nicht aus dem zu Blick verlieren, was
anderen gut tut und was für das Wohl des Ganzen wichtig ist.
Sorgen und umsorgen
O ft machen wir uns Sorgen, ob wir bei den Menschen gut ankommen, ob das, was wir tun, vor ihrem Urteil
bestehen kann. Der Evangelist Lukas erzählt uns hierzu eine klassische Geschichte. Die Geschichte der Schwestern Marta und Maria spricht auch von
uns. Jeder von uns hat beides in sich: die Marta, die sich um die Gäste sorgt und besorgt ist, dass sie auch eine gute Gastgeberin ist; und Maria, die
einfach bei den Gästen ist und hört, was sie zu sagen haben. Die Marta ist in uns oft die Stärkere. Sie kann schließlich vorweisen, was sie alles schafft,
leistet und managt. Wir trauen uns oft nicht, der Maria in uns zu folgen. Alle Besorgungen und alle Sorgen einmal beiseite lassen, einfach nur dasitzen
und zuhören. »Das ist doch nur Zeitverschwendung«: gegen solche Zweifel und Selbstvorwürfe greift Jesus ein. Er gibt der Maria in uns Recht. Zu Marta sagt
er: »Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen.« (Lk 10,41) Sein Hinweis: Es ist gut, dass Marta die Gäste bewirtet. Aber sie muss sich keine
Sorgen machen, ob sie es auch gut genug tut. Wir brauchen auch die Maria in uns, die einfach hört, was der Gast zu sagen hat. Dann spürt sie übrigens
auch, was er wirklich braucht. Und das ist meistens sowieso nur unsere ungeteilte Aufmerksamkeit und Zuwendung.
Für mich ist gesorgt
I ch bin arm und gebeugt; der Herr aber sorgt für mich.« (Ps 40,18) Das ist keine wohlfeile und
wirklichkeitsfremde fromme Phrase. Das hat nichts mit unserer modernen »Versorgungsmentalität« zu tun. Und es nimmt nichts weg von der realen
Situation. Aber der Psalmist ist überzeugt: Nicht ich muss für mich sorgen. Gott selbst sorgt für mich. Dieses Vertrauen bestimmt auch das Neue
Testament. Aus diesem Vertrauen heraus fordert Paulus die Philipper auf: »Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend
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