Das grosse Muminbuch
dass Filifjonka es wieder in Ordnung brachte.
Keine echte Filifjonka hatte jemals ihre schönen, geerbten Möbel im Stich gelassen... Mutter hätte etwas gesagt wie «es gibt etwas, das heißt Pflicht», murmelte die Filifjonka.
Es war inzwischen Morgen geworden. Der östliche Horizont wartete auf den Sonnenaufgang. Über das Meer flogen furchtsame Windstöße, und der Himmel war voll von Wolkenfetzen, die der Sturm vergessen hatte. Ein paar schwache Donnerschläge rollten vorüber. Das Wetter war unruhig, und die Wellen wussten nicht, wohin sie wollten.
Die Filifjonka war unschlüssig.
Und nun erblickte sie die Trombe.
Und sie war ihrer eigenen überhaupt nicht ähnlich. Ihre eigene war eine schwarze, glänzende Wassersäule. Diese aber war echt. Sie war hell. Wirbelnde weiße Wolken, die sich in einer riesigen Spirale nach unten schraubten, die kreideweiß wurden, dort wo sich das Wasser aus dem Meer hob, um ihnen entgegenzukommen. Sie brüllte nicht, sie brauste nicht. Sie war stumm und kam langsam auf die Küste zu, schaukelschwebend, und jetzt, im Sonnenaufgang, wurde sie rosenrot.
Die Trombe war unendlich hoch, lautlos und mächtig drehte sie sich um sich selbst, kam immer näher...
Die Filifjonka vermochte sich nicht zu bewegen. Sie stand still, steinstill, und sie drückte das Porzellankätzchen an sich und dachte: Oh, meine herrliche, strahlende Katastrophe!
Die Trombe schritt über den Strand, nicht weit entfernt von der Filifjonka. Der weiße Wirbel glitt majestätisch an ihr vorbei, jetzt als eine Säule aus Sand, und mit großer Ruhe nahm sie das Dach von Filifjonkas Haus ab. Filifjonka sah, wie es abgehoben wurde, wie es verschwand. Sie sah, wie ihre ganze Einrichtung emporgewirbelt wurde - und verschwand.
Alle ihre Nippsachen sah sie geradewegs in den Himmel fliegen, Untersetzer und Deckchen, Familienphotos und Kaffeemützen, Groß mutters Sahnenmuschelschälchen und die Sprüche in Silber und Seide, alles, alles, alles! Und voller Hingebung dachte sie: Welch ein großes Glück! Was vermag ich kleine, elende Filifjonka gegen die großen Mächte der Natur! Was lässt sich danach noch zusammenkleben ? Nichts! Alles ist weggefegt und sauber.
Feierlich wanderte die Trombe ins Land hinein. Sie wurde schmäler, sie barst, sie löste sich auf. Sie wurde nicht mehr gebraucht!
Die Filifjonka holte tief Atem. Nun habe ich nie mehr Angst, sagte sie sich. Jetzt bin ich wirklich frei. Nun bin ich gern und zu allem bereit.
Sie setzte das Kätzchen auf einen Stein. Das eine Ohr war in der Nacht abgebrochen, das Naschen war mit Teeröl beschmiert. So sah es ganz anders aus, ein wenig naseweis und durchtrieben.
Die Sonne stieg. Filifjonka spazierte in dem feuchten Sand entlang. Dort lag ihr Flickenteppich. Das Meer hatte ihn mit Tang und Muscheln geschmückt, und noch nie war ein Flickenteppich so saubergewaschen worden wie dieser. Die Filifjonka kicherte. Sie zog den Teppich mit den Pfoten hinaus in die Dünung.
Sie tauchte in eine große grüne Welle hinein, sie setzte sich auf ihren Teppich und segelte auf dem zischenden, weißen Schaum dahin, wieder tauchte sie, tauchte hinab bis auf den Grund.
Die eine Dünung nach der anderen rollte über sie hinweg, durchsichtig grün, und dann stieg Filifjonka nach oben, empor ans Sonnenlicht und prustete, lachte und rief und tanzte mit ihrem Teppich in den hohen Wellen.
Noch nie in ihrem Leben war sie so ausgelassen gewesen.
Gafsa hatte schon lange gerufen, ehe die Filifjonka sie endlich erblickte.
«Wie entsetzlich», schrie die Gafsa, «liebe gute arme Frau Filifjonk!»
«Guten Morgen», sagte Filifjonka und zog ihren Teppich an den Strand. «Wie geht es?»
«Ich bin ganz außer mir», stieß die Gafsa aus. «Welch eine Nacht!» Ich habe die ganze Nacht nur an Sie gedacht! Und ich habe es gesehen, sie gesehen, als sie kam. Die reinste Katastrophe!»
«Wieso?» fragte die Filifjonka unschuldig.
« Sie hatten recht, Sie hatten so recht!»jammerte die Gafsa.« Sie hatten ja gesagt, dass es eine Katastrophe geben würde. Nein, so etwas! Und alle ihre schönen Sachen! Ihr ganzes schönes Heim! Ich habe die ganze Nacht versucht, Sie anzurufen, ich war so entsetzlich aufgeregt, aber die Telefonleitungen waren kaputt...»
«Nett von Ihnen», sagte Filifjonka und wrang das Wasser aus ihrer Mütze. «Aber es war wirklich ganz unnötig. Sie wissen ja selbst, man braucht nur ein wenig Essig ins Spülwasser zu gießen, dann verlaufen die
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