Das Haus am stillen See: Mittsommerglück (German Edition)
war, bis zum Morgen abzuwarten, um ihr Gelegenheit zu geben, sich zu beruhigen.
Trotzdem war ihm alles andere als wohl dabei, sie in diesem Zustand zurückzulassen. Er fühlte sich auf eine schreckliche Art und Weise an jenen Abend erinnert, als Stina ihre Koffer gepackt und vor ihm geflohen war. Und wie damals wusste er auch heute nicht, was er falsch gemacht hatte. Was hatte diesen plötzlichen Stimmungswandel in Stina hervorgerufen?
Jetzt, wo er darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass er in den letzten Tagen wenig Zeit mit Stina verbracht hatte. War sie ihm deshalb böse? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen. Er hatte ihr erklärt, dass er aus geschäftlichen Gründen stark eingespannt war, und er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie Verständnis für solche Dinge aufbrachte. Aber was war dann die Ursache für ihr abweisendes Verhalten ihm gegenüber?
Demi.
Noch immer fiel es ihm schwer, sich vorzustellen, dass seine eigene Cousine sich gegen ihn stellen würde. Aber welche Erklärung gab es sonst? Patrick wusste nur, dass vor Demis Ankunft alles in bester Ordnung gewesen war. Ärgerlich ballte er die Hände zu Fäusten und schüttelte den Kopf. Hatte er sie die ganze Zeit unterschätzt? Aber warum sollte sie ihm so etwas antun?
Kurz entschlossen ging er zu dem Zimmer hinüber, in dem seine Cousine untergebracht worden war, und hämmerte wütend mit der Faust gegen die Tür. “Demi, mach sofort auf, sonst trete ich die Tür ein! Du erklärst mir auf der Stelle, was mit Stina los ist! Was hast du mit ihr angestellt?”
Als sich nichts rührte, ging er in sein Arbeitszimmer zurück und schaute aus dem großen Fenster hinaus auf den Hof. Er fluchte unterdrückt. Demis Sportwagen war verschwunden. Wahrscheinlich war seine Cousine zum Feiern in die nächste Stadt gefahren. Es hatte wenig Sinn, auf ihre Rückkehr zu warten. Doch Patrick schwor sich, dass er diese Angelegenheit sowohl mit Demi als auch mit Stina ein für alle Mal klären würde.
Demi würde sich nicht erneut zwischen seine Ehefrau und ihn drängen; er würde es einfach nicht zulassen.
“Ich finde, du solltest dich da raushalten”, sagte Harald und schüttelte den Kopf, als er am nächsten Morgen mit seiner Frau in der Küche saß, während diese das Frühstück vorbereitete. “Was zwischen Stina und Patrick läuft, geht nur die beiden etwas an.”
“Du hast leicht reden”, erwiderte Margrit seufzend. “Aber wir können doch nicht einfach tatenlos zusehen, wie die zwei geradewegs in ihr Unglück laufen. Stina war schon dabei, ihre Koffer zu packen. Ich musste mit Engelszungen auf sie einreden, um sie davon zu überzeugen, noch abzuwarten.”
Harald zuckte die Schultern. “Ich finde ja auch, dass es schlimm wäre, wenn Stina uns verlassen würde. Besonders für Patrick. Aber was sollen wir tun? Sie ist eine erwachsene Frau und alt genug, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Wenn sie gehen möchte, ist es nicht an uns, sie aufzuhalten.”
“Das ist ja mal wieder typisch”, fuhr Margrit auf. “Also, ich kann da jedenfalls nicht einfach zusehen. Das Mädchen hat Kummer, Harald, und ich kann mir auch ganz genau vorstellen, wer Schuld daran hat. Ich wusste schon immer, dass Demi nur Ärger bringt.”
“Jetzt hör aber auf, Margrit.” Wütend schlug ihr Mann mit der Hand auf die Tischplatte. “Halte dich aus Sachen raus, die dich nichts angehen.” Damit erhob er sich und verließ die Küche über die Veranda.
Margrit verschränkte eingeschnappt die Arme vor der Brust. Warum verstand Harald nicht, dass sie sich Sorgen um Stina machte? Irgendetwas stimmte mit ihr nicht. Als Margrit vor einer halben Stunde hinaufgegangen war, um sie zum Frühstück zu rufen, hatte sie Stina in ihrem Zimmer weinen hören. Für Margrit lag auf der Hand, wer dafür die Verantwortung trug: Demi. Ehe Patricks Cousine aufgetaucht war, war jedenfalls alles noch in bester Ordnung gewesen. Stina hatte jeden Tag neue Fortschritte gemacht und sich gut im Haus am See eingelebt.
Margrit hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass sie Demi nicht mochte. In ihren Augen war Patricks Cousine ein hinterhältiges Biest, das stets nur seinen eigenen Vorteil verfolgte. Schon als Teenager war sie so gewesen. Bei ihren regelmäßigen Besuchen im Haus am See hatte es eigentlich immer irgendwelchen Ärger gegeben. Wie oft hatten ihr die Bewohner der nahe gelegenen Ortschaft in den Ohren gelegen, weil Demi die halbwüchsigen Jungen der ansässigen Familien
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