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Das Große Spiel

Das Große Spiel

Titel: Das Große Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Cueni
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Morgen ist noch zu frisch, Vater, Sie sollten die Briefe nicht im Freien schreiben.«
    Die Abende und Nächte verbrachte John Law im Ridotto. Er spielte Pharao. Aber immer seltener gab man ihm den lukrativen Part des Bankhalters, und so bot John Law den Gästen des Ridotto Wetten an. Man konnte zum Beispiel wetten, dass er viermal hintereinander die Sechs würfeln würde, und damit einen immensen Gewinn erzielen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass viermal hintereinander die Sechs gewürfelt wurde, war natürlich äußerst gering. Damit verdiente John Law fortan seinen Lebensunterhalt. Zuweilen gewann er genug, um einer anderen alten Leidenschaft zu frönen: Er kaufte Gemälde und galt schon bald in Venedig als eigenbrötlerischer Kunstsammler.
    »Liebe Catherine«, schrieb John Law, als er am nächsten Tag an seinem Schreibtisch vor der offenen Balkontür saß und über den Canal Grande blickte, »du darfst nicht aufgeben. Beantrage erneut Pässe. Der Regent wird dir diese Bitte nicht ewig abschlagen können.«
    Jemand betrat das kleine Arbeitszimmer. Es war John in Begleitung einer hübschen jungen Frau.
    »Du warst die Nacht über weg, ich habe mir schon Sorgen gemacht«, sagte John Law. Er lächelte dabei, als sei er stolz darauf, dass sein Sohn die Nacht in einem fremden Schlafzimmer verbracht hatte.
    »Es tut mir Leid, Vater«, sagte John und legte seinem Vater einen Arm um die Schulter. Er gab ihm einen Kuss. Das tat er nur noch selten. »Darf ich Ihnen Maria vorstellen?«
    John Law erhob sich und begrüßte die junge Frau. Er sah ihr sofort an, dass sie alle Geschichten kannte, die man sich über ihn, den Schotten in Venedig, erzählte. Sie hatte warme, freundliche Augen und ein Strahlen im Gesicht, das jedes Herz höher schlagen ließ. Sie schien so glücklich und unbekümmert, als hätte sie noch nichts von den Boshaftigkeiten des Schicksals erfahren. Er war glücklich für John, dass er Maria begegnet war.
    »Gibt es Neuigkeiten?«, fragte John junior vorsichtig, als er die neue Post auf den Schreibtisch seines Vaters legte.
    »Ich schreibe gerade deiner Mutter, dass Sie erneut Pässe beantragen soll. Gleichzeitig schreibe ich noch einmal dem Regenten. Ich werde den Ton verschärfen. Ich werde ihm sagen, dass ich meine Dienste anderen Nationen anbieten werde, falls er nicht endlich antwortet.«
    John nickte. Dann verabschiedete er sich von seinem Vater. Er wollte noch mit Maria spazieren gehen. Als die beiden das Zimmer verlassen hatten, setzte sich John Law wieder an seinen Schreibtisch. Er spürte, dass sein Sohn bald eigene Wege gehen würde. Das berührte ihn tief. Für einen Augenblick überkam ihn ein Gefühl der Traurigkeit. Er dachte an Catherine und Kate. Er vermisste sie entsetzlich. Er fühlte sich alt. Er empfand die kleinen Gebrechen des Alters stärker als je zuvor. Sein Körper verlor an Kraft, an Vitalität.
    Mutlos überflog er die Post, die sein Sohn ihm gebracht hatte. Ein Brief von Catherine war dabei. Er las ihn. Und las ihn erneut. Und als er abends wieder an seinem Tisch im Ridotto saß und seine Einsätze tätigte, hörte er Catherines Stimme, als stünde sie neben ihm, hier im Saal, irgendwo im Dunkeln, wie damals im Londoner Salon ihres Bruders.
    »Mein geliebter John«, hatte sie geschrieben, »Kate und mir geht es gut. In Paris glaubt alle Welt, dass man dich endlich zurückholen wird. Crozat hat die Untersuchung gegen dich abgeschlossen und dem Regenten berichtet, dass du alle Geschäfte korrekt durchgeführt und dich weder direkt noch indirekt bereichert hast. Viele Menschen glauben, dass man dir großes Unrecht angetan hat. Nur noch einige wenige Neider verbreiten das Gerücht, wonach du im Ausland unermessliche Schätze angehäuft haben sollst. Sie sprechen von einem Silberschatz von salomonischem Ausmaß. Die Mississippi-Aktien haben sich wieder erholt. Die Neue Welt scheint zu halten, was du seinerzeit versprochen hast. Kate und ich schöpfen neue Hoffnung. Wir werden uns bald wiedersehen, John. Ich ließ erneut über den Duc de Saint Simon nachfragen, ob der Regent die Gnade hätte, mir und Kate Passierscheine auszustellen. Ich hörte, er stünde wieder unter Druck, nachdem der junge König schwer erkrankt sei. Es geht das Gerücht, dass dieser Chemiker Homberg wieder in der Stadt sei. Ich hoffe, der junge König wird bald gesund und der Regent kann sich unseren Passierscheinen widmen. Wir sind zuversichtlich. Eine Flucht wäre nicht ratsam. Dein Bruder William hat es

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