Das Halsband der Königin
die Konfrontation.«
»Sie wird stattfi nden, dessen versichere ich Sie, Madame. Sie leugnen also zu wissen, wo das Halsband ist?«
»Woher sollte ich das wissen?«
»Sie leugnen auch, Herrn de Rohan bei gewissen Intrigen ge-holfen zu haben?«
»Eure Majestät hat das Recht, mir Ihre Gnade zu entziehen, aber nicht, mich zu beleidigen. Ich bin eine Valois, Madame.«
»Der Herr Kardinal hat gewisse Verleumdungen verbreiten lassen, die er ernsthaft behauptet, beweisen zu können.«
»Ich verstehe nicht.«
»Der Kardinal hat erklärt, daß er mir Briefe geschrieben habe.«
Jeanne blickte der Königin ins Gesicht und gab keine Antwort.
»Verstehen Sie mich nicht?« fragte die Königin.
»Ich verstehe, ja, Majestät.«
»Und was antworten Sie darauf?«
»Ich werde antworten, wenn ich Herrn de Rohan gegenüber-stehe.«
»Wenn Sie etwas wissen, dann helfen Sie uns, indem Sie es uns sagen.«
»Majestät, Sie erniedrigen mich ohne Grund.«
»Das ist keine Antwort.«
»Und doch werde ich hier keine andere geben«, sagte Jeanne und blickte erneut nach den beiden Hofdamen.
Die Königin begriff, aber trotz ihrer Neugier gab sie nicht nach.
Aus Jeannes Andeutungen, aus ihrer zugleich demütigen und frechen Haltung sprach die Sicherheit, die nur dem Besitz eines Geheimnisses entspringt. Dieses Geheimnis hätte sie durch Nachgiebigkeit wohl erkaufen können, aber sie verwarf dieses Mittel als ihrer unwürdig.
»Herr de Rohan wurde in die Bastille geschickt, weil er zuviel reden wollte«, sagte Marie-Antoinette. »Hüten Sie sich, Madame, daß Ihnen nicht ein Gleiches widerfährt, weil Sie schweigen.«
Jeanne grub sich die Nägel ins Fleisch, aber sie lächelte.
»Ein reines Gewissen scheut die Verfolgung nicht«, sagte sie.
»Kann die Bastille mich eines Verbrechens überführen, das ich nicht begangen habe?«
Die Königin blickte zornfl ammend.
»Wollen Sie endlich sprechen?«
»Ich habe nichts zu sagen, Madame, außer Ihnen allein.«
»Ach, wären wir so weit? Sie wollen geschlossene Türen? Sie scheuen den Skandal des Geständnisses, nachdem Sie mich dem öffentlichen Verdacht ausgesetzt haben?«
Jeanne hob den Kopf sehr gerade.
»Sprechen wir nicht mehr davon«, sagte sie stolz. »Was ich tat, habe ich für Sie getan.«
»Welch eine Unverschämtheit! Madame de La Motte, Sie schlafen heute nacht in der Bastille.«
»Mag sein, Madame, doch ehe ich einschlafe, werde ich wie jeden Abend zu Gott beten, er möge die Ehre und das Glück Eurer Majestät erhalten«, sagte die Angeklagte.
Die Königin erhob sich wütend, eilte ins Nebenzimmer und schlug die Türen hinter sich zu.
Ihr Spiel kenne ich auswendig, dachte Jeanne, ich glaube, ich habe gewonnen.
Herr de Crosne triumphiert
Der Prozeß wurde mit all dem Eifer vorbereitet, den ruinierte Kaufl eute, beschuldigte Adlige und angstgequälte Richter auf-wenden, in deren Hände die Ehre und das Leben einer Königin gelegt worden ist.
Ein Aufschrei ging durch ganz Frankreich. An seinem unter-schiedlichen Klang konnte die Königin ihre Parteigänger und ihre Feinde erkennen.
Seit Herr de Rohan in der Bastille war, verlangte er, Madame de La Motte gegenübergestellt zu werden. Jetzt, da auch Jeanne gefangen saß, sollte diese Genugtuung ihm gewährt werden. Der Fürst lebte in der Bastille wie ein großer Herr in einem Haus, das er gemietet hat. Außer der Freiheit wurde ihm alles bewilligt.
In Anbetracht des Standes der Personen, die in diesen Prozeß verwickelt waren, haftete diesem von Anbeginn der Geruch der Erbärmlichkeit an. Man wunderte sich, wie ein Rohan des Diebstahls bezichtigt werden konnte. Darum bezeigten der Gouverneur und die Offi ziere der Bastille dem Kardinal alle Ehrfurcht und Sympathie, die man dem Unglück entgegenbringt. Für sie war er kein Angeklagter, sondern ein Opfer höfi scher Intrigen.
Und diese Ansicht verbreitete sich schnell auch in der Öffentlichkeit. Man ergriff sogar begeistert für ihn Partei. Herr de Rohan, einer der Vornehmsten des Reiches, verstand nicht, daß die Liebe des Volkes einzig deshalb sich ihm zuwandte, weil er von noch Höheren verfolgt wurde. Fürst Louis de Rohan, das letzte Opfer des Despotismus, war in Wahrheit und ohne es zu ahnen, einer der ersten Revolutionäre in Frankreich.
Seine Aussprache mit Madame de La Motte brachte indes nicht das ersehnte Ergebnis. Die Gräfi n verlangte, mit dem Kardinal unter vier Augen zu sprechen. Dies wurde ihr verweigert, doch sollte der Rechtsbeistand des
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