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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Tätigkeit, die noch langweiliger ist als Angeln: Zugucken.
    »Mußt du ja gar nicht«, sagte mein Ehemann, »du kannst dich durchaus nützlich machen. Köder suchen, Fische schuppen…«
    Ich lehnte dankend ab und war froh, als er samt geliehener Angelrute, Gummistiefeln und zusammenklappbarem Campinghocker ins Auto stieg. Mich erschütterte nicht einmal die Aussicht, in nächster Zeit nur auf meine Beine angewiesen zu sein. Spazierengehen ist gesund, außerdem wollte ich meine Taillenweite um mindestens zwei Zentimeter reduzieren und mich vorwiegend von Obst und Joghurt ernähren, das wiegt nicht viel, das kann man im Einkaufsnetz nach Hause tragen. Ansonsten wollte ich ganz einfach mal so richtig faulenzen, in der Sonne liegen, endlich die Bücher lesen, die ich vor anderthalb Jahren zu Weihnachten bekommen hatte, und es genießen, eine Zeitlang keine wie auch immer gearteten Verpflichtungen zu haben.
    Nur hatte ich nicht voraussehen können, daß jenes Jahr in die Annalen der meteorologischen Geschichte als ein Sommer eingehen würde, der sich auf drei Tage im Mai und sieben Tage im Juli beschränkte. Es regnete pausenlos.
    Und wenn es wirklich mal aufhörte, war es kalt. Frierend stand ich am Fenster und starrte auf die tropfenden Terrassenmöbel. In Österreich schiene die Sonne, hatte Rolf am Telefon gesagt, und ob ich nicht doch noch nachkommen wollte? Nein, nun gerade nicht!
    »Du hast mich mit deinem Anruf aus dem Liegestuhl gescheucht, und ich denke nicht daran, ihn in die Ecke zu stellen, um Regenwürmer auf Angelhaken zu spießen. Petri Heil!« Der Hörer flog auf die Gabel zurück, und ich schloß das Fenster, weil es reinregnete. Innerlich knirschte ich mit den Zähnen.
    Die beinahe täglich eintrudelnden Urlaubsgrüße aus exotischen Gegenden trugen auch nicht zur Stimmungsförderung bei. Woran liegt es bloß, daß einem Bekannte, die man das ganze Jahr über kaum sieht, plötzlich vom anderen Ende der Welt schreiben, wie sehr sie es bedauern, daß man nicht mit ihnen dort sein kann? Wahre Freunde schicken einem keine Karte von den sonnigen Seychellen!
    Um es genau zu sagen: Ich langweilte mich erbärmlich! Die Schränke hatte ich schon aufgeräumt, alle Fensterbrettblumen umgetopft, Kontoauszüge abgeheftet und sogar die letzten Ostergrüße der Verwandtschaft beantwortet. Es gab wirklich nichts mehr zu tun. Allenfalls konnte ich noch die Fotos sortieren und einkleben, die mir beim Herumstöbern in die Hände gefallen waren – Erinnerungen, konserviert in Schuhkartons. Manche Bilder waren schon ein bißchen vergilbt, andere hatten Wasserflecken, waren zerknickt… Wahllos zog ich eins heraus. Sascha grinste mich spitzbübisch an, in einer Hand einen Spaten, in der anderen eine tote Wühlmaus. Diese Aufnahme stammte aus Heidenberg, jenem 211-Seelen-Dorf im Schwäbischen, wohin es uns Großstadtpflanzen seinerzeit verschlagen hatte. Oder hier das Foto mit dem Bierfaß, in das wir den Weihnachtsbaum einzementiert hatten. Vier Meter hoch war er gewesen und hatte in keinen normalen Ständer gepaßt. Später haben wir ihn nicht mehr rausgekriegt.
    Eine verrückte Zeit hatten wir erlebt, damals, als die Kinder noch klein und das gemietete Haus am Dorfrand so riesengroß gewesen waren. Eigentlich schade, daß man Fotos immer nur in Alben vergräbt, mit Daten umrandet und die kleinen Begebenheiten, die mit solchen Aufnahmen meistens zusammenhängen, allmählich vergißt. Sascha konnte sich bestimmt nicht mehr an seinen sechsten Geburtstag erinnern, zu dem er ohne mein Wissen die gesamte Dorfjugend unter zehn Jahren eingeladen hatte. Die Katastrophe war ja dann auch nicht ausgeblieben.
    Man sollte diese Geschichten ganz einfach mal aufschreiben, Fotos dazukleben und den Kindern zum achtzehnten Geburtstag schenken. Dazu hätte ich auch entschieden mehr Talent als für den dunkelgrünen Pullover mit Bautenmuster, den sich Sven gewünscht hatte. Handgestrickt natürlich, das war gerade wieder mal ›in‹.
    Kurz entschlossen setzte ich mich an die Maschine und fing an. Die ganze Sache machte mir so viel Spaß, daß ich den ursprünglichen Zweck dieser Schreiberei vergaß und einfach drauflosfabulierte. Immer mehr fiel mir ein zum Thema Heidenberg: Die Faschingsfeier in der ehemaligen Gemeindekelterei, dann Hannibal, mein sogenanntes Zweitauto, das vor jeder Anhöhe streikte und nie von selbst ansprang, und natürlich Wenzel-Berta, unser Faktotum mit dem unschlagbaren Mundwerk.
    Als Rolf zurückkam, braungebrannt

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