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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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wieder umdrehte. Das machte sie seit dem Mittag. Und genauso lang saß der König hier im Gras und schaute ihr zu. Sie hatten wohl beide nichts Besseres zu tun.
    Noch vor einer Stunde hatten die transparenten Flügel der Libelle grünlich im Sonnenlicht geschillert, aber nun versank die Sonne hinter den Bäumen im Westen. Ottos Gedanken folgten ihr, und er fragte sich, wo Giselbert von Lothringen jetzt sein mochte. Was er ausheckte und worauf er wartete.
    Als er Schritte hörte, wandte er den Blick zögernd von der Libelle ab. »Graf Manfried.« Er lächelte.
    Der Graf verneigte sich. »Mein König.«
    Otto erhob sich aus dem Gras und trat auf ihn zu. »So finster? Gibt es Neuigkeiten aus Lothringen?«
    Manfried, der trotz der Sommerhitze seinen Kettenpanzer trug, wischte sich mit dem linken Handgelenk den Schweiß von der Stirn. »Nein. Aber aus der Burg. Prinz Henning hat einen Unterhändler geschickt.«
    »Ah ja? Wen?«
    Ehe der Graf antworten konnte, führten sein Sohn Konrad, den Otto vor den Toren der Eresburg geschont hatte, und Hardwin eine junge, schwangere Frau hinter das königliche Zelt. Vor dem König hielt sie an und sank unter einigen Mühen vor ihm auf die Knie. Als sie Anstalten machte, sich zum Fußkuss über seinen Schuh zu beugen, legte er ihr für einen Lidschlag die Hand auf die Schulter, um sie zu hindern.
    »Steh auf, Judith. Udo, ein Stuhl für die Prinzessin.«
    Udo, der vor dem Zelt Wache stand, verschwand im Innern, kehrte mit einem Schemel zurück, rammte ihn neben Judith ins Gras, zog geräuschvoll Schleim aus dem Rachen und spuckte ihn ihr vor die Füße.
    Otto hatte Mühe, sich ein Grinsen zu verbeißen, bedachte den Übeltäter aber dennoch mit einem warnenden Blick. »Nimm Platz«, forderte er seine Schwägerin auf, kühl, aber höflich.
    »Wie könnte ich sitzen, wenn Ihr steht, mein König?«, erwiderte sie kopfschüttelnd.
    »Ich würde sagen, du hast dich in den letzten Monaten weitaus schlimmer gegen mich versündigt. Es kommt also nicht mehr darauf an. Darum setz dich. Eh du umfällst.«
    Sein Hohn schien sie zu verunsichern. Für einen Herzschlag sah sie ihm in die Augen, die ihren ein wenig geweitet und voller Unruhe. Dann folgte sie seiner Einladung und ließ sich mit Konrads Hilfe schwerfällig auf dem Schemel nieder. »Würdet Ihr mir die Güte eines Gesprächs unter vier Augen erweisen?«, bat sie.
    Otto verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein.« An den Grafen und die beiden jungen Edelleute gewandt, fügte er hinzu: »Ich wünsche, dass ihr Zeugen dieser Unterredung seid. Udo, sei so gut und hole der Prinzessin einen Becher Wein.«
    Udo verneigte sich knapp und stapfte davon.
    Otto nahm sich einen Moment Zeit, seine Schwägerin in Augenschein zu nehmen. Sie wirkte erschöpft und angespannt. Er erinnerte sich, dass Editha auch immer gelitten hatte, wenn sie ein Kind trug und der Sommer kam. Er nickte fast unmerklich auf Judiths gewölbten Leib hinab. »Wann ist es so weit?«
    Sie lächelte ein wenig kläglich. »Ich bin nicht sicher. Über den Winter haben die Ereignisse sich dermaßen überschlagen, und wir waren kaum je zwei Nächte am selben Ort, darum habe ich nicht darauf geachtet … Im September, meint die Hebamme.«
    »Gratuliere. Gewiss hofft Henning auf einen gesunden Sohn, der den Anspruch auf die Krone, den er zu haben glaubt, untermauert.«
    Judith legte die schmalen Hände auf ihren Bauch. »Aber mein Kind trägt keine Schuld an den Sünden seines Vaters.«
    »Da hast du recht«, musste Otto einräumen. »Und ich wünsche ihm und auch dir Gottes Segen. Es ist sicher abscheulich, in deinem Zustand eingeschlossen und belagert zu sein. Ich muss gestehen, nicht einmal Henning hätte ich zugetraut, seine schwangere Frau als Unterhändlerin zu schicken.«
    Sie blinzelte, als müsse sie Tränen zurückdrängen. »Ich bin nicht hier, um zu verhandeln, sondern um zu kapitulieren, mein König. Mein Gemahl wäre selbst gekommen, aber er ist zu schwach. Er ist verwundet und hat seit Wochen nicht vernünftig gegessen.«
    Otto biss die Zähne zusammen und atmete langsam tief durch. Er durchschaute ohne große Mühe, was seine Schwägerin mit der Komödie beabsichtigte, die sie ihm hier vorspielte. Dennoch fand er es schwierig, nicht darauf hereinzufallen.
    Judith öffnete den Lederbeutel, den sie in der Hand trug, steckte die Linke hinein und streckte sie ihm dann entgegen. »Hier. Er hat mir aufgetragen, Euch zum Zeichen seiner Unterwerfung dies hier zu

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