Das grosse Muminbuch
aufs Fensterbrett, aber nirgends gehörten sie hin.
Da standen sie also wieder. Genauso verloren.
Filifjonka blieb in der Tür stehen, schaute und suchte bei ihren Habseligkeiten Trost. Aber diese waren ebenso hilflos wie sie selbst. Sie ging in die Küche und legte die Seife und die Teppichbürste auf den Spülstein. Dann setzte sie Teewasser auf, deckte den Tisch mit den feinsten Tassen mit Goldrand, holte den Kuchenteller vor, pustete geschickt die Krümel vom Rand und legte zuoberst Kekse mit Zuckerguss, um bei der Gafsa Eindruck zu machen.
Gafsa trank Tee immer ohne Sahne, aber Filifjonka nahm trotzdem Großmutters silbernes Muschelschälchen (in Bootsform) hervor. Den Zucker legte sie in ein Samtkörbchen, das einen mit Perlen besetzten Griff hatte.
Während sie den Teetisch deckte, war sie ganz ruhig. Alle Katastrophen-Gedanken waren ausgesperrt.
Wie schade, dass in dieser verhängnisvollen Gegend nicht einmal hübsche Blumen aufzutreiben waren! Diese sahen aus wie ein boshaftes kleines Gestrüpp, und die Blüten passten in der Farbe nicht zum Wohnzimmer. Filifjonka gab der Vase unzufrieden einen Schubs und ging ans Fenster, um nach der Gafsa Ausschau zu halten.
Aber rasch dachte sie: Nein, nein! Ich werde nicht nach ihr Ausschau halten. Ich werde warten, bis sie klopft. Dann laufe ich hin und Öffne, und wir werden uns beide schrecklich freuen, werden ganz auf du und du sein, werden viel miteinander reden...
Wenn ich nach ihr Ausschau halte, ist der Strand vielleicht nur leer, bis dort hinten zum Leuchtturm. Oder aber ich sehe ein Pünktchen, das immer näher kommt, und Dinge, die immer näher kommen, unerbittlich näher kommen, habe ich nicht gern... Noch schlimmer aber, wenn dieses Pünktchen immer kleiner wird, langsam verschwindet...
Die Filifjonka begann zu zittern. Was ist los mit mir, dachte sie. Ich muss mit der Gafsa reden. Sie ist vielleicht nicht gerade die, mit der ich das am liebsten tue, aber ich kenne ja niemanden anders.
Es klopfte an der Tür. Filifjonka stürzte in den Korridor und begann schon zu reden, noch ehe sie die Tür aufgemacht hatte.
«... und was für ein schönes Wetter», rief sie, «das Meer, nicht wahr, das Meer... so blau und freundlich, nicht ein Wellchen! - Wie geht es Ihnen, Sie sehen ja blendend aus, konnte ich's mir doch denken... Aber hier, wenn man hier wohnt, die Natur und alles - das macht ja so viel aus, nicht wahr? - Oder nicht?»
Sie ist konfuser als sonst, dachte Gafsa und legte die Handschuhe ab (denn sie war wirklich eine Dame), und laut sagte sie: «Eben! Wie recht Sie haben, Frau Filifjonk!»
Sie setzten sich an den Teetisch, und Filifjonka freute sich so sehr darüber, dass sie Gesellschaft hatte, dass sie das Blaue vom Himmel herunterschwatzte und Tee auf das Tischtuch goss
Gafsa lobte die Kekse und pries die Zuckerschale und alles, was ihr einfiel. Aber über die Blumen sagte sie nichts. Natürlich nicht! Die Gafsa war gut erzogen. Im übrigen hätte jeder sehen können, dass dieses wilde, boshafte Gestrüpp nicht zu dem Teeservice passte
Nach einer Weile hörte Filifjonka auf, ins Blaue zu schwätzen, und da Gafsa nichts sagte, wurde es allmählich immer stiller.
Plötzlich erlosch auf dem Tischtuch das Sonnenlicht. In die großen strengen Fenster traten Wolken, die beiden Damen hörten den Wind kommen. Vom Meer, von weit her, wie ein Flüstern.
«Ich habe gesehen, dass Sie den Teppich in der Wäsche haben, Frau Filifjonk», sagte Gafsa höflich.
«Ja, Seewasser soll doch so gut für Teppiche sein», antwortete Filifjonka. «Die Farben verlaufen nicht, und der Duft nachher ist so frisch und...»
Ich muss die Gafsa dahin bringen, dass sie begreift, dachte sie. Jemand muss mir antworten, muss sagen: Du fürchtest dich, natürlich, ich verstehe das so gut! Oder auch: Aber meine Liebe, wovor fürchtest du dich denn nur? An so einem schönen ruhigen Sommertag! - Das eine oder das andere, nur eben etwas.
«Diese Kekse sind nach dem Rezept meiner Großmutter gebacken», sagte die Filifjonka. Nun beugte sie sich über den Teppich und flüsterte:
«Diese Ruhe ist unnatürlich. Sie bedeutet, dass sich etwas Entsetzliches ereignen wird! Liebe Gafsa, glauben Sie mir, wir sind sehr klein, wir mit unserem Gebäck und unseren Teppichen und allem, was so wichtig ist. Sie verstehen, so furchtbar wichtig, und dennoch sind wir ständig bedroht, das Erbarmungslose...»
«Oh», meinte die Gafsa. Es wurde ihr peinlich.
«Doch, doch,
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