Das grosse Muminbuch
genauso ungezwungen wie es seine Ahnen getan hatten.
Du bist viel zu groß, als dass du es darauf anlegen musst, Eindruck zu machen, sagte der Vater zum Meer. Das ist unwürdig. Musst du denn unbedingt versuchen, einer kleinen jämmerlichen Insel solche Angst einzuflößen? Die sich sowieso kaum erhalten kann? Ist das so wichtig für dich? Du solltest froh sein, dass sie es gewagt hat, sich so weit hier draußen hinzulegen. Womit könntest du dich sonst messen? Was für ein Vergnügen hättest du sonst? Denk' einmal nach. Ohne deine Brandung. Hier sind nur ein kleines Stückchen Wald, der deinetwegen schief gewachsen ist, ein bisschen magere Erde, die du wegwehst, so schnell du kannst, und eine Pfote voll verbeulter Berge, die du abschleifst, bis von ihnen nichts mehr da ist. Und dann unterstehst du dich, ihnen auch noch Schrecken einzujagen.
Der Vater beugte sich vor und starrte streng das zürnende Wasser an. Eines hast du nicht verstanden, sagte er. Du solltest dich um diese Insel kümmern. Du solltest sie beschützen und trösten statt dich aufzuspielen. Verstehst du?
Der Vater lauschte in den Sturm hinaus, doch das Meer konnte ihm nicht antworten.
Du hast es mit uns versucht, sagte er. Du hast dir alle möglichen Schikanen ausgedacht, aber es ist dir nicht gelungen. Wir haben ausgehalten. Ich habe dich durch und durch studiert, und das gefiel dir nicht. Wir haben trotzdem weitergebaut. Übrigens, fuhr der Vater fort, der Gerechtigkeit halber, das muss ich sagen, das mit der Whiskykiste war anständig von dir. Ich weiß, was du damit gemeint hast. Eine Niederlage verstehst du zu tragen. Aber deine Überlegenheit dann ausgerechnet an der Insel zu beweisen, das war schäbig. Und das alles sage ich nur, oder beinah nur, weil ich dich gern habe.
Der Vater verstummte. Sein Kopf war sehr müde. Er lehnte gegen den Fels und wartete.
Das Meer sagte nichts. Doch auf dem Wellenrücken kam eine große zweizolldicke Planke angefahren.
Der Vater beobachtete sie gespannt.
Dann kam noch eine. Und noch eine. Es war eine ganze Ladung. Jemand hatte eine Ladung Planken ins Meer geworfen, um sein Schiff leichter zu machen.
Der Vater stürzte den Berg hinauf. Er lachte, während er lief. Das Meer hatte um Verzeihung gebeten, es wollte, dass sie blieben. Es wollte ihnen bauen helfen, weiterbauen, damit sie auf der Insel blieben und es aushalten konnten, damit sie sich wohlfühlten, auch wenn sie eingeschlossen und ausgeschlossen waren von einem riesigen, unveränderlichen Horizont.
Kommt, kommt schnell, schrie der Vater auf der Wendeltreppe. Strandgut, Treibholz. Wir müssen es an Land ziehen.
Die Familie stürzte hinaus und verteilte sich über die Insel.
Jetzt kamen die Planken an. Sie steuerten auf das windgeschützte Ufer zu, trieben in der Dünung umher, schwer und unförmig und bereit, jederzeit wieder weiterzuschwimmen, um andere Ufer zu beglücken. Man musste vermorrt schnell sein. Niemand spürte das kalte Wasser.
Sie gingen geradewegs hinaus ins Wasser. Vielleicht hatten sie einmal einen alten Seeräuber zum Ahnen gehabt, der nun unrechtmäßiges Eigentum witterte und seinen Nachfolgern Mut verlieh. Das brauchten sie. Die ganze Wehmut der Insel und die ganze Einsamkeit des Meeres war in sie hineingekrochen, und nun sprühten sie alles wieder aus, indem sie retteten und bargen und trugen und stapelten. Sie schrien einander zu durch das Tosen des Meeres, nur um aus allen Kräften zu zeigen, dass sie lebten. Und immer noch funkelte ein wolkenloser Himmel über der stürmischen Insel.
Eine Zweizollplanke an Land zu bringen, das ist ein aufregendes Unterfangen, sie ist nicht zu zähmen, schwer von dem Wasser. Sie kann einem ordentlich eins auf die Pfoten geben und im Seegang gleich einem Mauerbrecher angefahren kommen. Dann ist sie gefährlich.
Und dann, wenn sie am Ufer liegt, außer Reichweite für das Meer, ist sie eine Kostbarkeit. Natürlich hauptsächlich deswegen, weil sie geraubt ist. Leuchtend und warm in der alten Teerfarbe, schwer und makellos und mit dem Namenszeichen des Eigentümers an der Querseite.
Man beschaut sie sich mit der stolzen Milde des Eroberers und denkt sofort an dreizollange Nägel und wie diese singen, wenn sie ins Holz dringen.
Nun haben wir bestimmt Windstärke 9, rief der Vater. Er holte tief Atem und sah aufs Meer. Das ist gut, sagte er. Nun ist alles klar zwischen uns.
Nachdem jede Planke über die Hochwassergrenze gebracht war, ging die Familie
Weitere Kostenlose Bücher