Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)
des Geheimnisses der Königin.
»Oh! nein! Verläumdungen, nichts als Verläumdungen können alle diese schwankenden Gerüchte sein, die beim Volk in Umlauf zu kommen anfangen, und denen die Interessen, die Gehässigkeiten oder die Intriguen des Hofes allein ihre Haltbarkeit verleihen.«
Philipp war so weit in seinen Betrachtungen gekommen, alz es drei Viertel auf acht Uhr im Saale der Garden schlug.
In diesem Saale erschollen hastige Schritte. Die Gewehrkolben stießen auf die Platten. Ein Geräusch von Stimmen erregte, durch die ein wenig geöffnete Thüre eindringend, die Aufmerksamkeit des Königs, der, um besser zu hören, den Kopf zurückwarf und dann der Königin ein Zeichen machte.
Diese begriff die Andeutung und hob die Sitzung sogleich auf.
Jeder Spieler raffte, was er vor sich hatte, zusammen, und wartete, um einen Entschluß zu fassen, bis die Königin den ihrigen errathen ließ.
Die Königin ging in den großen Empfangsaal.
Der König war vor ihr dahin gekommen.
Ein Adjutant des Marineministers, Herr von Castries, näherte sich dem König und sagte ihm ein paar Worte in's Ohr.»Gut,« erwiderte der König, »gehen Sie.«
Dann fügte er gegen die Königin gewendet bei:
»Alles geht gut.«
Jeder befragte seinen Nachbar mit dem Blick, denn das »Alles geht gut« gab den sämmtlichen Anwesenden viel zu denken.
Plötzlich trat der Marschall von Castries in den Saal und sprach laut:
»Geruht Seine Majestät den Herrn Bailli von Suffren, der von Toulon ankommt, zu empfangen?«
Bei diesem mit lauter, triumphirender, freudiger Stimme ausgesprochenen Namen entstand ein unaussprechlicher Tumult in der Versammlung.
»Ja, mein Herr, mit großem Vergnügen,« antwortete der König.
Herr von Castries ging hinaus.
Es fand beinahe eine Massenbewegung gegen die Thüre statt, durch welche Herr von Castries verschwunden war.
Um die Sympathie Frankreichs für Herrn von Suffren zu erklären, um das Interesse begreiflich zu machen, das ein König, eine Königin, Prinzen von königlichem Geblüt in den Genuß der Erstlinge eines Blickes von Herrn van Suffren setzten, werden wenige Worte genügen. Suffren ist ein wesentlich französischer Name, wie Turenne, wie Catinat, wie Jean Bart.
Seit dem Kriege mit England, ober vielmehr seit der letzten Periode der Kämpfe, die dem Frieden vorhergegangen waren, hatte der Herr Commandant von Suffren sieben große Seeschlachten geliefert, ohne eine Niederlage zu erleiden; er hatte Trinquemale und Gondelour genommen, die französischen Besitzungen gesichert, das Meer gesäubert und den Nabob Hander Ali gelehrt, daß Frankreich die erste Macht Europa's sei. Er hatte mit der Ausübung des Seemannsgewerbes die ganze Diplomatie eines seinen und redlichen Unterhändlers, die ganze Tapferkeit und die ganze Tactik eines Soldaten, die ganze Routine eines Administrators zu vermählen gewußt.Kühn, unermüdlich, stolz, wenn es sich um die Ehre der französischen Flagge handelte, hatte er zu Wasser und zu Land die Engländer dergestalt ermüdet, daß diese hoffärtigen Seeleute es nie wagten, einen begonnenen Sieg zu vollenden, oder einen Angriff auf Suffren zu versuchen, wenn der Löwe seine Zähne zeigte.
Dann, nach dem Treffen, in dem er sein Leben mit der Sorglosigkeit des letzten Matrosen preisgegeben, hatte man ihn menschlich, großmüthig, mitleidig gesehen; das seit Jean Bart und Duguay-Trouin ein wenig in Vergessenheit gerathene Urbild eines ächten Seemanns war es, was Frankreich im Bailli von Suffren wieder fand.
Wir wollen es nicht versuchen, die geräuschvolle Begeisterung zu schildern, welche seine Ankunft unter den zu dieser Gesellschaft in Versailles zusammenberufenen Edelleuten hervorrief.
Suffren war ein Mann von sechsundfünfzig Jahren, stark, kurz, mit feurigem Auge und leichter, edler Geberde. Behend trotz seiner Beleibtheit, majestätisch trotz seiner Geschwindigkeit, trug er stolz seine Frisur oder vielmehr seine Mähne; wie ein Mensch, der gewohnt ist, aller Schwierigkeiten zu spotten, hatte er das Mittel gefunden, sich in seiner Postchaise ankleiden und frisiren zu lassen.
Er trug einen blauen, goldgestickten Rock, eine rothe Weste, blaue Beinkleider, und hatte den militärischen Kragen beibehalten, auf dem sich sein mächtiges Kinn wie die notwendige Ergänzung seines kolossalen Kopfes rundete.
Als er in den Saal der Garden eintrat, sagte Jemand ein Wort zu Herrn von Castries, der ungeduldig auf- und abging, und alsbald rief dieser:
»Herr von
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