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Das Haus am Abgrund

Das Haus am Abgrund

Titel: Das Haus am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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durchblätterte, spürte ich die ganze Zeit den Blick des Bestattungsunternehmers. Er stand wie angewurzelt neben der Tür und starrte mich an.
    Als ich seinen Blick erwiderte, nickte er mir zu. Seine Augen waren so hell wie Glasmurmeln und beinahe farblos.
    Ich erwiderte das Nicken und blickte wieder auf die Auslage. I ch kannte den Mann nicht, aber hier im Dorf war man höflich zueinander. Wahrscheinlich kannte er meinen Vater und wusste, wer Jonathan war.
    Jonathan nahm seinen Korb und gab mir die Tüte, die Lizzie gepackt hatte. Wir verließen den Laden durch die bimmelnde Tür und Jonathan verstaute die Einkäufe auf dem Rücksitz.
    Der Bestattungsunternehmer war uns gefolgt. Ich spürte seinen Blick, der mich fixierte. Ich drehte mich um und sah ihn fragend an.
    »Moriarty«, sagte er und lüpfte seinen Zylinder. »Azrael Moriarty. Sehr erfreut, Master Adrian.«
    Mir lief aus irgendwelchen Gründen eine Gänsehaut über den Rücken. »Wir kennen uns?«, fragte ich.
    »Was?«, fragte Jonathan und tauchte aus dem Inneren des Wagens auf. Er wischte sich mit einem karierten Taschentuch über das Gesicht. »Sollen wir in Harmony’s Garden noch Station machen? Eine kleine Stärkung nach dem anstrengenden Einkauf?«
    Ich nickte stumm. Jonathan knallte die Wagentür zu und steuerte schnurstracks auf den Bestattungsunternehmer zu, der höflich Platz machte.
    »Jonty«, sagte ich, um Beherrschung bemüht, »kennen wir jemanden namens Moriarty?«
    Er blieb stehen und sah mich verblüfft an. »Selbstverständlich«, antwortete er. »Professor James Moriarty, Napoleon des Verbrechens. Spielt in der Erzählung ›Das letzte Problem‹ und im Roman ›Das Tal der Angst‹ mit. Sherlock Holmes hat ihn in den Reichenbachfällen ...«
    »Nein, nein«, unterbrach ich ihn hastig, ehe er mir die komplette Vorlesung über Sir Arthur Conan Doyle halten konnte. » Azrael Moriarty. Bestattungsunternehmer oder so was.« Ich warf dem höflichen Fremden einen fragenden Blick zu und er nickte mit zweifelnder Miene.
    »Azrael – wie passend. Nein, nicht dass ich wüsste«, antwortete Jonathan. »Eine Coke für dich, ein Bier für mich? Und zwei schöne Pastries?« Er setzte seinen Weg fort, ohne Moriarty zu beachten, und wäre dabei fast auf seinen Fuß getreten.
    Ich wagte ein schüchternes Lächeln für den Bestattungsunternehmer. Der verzog sein grämliches Gesicht zu einer Grimasse, die seine langen, gelben Zähne entblößte und wahrscheinlich ein Lächeln sein sollte. »Wenn ich Sie begleiten dürfte, Master Adrian?«
    Noch einer von denen. Ein Lar, wenn nicht ein Lemur. Wenn es so weiterging, würde ich noch eine Entourage mit mir herumführen wie die Queen persönlich. Ich grinste. »Entourage« – auch so ein Wort, um andere zu erschrecken. Mann, war ich gebildet! Ein Gefolge. Ein Hofstaat von Geistern und Gespenstern, Halluzinationen, Erscheinungen und Manifestationen.
    Wir gingen über die Hauptstraße des Dorfes (Hauptstraße – das nenne ich Größenwahn!) Richtung Hafen und kamen dabei an vier Tea Rooms vorbei. Aber Harmony’s Garden war Tea Room & Brewery ... kein Tee für Master Jonathan, oh nein. Ein schönes dunkles Bitter und dazu eine scharf gewürzte kornische Hackfleischpastete, dann war die Welt in Ordnung.
    Ich hörte, wie er zufrieden vor sich hin summte, ging etwas langsamer und sah den Bestattungsunternehmer an. »Mr Moriarty«, sagte ich leise, »was wünschen Sie von mir?«
    Er nickte mehrmals, als hätte ich etwas Kluges gesagt. »Ich d enke, dass Sie in naher Zukunft meinen Beistand benötigen könnten, Master Adrian.«
    »In welcher Angelegenheit?«
    Er runzelte die Stirn. Seine glashellen Augen blickten Hilfe suchend umher. »Angelegenheit«, wiederholte er. »Nun ja, ich würde sagen, es geht um Leben und Tod. Sie haben sich nach dem Haus erkundigt.« Er nickte bekräftigend.
    Ich seufzte. Es war immer ungeheuer anstrengend, eine brauchbare Information aus einem von ihnen herauszubekommen. Leben und Tod. Als ob es in letzter Zeit jemals um etwas anderes gegangen wäre. »Erzählen Sie mir von Heathcote Manor«, ermutigte ich ihn.
    »Mit wem redest du?«
    Ich hatte Jonathan vergessen. Er stand vor mir und sah mich mit diesem besorgten Blick an, bei dem ich anfangen könnte zu schreien, wenn ich ihn sehe.
    »Mit mir selbst«, gab ich zurück. Was ja in gewisser Weise noch nicht mal gelogen war.
    Die Sorge wich nicht aus seiner Miene, sie vertiefte sich eher noch. »Siehst du wieder ... diese

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