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Das große Zeitabenteuer

Das große Zeitabenteuer

Titel: Das große Zeitabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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seinen grünen Schlafanzug mit den gelben Punkten trug. Damit durfte er nicht unter die Leute treten; er mußte anständig gekleidet sein. Lafayette schloß die Augen und stellte sich einen marineblauen Mantel vor, einen grauen Anzug, einen schwarzen Homburg, einen Spazierstock mit Silberkrücke …
    Etwas schlug an sein linkes Bein. Er sah an sich herab und stellte fest, daß er ein weites Samtcape, Hirschlederhosen und kniehohe Stiefel trug; an seinem Gürtel hingen zwei juwelenbesetzte Pistolen und ein Degen, dessen Stahl im Mondlicht blitzte, als er die Klinge eine Handbreit aus der Scheide zog.
    Eigentlich nicht ganz das, was er bestellt hatte; in diesem Aufzug hätte er eher auf einen Maskenball gepaßt. In der Selbsthypnose hatte er offenbar noch viel zu lernen.
    Er hörte Schritte hinter sich und sah einen Jungen herankommen, der Holzschuhe, eine zerschlissene Kniehose, einen Lederschurz und eine Wollmütze trug. Auf dem Kopf balancierte er einen Korb, aus dem der Hals einer gerupften Gans ragte, und er pfiff Alexander's Ragtime Band vor sich hin, während er an Lafayette vorbeiging, ohne ihm einen Blick zu gönnen.
    O'Leary grinste. Anscheinend hatte er sich eine mittelalterliche Szene ausgedacht, zu der nur die anachronistische Melodie nicht ganz paßte. Immerhin war es beruhigend, daß sein Unterbewußtsein ab und zu einen kleinen Fehler machte.
    Dann hörte er ein neues Geräusch: ein regelmäßiges Schnauben und Puffen, aber auch ein Rumpeln, als rolle ein Felsbrocken über Kieselsteine. Eine Glocke bimmelte. Ein Wagen mit zwei Laternen am Vorderteil polterte heran; sein hoher Schornstein spie Funken, aus einem Zylinder drangen Dampfwolken, die eisenbereiften Holzräder polterten übers Pflaster. Lafayette sah hoch oben hinter dem Kessel einen Mann mit Dreispitz und gerötetem Gesicht stehen. Der Dampfwagen rumpelte vorbei; an seiner Rückseite baumelte eine rote Laterne. O'Leary schüttelte grinsend den Kopf – das hatte er jedenfalls nicht aus einem Geschichtsbuch.
    Die Tür des Axt und Drache wurde aufgerissen. Ein dicker Mann stolperte ins Freie, murmelte etwas vor sich hin und verschwand in der Dunkelheit. Bevor die Tür sich wieder schloß, erkannte Lafayette eine warme Gaststube, helles Feuer, niedrige Balken, poliertes Kupfer und Messing und rustikale Tische und Bänke, an denen die Gäste saßen; er hörte Stimmengewirr und Rufe nach Bier.
    Er fror und hatte Hunger. Dort drinnen gab es Wärme und Essen – von Bier ganz zu schweigen.
    Er überquerte die Straße mit fünf Schritten und blieb kurz stehen, um seinen Dreispitz festzudrücken und das Spitzenjabot zurechtzurücken; dann öffnete er die Tür und betrat das rauchige Innere des Axt und Drache.

 
2
     
    O'Leary blieb auf der Schwelle stehen, bis seine Augen sich an das Licht der Laternen an den Wänden gewöhnt hatten. Die Gäste drehten sich nach ihm um; ihre Gespräche verstummten plötzlich, während er sich langsam umsah. An einer Wand der Gaststube lagen Wein- und Bierfässer aufgestapelt; rechts davon brieten ein ganzes Schwein, eine Gans und ein halbes Dutzend Hühner auf Bratspießen in einem riesigen Kamin. Lafayette holte tief Luft; der Geruch war wunderbar.
    Struktur und Oberzeugungskraft der Szene waren erstaunlich – sogar besser, als Prof. Schimmerkopf vorausgesagt hatte. Und sein Hereinkommen wirkte sich nicht im geringsten aus; warum sollte es auch? Er hatte schon oft davon geträumt, nachts durch unbekannte Gebäude zu wandern; diesmal wußte er jedoch, daß alles nur ein Traum war.
    An der Rückwand der länglichen Gaststube war noch ein Platz frei; O'Leary ging darauf zu und nickte freundlich nach rechts und links. Ein dürrer Mann in geflicktem Kittel wich hastig aus; eine dicke Matrone mit roten Backen beschrieb mit dem Zeigefinger einen Kreis in der Luft. Die Gäste an Lafayettes Tisch rückten unauffällig von ihm ab, als er sich setzte, den Dreispitz neben sich auf die Bank legte und seine Traumschöpfungen aufmunternd anlächelte.
    »Bitte weitermachen wie bisher«, sagte er, um das allgemeine Schweigen zu brechen. »Hallo, Barkeeper« Er sah zu dem untersetzten Mann hinüber, der seinen Platz bei den Bierfässern hatte. »Eine Flasche vom Besten, bitte. Bier oder Wein – mir ist beides recht.«
    Der Mann sagte irgend etwas. O'Leary legte eine Hand ans Ohr.
    »Was? Lauter, sonst verstehe ich nichts.«
    »Wir haben nur Dünnbier und vin ordinaire«, murmelte der Barkeeper. Er sprach so eigenartig… Nun, das

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