Das Halsband der Koenigin 1
Wort. Erlauben Sie?«
»Ah! ein Porträt.«
Er nahm sie.
Alsbald machte er eine Bewegung des Erstaunens.
»Sie kennen das Original dieses Porträts?« fragte Jeanne.
»Es ist Maria Theresia.«
»Maria Theresia?«
»Ja, die Kaiserin von Oestreich.«
»Wahrhaftig!« rief Jeanne. »Sie glauben, Monseigneur?«
Der Cardinal schaute noch einmal die Büchse an und fragte dann:
»Woher haben Sie das?«
»Von einer Dame, die vorgestern hier war.«
»Bei Ihnen?«
»Bei mir.«
»Von einer Dame ...«
Der Cardinal betrachtete die Büchse mit neuer Aufmerksamkeit.
»Ich irre mich, Monseigneur,« sagte die Gräfin, »es waren zwei Damen.«
»Und eine von den zwei Damen hat Ihnen diese Büchse gegeben?« fragte der Cardinal mißtrauisch.
»Nein, sie hat sie mir nicht gegeben.«
»Wie kommt sie dann in Ihre Hände?«
»Sie hat sie bei mir vergessen.«
Der Cardinal versank dermaßen in Gedanken, daß die Gräfin von Valois darüber besorgt wurde und dachte, sie thue wohl daran, auf ihrer Hut zu sein.
Dann erhob der Cardinal das Haupt, schaute die Gräfin aufmerksam an und sagt«:
»Und wie heißt diese Dame? Nicht wahr, Sie verzeihen mir, daß ich diese Frage an Sie richte? ich schäme mich dessen und komme mir vor wie ein Richter.«
»Monseigneur, die Frage ist in der That seltsam.«
»Indiscret vielleicht; aber seltsam ...«
»Seltsam, ich wiederhole es. Wenn ich die Dame kennte, welche die Bonbonniere hier hat liegen lassen ...«
»Nun!«
»So hätte ich sie ihr schon zurückgeschickt. Ohne Zweifel ist ihr daran gelegen, und ich möchte nicht gern ihren freundlichen Besuch durch eine Unruhe von achtundvierzig Stunden belohnen.«
»Ah! Sie kennen sie nicht ...«
»Nein, ich weiß nur, daß es die Superiorin einer Stiftung zu guten Werken ist.«
»Von hier?«
»Von Versailles.«
»Von Versailles ... die Superiorin einer Wohlthätigkeitsanstalt...«
»Monseigneur, ich empfange Frauen, die Frauen demüthigen eine arme Frau nicht, indem sie ihr Unterstützung bringen, und diese Dame, die durch menschenfreundliche Mittheilungen über meine Lage in Kenntniß gesetzt war, legte hundert Louisd'or auf mein Kamin, als sie mich besuchte.«
»Hundert Louisd'or!« sagte der Cardinal mit Erstaunen; dann, als er sah, er könnte die Empfindlichkeit von Jeanne verletzen, denn diese machte wirklich eine Bewegung, fügte er bei:
»Verzeihen Sie, Madame, ich wundere mich nicht, daß man Ihnen diese Summe gegeben hat. Sie verdienen im Gegentheil alle Fürsorge wohlthätiger Leute, und Ihre Geburt macht es für sie zum Gesetz, Ihnen nützlich zu sein. Nur der Titel: Dame vom guten Werke, setzte mich in Erstaunen; die Damen vom guten Werke pflegen kleinere Almosen zu spenden. Könnten Sie mir nicht das Porträt dieser Dame geben, Gräfin?«
»Das ist schwierig, Monseigneur,« erwiderte Jeanne, um die Neugierde des Kardinals zu stacheln.
»Wie, schwierig, da sie hier gewesen ist?«
»Allerdings. Die Dame, welche ohne Zweifel nicht erkannt sein wollte, verbarg ihr Gesicht in einer ziemlich weiten Kaputze; überdieß war sie in Pelze gehüllt. Doch ...«
Die Gräfin gab sich das Ansehen, als besinne sie sich.
»Doch ...« wiederholte der Cardinal. – »Doch glaubte ich zu sehen ... Ich behaupte nicht, Monseigneur.« – »Was glaubten Sie zu sehen?« – »Blaue Augen.« – »Der Mund?« – »Klein, obgleich die Lippen ein wenig dick, besonders die Unterlippe.« – »Von hohem oder mittlerem Wuchs?« – »Von mittlerem Wuchs.« – »Die Hände?« – »Vollkommen.« – »Der Hals?« – »Lang und dünn.« – »Die Physiognomie?« – »Streng und edel.« – »Der Accent?« – »Etwas gehemmt. Doch, Sie kennen vielleicht diese Dame, Monseigneur?«
»Wie sollte ich sie kennen, Frau Gräfin?« fragte lebhaft der Prälat.
»Nach der Art, wie Sie mich befragen, Monseigneur, oder sogar durch die Sympathie, welche alle Arbeiter guter Werke für einander hegen.«
»Nein, Madame, nein, ich kenne sie nicht.«
»Wenn Sie jedoch irgend eine Vermuthung hätten?«
»In welcher Hinsicht?«
»Etwa eine Vermuthung, die Ihnen dieses Porträt einflößte?«
»Ah!« erwiderte rasch der Cardinal, der befürchtete, er habe zu viel errathen lassen, »ja, allerdings, dieses Porträt ...«
»Nun, dieses Porträt, Monseigneur?«
»Nun! es kommt mir immer vor, als wäre dieses Porträt ...?«
»Nicht wahr, das der Kaiserin Maria Theresia?«
»Ich glaube, ja.«
»Somit denken Sie ...«
»Ich denke, daß Sie den Besuch
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