Das Halsband der Königin
Verstrickungen gelöst werden, endlich setzte die Königin der Schlange, die sie gebissen hatte, den Fuß auf den Kopf!
Das Herz voller Geheimnisse, den Kopf voll von Ideen, als letzten Motor die Verzweifl ung, so stand Jeanne vor ihrer Geg-nerin.
Mit langsamer, feierlicher Verbeugung waren auf Geheiß der Königin zwei ihrer Frauen eingetreten, um mit gesenkten Lidern und geschlossenen Lippen dem Verhör beizuwohnen. Die beiden Zeugen, dachte Jeanne, wird sie wohl schnell hinausschik-ken müssen.
»Ah, da sind Sie endlich!« rief Marie-Antoinette. »Sie verstek-ken sich also?«
»Ich hätte mich versteckt? Aber nein, Madame«, erwiderte Jeanne mit ihrer sanftesten Stimme, »wenn ich mich hätte verstecken wollen, hätte man mich nicht gefunden.«
»Sie sind aber doch gefl ohen? Oder wie nennen Sie Ihre überstürzte Abreise?«
»Ich habe Paris verlassen, das ist wahr, Madame.«
»Ohne meine Erlaubnis?«
»Ich befürchtete, Eure Majestät werde mir den kleinen Urlaub nicht bewilligen, den ich benötigte, um in Bar-sur-Aube gewisse Angelegenheiten zu erledigen. Ich war seit zehn Tagen dort, als der Befehl Eurer Majestät mich erreichte. Übrigens muß ich gestehen, daß ich mich nicht so unentbehrlich wähnte … nur darum habe ich versäumt, Eure Majestät von meiner Abwesenheit in Kenntnis zu setzen.«
»Sie haben recht, Madame«, sagte Marie-Antoinette mit schnei-dender Schärfe, »wie hätte ich Ihnen einen Urlaub zu bewilligen –
nehmen Sie denn hier ein Amt ein?«
Jeanne mußte ihren Stolz bezähmen, ehe sie demütig antwortete:
»Madame, ich nehme hier kein Amt ein, aber Eure Majestät hatten mich mit einem so kostbaren Vertrauen beehrt, daß ich mich durch meine Dankbarkeit mehr verpfl ichtet glaubte, als es andere durch ihre Pfl icht sein mögen.«
»Was dieses Vertrauen betrifft«, sagte die Königin verächtlich,
»wollen wir die Rechnung gleich in Ordnung bringen.«
Und da die Königin, um sich zu beruhigen, eine geringe Pause machte, ehe sie das eigentliche Verhör begann, nutzte Jeanne die Frist.
»Mein Gott«, rief sie, »wie streng sprechen Eure Majestät mit mir. Ich zittere …«
»Damit sind Sie noch nicht am Ende«, versetzte Marie-Antoinette, »wissen Sie, daß Herr de Rohan in der Bastille ist?«
»Man hat es mir gesagt.«
»Und Sie erraten, warum?«
Jeanne blickte die Königin fest an, dann sah sie zu den beiden Hofdamen hin, als ob diese sie störten.
»Ich weiß es nicht, Madame«, sagte sie.
»Aber Sie werden immerhin wissen, daß Sie mir von jenem Halsband gesprochen haben, nicht wahr?«
»Allerdings, Madame.«
»Habe ich das Arrangement, das Sie mir vorschlugen, abgelehnt oder angenommen?«
»Eure Majestät haben es abgelehnt.«
Die Königin war befriedigt.
»Eure Majestät hat mir eine Anzahlung von zweihundertfünfzigtausend Francs eingehändigt«, fuhr Jeanne fort. »Und als Herr de Calonne kein Geld fl üssig machen konnte, übergaben Sie mir das Etui, um es den Juwelieren Boehmer & Bossange zurückzu-bringen.«
»Und was haben Sie getan?«
Jeanne war sich der Bedeutung der Worte, die sie jetzt sagte, voll bewußt.
»Ich habe die Juwelen dem Herrn Kardinal gegeben«, antwortete sie langsam.
»Dem Herrn Kardinal? Und warum nicht den Juwelieren?«
»Um Vergebung, Madame, aber da Herr de Rohan an dem Gegenstand, der Eurer Majestät gefi el, so interessiert war, fürchtete ich ihn zu verletzen, wenn ich ihm nicht die Gelegenheit bot, in der Angelegenheit selbst zu entscheiden.«
»Und wie kommt es, daß Sie von den Juwelieren eine Quittung erhalten haben?«
»Herr de Rohan hat mir diese Quittung übergeben.«
»Und jener Brief, den Sie den Juwelieren als ein Schriftstück von meiner Hand überbrachten?«
»Herr de Rohan bat mich, ihn zu überbringen.«
»Demnach wäre immer wieder und an allem Herr de Rohan allein schuld!« rief die Königin zornig aus.
»Ich weiß nicht, was Eure Majestät damit sagen will«, erwiderte Jeanne.
»Ich sage, daß die Quittung der Juweliere falsch ist!«
»Falsch, Madame?«
»Und die angebliche Schuldverschreibung von mir ist ebenso falsch.«
»Oh!« rief Jeanne, noch tiefer erstaunt als vorher.
»Man wird Sie Herrn de Rohan konfrontieren, um endlich Klarheit in dieser Sache zu schaffen.«
»Mich konfrontieren?« sagte Jeanne unschuldig. »Aber wozu sollte ich dem Herrn Kardinal konfrontiert werden?«
»Weil er Ihnen dringend zu beweisen wünscht, daß Sie ihn hintergangen haben.«
»Wenn dem so ist, verlange ich
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