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Das große Buch vom Räuber Grapsch

Das große Buch vom Räuber Grapsch

Titel: Das große Buch vom Räuber Grapsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Pausewang
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tat das, was Räuber in so einem Fall meistens tun: Er richtete seine Pistole darauf - auf eine niedliche, sehr kleine Frau mit einer Kanne voll Blaubeeren in der Hand.
    Überrascht starrten sich beide an. Sie schaute hinauf, er herunter. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, denn sie reichte ihm nur bis zum Gürtel.
    „Hallo", sagte sie. „Wollen Sie die Blaubeeren von den Sträuchern schießen ?"
    „Du erschrickst ja gar nicht", sagte der Räuber verblüfft. „Warum soll ich erschrecken?", fragte die kleine Frau, ebenso verblüfft. „Ich hab nur Angst vor Gewittern."
    „Jeder hat Angst vor mir", schnaubte er. „Ich bin viel schrecklicher als ein Gewitter Er richtete sich zu seiner ganzen Größe auf. „Ich bin", sagte er bedeutungsvoll und stellte sich breitbeinig hin, „der Räuber Tassilo Grapsch!"
    Einen Augenblick lang war die kleine Frau sprachlos. Dann fing sie an zu lachen.
    „Was gibt's denn da zu lachen?", fragte er ärgerlich.
    „Der Grapsch!", rief sie. „Wenn ich das daheim erzähle, glaubt mir's keiner!"
    „Bisher ist noch jeder vor mir davongelaufen - wenn er konnte", knurrte Grapsch. „Ich bin gefährlich!"
    „Ach was", sagte die kleine Frau. „Ich wette, Sie haben noch niemanden umgebracht. Stimmt's oder hab ich Recht?"
    „Stimmt", sagte er. „Ist ja auch nicht nötig, wenn sie alle weglaufen. Aber ich könnte!"
    „Dazu haben Sie ein viel zu gutes Herz", meinte die kleine Frau. „Ich?", rief Grapsch maßlos erstaunt.
    In diesem Augenblick begann es laut zu donnern. Mit einem Schrei sprang die kleine Frau auf den Räuber zu und klammerte sich an seinem Bart fest. „Ein Gewitter!", schrie sie.
    „Was gibt's denn da zu fürchten?", fragte er verdutzt, steckte seine Pistole in den Gürtel und beugte sich über die kleine Frau. „Tun Sie doch nicht so", schrie sie, „als ob Sie vor nichts Angst hätten ! Jeder fürchtet sich vor irgendwas!"
    Es donnerte wieder, diesmal noch lauter. Die kleine Frau zitterte. „Na, na", sagte er beruhigend. Mehr fiel ihm nicht ein. Ratlos blieb er stehen. Er konnte doch nicht weitergehen, während sie an seinem Bart hing!
    Aber als die ersten Tropfen fielen, kam ihm ein rettender Gedanke: seine Höhle. Er ließ den Sack los, hob die kleine Frau behutsam auf seinen Arm, grapschte die Kanne mit Blaubeeren aus den Sträu-ehern und fing an zu laufen. Als es zu gießen begann, breitete er seinen Bart über die kleine Frau.
    Die Kaninchen schlüpften aus dem Sack und rannten klatschnass davon, jedes in eine andere Richtung. Ein Donnerschlag nach dem anderen dröhnte durch den Wald. Als Grapsch seine Höhle erreichte, war er ebenso klatschnass wie die Kaninchen. Das Regenwasser quoll ihm aus den Stiefeln und troff ihm aus den buschigen Augenbrauen. Aber die kleine Frau war unter seinem Bart ganz trocken geblieben.

Herzlichen Dank fürs gerettete Lehen

    „So", sagte der Räuber Grapsch und stellte die kleine Frau behutsam auf die Füße.
    Draußen verhallte der letzte Donner.
    „Danke", sagte sie und versuchte seine große Hand zu schütteln. „Übrigens: Ich heiße Olli. Olli Flink aus Juckendorf." Verlegen schaute er zu ihr hinunter und schüttelte ihr auch die Hand - so, dass sie mit einem schrillen Schmerzensschrei in die Knie sank.
    „Was ist denn?", fragte er erschrocken. „Müssen Sie denn soooo drücken?", jammerte sie. „Habe ich gedrückt?"
    „Ebenso gut hätte ich meine Hand durch den Fleischwolf drehen können!", rief sie empört.
    Aber während sie noch mit schlenkerndem Arm dastand, schaute sie sich schon neugierig um. Sie sah bloß nicht viel. Die Höhle war dunkel.
    „Huch", sagte sie, „wo haben Sie mich denn hingebracht? Ich kriege ja eine Gänsehaut. Richtig unheimlich hier: Es stinkt fürchterlich, und überall liegen Knochen herum. Haust hier ein Bär?"
    „Hier", sagte Grapsch, „hause ich." „Wie kann man hier wohnen?", rief sie entsetzt. Er tastete nach Streichhölzern und zündete eine Kerze an, die auf einer Felsnase klebte. Flackerndes Licht fiel auf Decke und Wände. „Ach du meine Güte", seufzte Olli und schüttelte sich, „was für ein ungemütliches Gewölbe! So düster und klamm und hoch - und der Fußboden so holperig. Wer in so was wohnt, der muss ja ein Räuber werden!"
    Grapsch stand mit hängenden Armen da und blieb stumm. Da tat er ihr Leid.
    „Ich wollte Sie nicht kränken, Herr Grapsch", sagte sie. „Ich war nur im ersten Augenblick so - so überrascht. So eine - so eine Wohnung hab ich nämlich

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