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das gutenberg-komplott

das gutenberg-komplott

Titel: das gutenberg-komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: born
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entgegen, eine Frau … an einem Ort, wo Frauen nichts zu suchen hatten, der wahrscheinlich noch nie von einer Frau betreten worden war, und sie trug einen Korb bei sich. Das musste ihm völlig absurd vorkommen und unwirklich, wie eine Vision vielleicht …
    Die Verkleidung war seine Idee gewesen, und Guido Bolo g na hatte zugestimmt. Das sei so ausgefallen, sagte Bologna, darauf komme niemand. Die grauen, trüben Augen des alten Mannes weiteten sich. »Wer bist du?«, fragte er. »Was ist in dem Korb?«
    »Süßigkeiten aus dem Morgenland!« Sebastiano hielt ihm den Korb hin und der Kardinal betrachtete verwirrt die mit H o nig voll gesogenen, mit Mandelsplittern bedeckten Kuchen, die auf einem Tuch lagen. Sebastiano griff unter das Tuch, zog sein Messer hervor und stieß es dem Alten in die Brust. Er gab fast keinen Laut von sich, und nach einem Moment sackte er in sich zusammen. Sebastiano griff ihm unter die Arme und ließ ihn sachte zu Boden gleiten. Der Kardinal lag auf dem Rücken und das Purpur seines Mantels färbte sich an der Brust dunkel. Er atmete nicht mehr.
    Sebastiano trat zum Pult, auf dem die Papiere des Alten ve r streut lagen. Er hob sie auf, und dabei fiel die Feder zu Boden. Auf dem obersten Blatt stand in großen Buchstaben: DE S U PERBIA
     
    San Giovanni in Laterano, zwei Stunden später
     
    Noch immer betrat Guido Bologna die Lateransbasilika mit Ehr furcht, was von seinem ersten Besuch vor vielen Jahren he r rühr te. Dieser Ort zählte zu den heiligen Stätten der Christe n heit; hier hatten Päpste residiert, ehe das Exil sie nach Avignon zwang. Nach der Rückkehr aus Südfrankreich wechselte der päpstliche Palast in den Vatikan, auf die andere Tiberseite – aber San Gio vanni in Laterano blieb in Bolognas Augen die e i gentliche Ki r che der Stadt, die Kirche des Papstes als Bischof von Rom.
    Der Tag war grell und fast schon sommerlich warm, aber s o bald Bologna das Portal durchschritt, schwand die Hektik und Betriebsamkeit des römischen Alltags. Der dunkle Stein dämp f te das durch hohe Fenster schräg einfallende Licht, und außer vereinzelt widerhallenden Schritten und dunklem Gemurmel, das von überall und nirgendwo zu kommen schien, hörte man nichts. Sein Herzschlag beschleunigte sich, während er an le e ren Bänken vorbei eine verlassene Seitenkapelle ansteuerte. Hier zeigte ein Altargemälde den heiligen Johannes auf Patmos, der – eine Schreibfeder in der Hand, den Kopf schief gelegt, als lausche er – seine Offenbarung empfing: die Apokalypse. B o logna kannte viele Textpassagen auswendig.
    Er zögerte einen Moment, ehe er zum Beichtstuhl ging, de s sen Holz fast schwarz war vom Alter und vom Ruß der Kerzen, die ewig in seiner Nähe brannten. Schließlich betrat er den Beichtstuhl, kniete nieder und zog den Vorhang zu. Er wartete. Bald hörte er Schritte. Jemand kam zum Beichtstuhl, trat ein und zog auf der anderen, durch Holzgitter abgetrennten Seite ebenfalls den Vorhang zu.
    Bologna und sein Gegenüber sprachen leise, im Flüsterton. Nach einer kurzen, formellen Begrüßung bekannte Bologna dem Beichtvater, dass eine schlimme, eine schreckliche Tat sein Gewissen belaste.
    »Berichte!«, sagte der Beichtvater, und in seiner Stimme schien unruhige Erwartung mitzuschwingen. Es war die vertra u te Stimme Kardinal Angelinis. Bologna hatte den Kopf g e senkt und sah vom Beichtvater nicht einmal einen Umriss oder u n deutlichen Schatten, aber er erkannte ihn auch am Geruch, e i nem dezenten Parfüm: Rosenwasser.
    »Heute Mittag starb im Vatikan ein Mann. Erst vor wenigen Augenblicken entdeckte man seinen Leichnam«, sagte Bologna.
    »Wer ist dieser Mann?«
    »Kardinal Martini.«
    »Er ist tot?«, fragte Angelini.
    »Ja.«
    »Daran besteht kein Zweifel?«
    »Nicht der geringste!«
    »Er war alt und sein Tod absehbar. Weiß man, woran er starb?«
    »Er wurde erstochen.«
    »Hast du ihn getötet, Bologna? Kommst du deshalb zur Beichte?« Kardinal Angelinis Stimme klang streng und abwe i send und verunsicherte Bologna.
    »Ein Fremder hat ihn getötet. Ein Mann, der nie zuvor im Vatikan war. Ein Mann, der über seine Tat schweigen wird.«
    »Weshalb beging er die Tat?«
    »Er wurde dafür bezahlt.«
    »Hast du ihn bezahlt, Bologna?«
    »Ich habe ihn bezahlt.«
    Was bezweckte Angelini mit seinen Fragen? Wollte sein Mentor ihn im Regen stehen lassen? Zuzutrauen war es dem Fuchs, denn bei ihm durfte man sich seiner Sache nie sicher sein. Bologna kam sich vor wie bei einem Examen.

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