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Das große Heft

Das große Heft

Titel: Das große Heft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agota Kristof
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Du kümmerst dich um deine Mutter. Du bist ein gutes Mädchen.
Sie sagt, näherkommend:
- Ihr findet mich gut? Wirklich?
    - Ja. Und wenn du was brauchst für deine Mutter oder für dich, frag uns nur. Wir werden dir Obst, Gemüse, Fische, Milch geben.
    Sie beginnt zu schreien:
    - Ich will euer Obst, eure Fische, eure Milch nicht! Das alles kann ich stehlen. Ich will, daß ihr mich mögt. Niemand mag mich. Nicht mal meine Mutter. Aber auch ich mag niemand. Weder meine Mutter noch euch! Ich hasse euch!

Übung im Betteln
    Wir ziehen schmutzige und zerrissene Kleider an, wir ziehen unsere Schuhe aus, wir machen uns das Gesicht und die Hände schmutzig. Wir gehen auf die Straße. Wir bleiben stehen, wir warten.
    Wenn ein fremder Offizier an uns vorbeikommt, heben wir den rechten Arm zum Gruß und strecken die linke Hand aus. Meistens geht der Offizier vorbei, ohne stehenzubleiben, ohne uns zu sehen, ohne uns anzuschauen.
    Schließlich bleibt ein Offizier stehen. Er sagt etwas in einer Sprache, die wir nicht verstehen. Er stellt uns Fragen. Wir antworten nicht, wir bleiben unbewegt, einen Arm erhoben, den andern ausgestreckt. Da wühlt er in seinen Taschen, er legt eine Münze und ein Stück Schokolade in unsere schmutzige Hand und geht kopfschüttelnd weg. Wir warten weiter.
    Eine Frau kommt vorbei. Wir strecken die Hand aus. 
    Sie sagt:
    - Arme Kleinen. Ich habe nichts für euch.
Sie streichelt unsere Haare.
Wir sagen:
- Danke.
    Eine andere Frau gibt uns zwei Äpfel, eine andere Kekse.
    Eine Frau kommt vorbei. Wir strecken die Hand aus, sie bleibt stehen, sie sagt:
    - Schämt ihr euch nicht zu betteln? Kommt mit zu mir, da gibt es kleine leichte Arbeiten für euch, Holzhacken, zum Beispiel, oder die Terrasse schrubben. Ihr seid groß und stark genug dafür. Danach, wenn ihr gut arbeitet, gebe ich euch Suppe und Brot.
    Wir antworten:
    - Wir haben keine Lust, für Sie zu arbeiten, gnädige Frau. Wir haben keine Lust, Ihre Suppe und Ihr Brot zu essen. Wir haben keinen Hunger. 
    Sie fragt: 
    - Warum bettelt ihr dann?
    - Um zu wissen, wie das ist, und um die Reaktion der Leute zu beobachten.
Weggehend schreit sie:
    - Dreckige kleine Lausebengel! Und frech dazu! Auf dem Heimweg werfen wir die Äpfel, die Kekse, die Schokolade und die Münzen ins hohe Gras, das die Straße säumt.
    Die Liebkosung auf unseren Haaren läßt sich nicht wegwerfen.

Hasenscharte
    Wir angeln am Fluß. Hasenscharte kommt angerannt. Sie sieht uns nicht. Sie legt sich ins Gras, zieht ihren Rock hoch. Sie trägt keinen Schlüpfer. Wir sehen ihren nackten Hintern und die Haare zwischen den Beinen. Wir haben noch keine Haare zwischen den Beinen. Hasenscharte hat welche, aber sehr wenige.
    Hasenscharte pfeift. Ein Hund kommt. Es ist unser Hund. Sie nimmt ihn in die Arme, sie rollt sich mit ihm im Gras. Der Hund bellt, macht sich los, schüttelt sich und läuft weg. Hasenscharte ruft ihn mit sanfter Stimme und streichelt dabei ihr Geschlecht mit den Fingern. Der Hund kommt zurück, schnuppert mehrmals am Geschlecht von Hasenscharte und beginnt es zu lecken. Hasenscharte spreizt die Beine, drückt den Kopf des Hundes mit beiden Beinen auf ihren Bauch. Sie atmet sehr stark und windet sich.
    Das Geschlecht des Hundes wird sichtbar, es wird immer länger, es ist dünn und rot. Der Hund hebt den Kopf, er versucht auf Hasenscharte zu klettern.
    Hasenscharte dreht sich um, sie liegt auf den Knien, sie streckt dem Hund ihren Hintern entgegen. Der Hund stellt seine Vorderbeine auf den Rücken von Hasenscharte, seine Hinterbeine zittern. Er sucht, rückt immer näher, drängt sich zwischen die Beine von Hasenscharte, preßt sich gegen ihre Hinterbacken. Er bewegt sich sehr schnell vor und zurück. Hasenscharte schreit und fällt nach einer Weile auf den Bauch. Der Hund entfernt sich langsam.
    Hasenscharte bleibt eine Weile liegen, dann steht sie auf, sieht uns, sie wird rot. Sie schreit:
    - Dreckige kleine Spione! Was habt ihr gesehen? 
    Wir antworten:
    - Wir haben dich mit unserm Hund spielen sehen.
Sie fragt:
- Bin ich noch eure Kameradin?
    - Ja. Und wir erlauben dir, mit unserm Hund zu spielen, so oft du willst.
    - Und ihr sagt niemand, was ihr gesehen habt?
- Wir sagen nie jemand was. Du kannst auf uns zählen.
Sie setzt sich ins Gras, sie weint:
- Nur die Tiere mögen mich.
Wir fragen:
    - Stimmt es, daß deine Mutter verrückt ist?
    - Nein. Sie ist bloß stumm und blind. 
    - Was ist ihr passiert?
    - Nichts. Nichts Besonderes. Eines Tages ist sie blind

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