Das Grosse Spiel
Welt auf dem Spiel, Ender. Nur wir. Nur die Menschheit. Soweit es die restliche Erde angeht, können wir ausradiert werden, und sie würde sich anpassen, sie würde mit dem nächsten Schritt in der Evolution weitermachen. Aber die Menschheit will nicht sterben. Als Art haben wir uns entwickelt, um zu überleben. Und das tun wir, indem wir uns immer wieder bis zum äußersten anstrengen und endlich, alle paar Generationen, ein Genie hervorbringen. Den, der das Rad erfindet. Und das Licht. Und das Fliegen. Den, der eine Stadt, eine Nation, ein Weltreich errichtet. Verstehst du überhaupt irgend etwas von dem, was ich erzähle?«
Ender glaubte es, aber er war sich nicht sicher, und darum sagte er nichts.
»Nein. Natürlich nicht. Also werde ich es ganz unumwunden sagen. Menschliche Wesen sind frei, außer, wenn die Menschheit sie braucht. Vielleicht braucht die Menschheit dich. Um etwas zu tun. Ich denke, die Menschheit braucht mich - um herauszufinden, wofür du gut bist. Wir mögen vielleicht beide verachtenswerte Dinge tun, Ender, aber wenn die Menschheit überlebt, dann waren wir gute Werkzeuge.«
»Ist das alles? Bloß Werkzeuge?«
»Individuelle menschliche Wesen sind allesamt Werkzeuge, die die anderen benutzen, um uns allen überleben zu helfen.«
»Das ist eine Lüge.«
»Nein. Es ist bloß eine Halbwahrheit. Du kannst dir um die andere Hälfte Gedanken machen, nachdem wir diesen Krieg gewonnen haben.«
»Er wird vorbei sein, bevor ich erwachsen bin«, sagte Ender.
»Ich hoffe, du irrst dich«, sagte Graff. »Nebenbei bemerkt, du hilfst dir keineswegs damit, wenn du dich mit mir unterhältst. Die anderen Jungen erzählen sich bestimmt, daß der alte Ender Wiggin mal wieder dabei ist, sich bei Graff einzuschmeicheln. Wenn allgemein bekannt wird, daß du der Liebling deines Lehrers bist, bist du mit Sicherheit endgültig draußen.«
Mit anderen Worten, verschwinde und laß mich in Ruhe. »Leben Sie wohl«, sagte Ender. Er zog sich Hand über Hand die Röhre entlang, in der die anderen Jungen verschwunden waren.
Graff blickte ihm nach.
Einer der Lehrer in seiner Nähe sagte: »Ist er es?«
»Wer weiß«, sagte Graff. »Wenn es nicht Ender ist, sollte er besser bald auftauchen.«
»Vielleicht ist es niemand«, sagte der Lehrer.
»Vielleicht. Aber wenn das der Fall ist, Anderson, dann ist meiner Meinung nach Gott ein Krabbler. Sie können mich dahingehend zitieren.«
»Werde ich.«
Einen Augenblick lang standen sie schweigend zusammen.
»Anderson?«
»Mmm.«
»Der Kleine irrt sich. Ich bin sein Freund.«
»Ich weiß.«
»Er ist rein. Bis in den Kern hinein ist er gut.«
»Ich habe die Berichte gelesen.«
»Anderson, denken Sie daran, was wir ihm antun werden.«
Anderson war trotzig. »Wir werden den besten militärischen Befehlshaber in der Geschichte aus ihm machen.«
»Und dann das Schicksal der Welt auf seine Schultern legen. Um seinetwillen hoffe ich, daß er es nicht ist. Wirklich.«
»Kopf hoch. Vielleicht bringen uns die Krabbler alle um, bevor er seinen Abschluß macht.«
Graff lächelte. »Sie haben recht. Ich fühle mich schon besser.«
Kapitel 5
Spiele
»Mein Kompliment! Einen Arm zu brechen - das war ein Meisterstück.«
»Das war ein Unfall.«
»Wirklich? Und ich habe Sie schon im offiziellen Bericht lobend erwähnt.«
»Es ist zu viel. Es macht aus diesem anderen kleinen Bastard einen Helden. Es könnte die Ausbildung für eine Menge Kinder ruinieren. Ich nahm an, er würde vielleicht um Hilfe bitten.«
»Um Hilfe bitten? Ich dachte, das sei es, was Sie an ihm am meisten schätzten - daß er seine eigenen Probleme regelt. Wenn er da draußen ist, von einer Feindflotte umgeben, wird auch niemand da sein, um ihm zu helfen, wenn er ruft.«
»Wer hätte denn ahnen können, daß der kleine Trottel sich aus seinem Sitz losschnallen würde? Und daß er ausgerechnet so unglücklich gegen das Schott knallt?«
»Nur ein weiteres Beispiel für die Dummheit des Militärs. Wenn Sie auch nur ein bißchen Grips hätten, würden Sie eine echte Karriere machen, als Versicherungsvertreter.«
»Sie aber auch, Sie Geistesgröße.«
»Wir müssen eben einfach der Tatsache ins Gesicht sehen, daß wir zweitklassig sind. Und das, wo das Schicksal der Menschheit in unseren Händen liegt. Gibt einem ein köstliches Gefühl der Macht, nicht wahr? Besonders, weil es diesmal keine Kritik an uns geben wird, wenn wir verlieren.«
»So habe ich es noch nie betrachtet. Aber verlieren wir
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