Das Haus am stillen See: Mittsommerglück (German Edition)
ungläubigem Entsetzen. Sie ist hier, um Patrick zu sehen. Und sie weiß nicht einmal, wer ich bin!
“Entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie gestört haben sollte”, sagte das Mannequin und lächelte irritiert. “Ich wollte eigentlich nur Patrick einen Überraschungsbesuch abstatten.” Sie blickte sich suchend um. “Ist er hier irgendwo?”
“Nein”, stieß Stina krächzend hervor, überrascht, dass sie überhaupt einen Ton hervorbrachte. “Patrick ist geschäftlich in der Stadt.”
“Oh.” Tinka Johansson machte ein enttäuschtes Gesicht. “Verflixt, jetzt bin ich extra bis hier herausgefahren, um ihm eine Freude zu machen, und er ist nicht da. Können Sie mir vielleicht sagen, wo …”
Stina hörte den Rest des Satzes nicht mehr. Sie wirbelte herum und lief ins Haus. In der Küche stieß sie beinahe mit Margrit zusammen, die ihr gerade noch ausweichen konnte. Doch Stina blieb nicht stehen. Tränen verschleierten ihren Blick, als sie die Treppe hinaufstürzte und dann die Tür zu ihrem Zimmer aufriss.
Als sie dieses Mal ihre Sachen in den Koffer packte, war es eine endgültige Entscheidung. Sie würde Patrick und das Haus am See verlassen, auch wenn es ihr das Herz brach. Allein der Gedanke, Patrick noch einmal gegenüberzutreten, machte sie krank. Sie liebte ihn, doch er hatte sie die ganze Zeit über betrogen und hintergangen. Und das alles nur des Geldes wegen, das sie von ihren verstorbenen Eltern geerbt hatte.
Über all das hätte sie ja vielleicht mit der Zeit hinwegkommen können, doch die Begegnung mit ihrer Rivalin hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Das Schlimmste daran war, dass das Mannequin, mit dem Patrick sie wahrscheinlich schon seit Jahren betrog, nicht einmal etwas von ihrer Existenz zu wissen schien. Wenn dem tatsächlich so war, hatte Patrick nicht nur sie, sondern auch seine Geliebte skrupellos hinters Licht geführt.
Das würde sie ihm niemals verzeihen.
Und damit gab es für sie jetzt nur noch eine einzige Möglichkeit: Sie musste das Haus am See verlassen und irgendwo, ganz auf sich gestellt, ein neues Leben beginnen. Tränen der Verzweiflung liefen ihre Wangen hinab. Sie wusste nicht, wie es mit ihr weitergehen sollte. Ihr fehlten die letzten Jahre ihres Lebens, was sollte sie denn nur machen? Was hatte sie für eine Perspektive? Fragen, auf die es keine Antwort gab. Nur eines stand für Stina fest: Eine gemeinsame Zukunft für Patrick und sie gab es nicht, so bitter es auch sein mochte.
Angespannt starrte Stina durch die Windschutzscheibe ihres Wagens. Die Scheibenwischer arbeiteten auf Hochtouren, doch sie hatten kaum eine Chance, mit den Wassermassen fertig zu werden, die vom Himmel herabstürzten. Und der dünne Streifen aus Licht, den die Scheinwerfer in die Dunkelheit schnitten, erhellten kaum mehr als ein paar Meter des Weges, der vor ihr lag.
Dennoch nahm sie den Fuß nicht vom Gas. Sie war nur von einem einzigen Gedanken beseelt: so schnell wie möglich so viel Platz zwischen sich und dem Haus am See zu bringen. Dem Ort, an dem sie viele glückliche Jahre mit Patrick verbracht hatte.
Glückliche Jahre? Zumindest hatte Stina das bislang geglaubt, doch inzwischen war sie sich da gar nicht mehr so sicher.
Wie blind sie doch gewesen war. Immer wieder hatte Demi versucht, ihr die Augen zu öffnen, doch Stina hatte die Wahrheit einfach nicht sehen wollen. Jetzt aber blieb ihr keine andere Wahl mehr. Patrick hatte eine Affäre, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Er betrog sie und hatte noch immer die Stirn, das Gegenteil zu behaupten.
Tränen strömten über ihre Wangen. Noch nie zuvor hatte sie sich so elend, so hilflos gefühlt. Und es tat so unglaublich weh.
Sie liebte Patrick, trotz allem, was er ihr angetan hatte. Aber weiterhin mit ihm zusammenzuleben, erschien ihr unter den gegebenen Umständen einfach unmöglich. Auch wenn sie daran zugrunde gehen würde, sie wollte ihn niemals wiedersehen.
Plötzlich sah sie im Rückspiegel Scheinwerfer. Erschrocken fuhr sie zusammen. Patrick. Er musste es einfach sein, denn die Straße führte direkt vom Haus am See bis nach Marisgården. Abgesehen von ein paar Hütten, die nur von Sommerurlaubern genutzt wurden, befand sich nichts in unmittelbarer Nähe.
“Lass mich in Ruhe”, rief sie verzweifelt und trat das Gaspedal noch weiter durch. Ein Fehler. Die Reifen verloren den Halt auf der regennassen Fahrbahn, und im nächsten Augenblick schoss der Wagen auf die steil aufragende Felswand zu. Stina schrie
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