Das Haus am stillen See: Mittsommerglück (German Edition)
mich doch, ich bin nicht so leicht unterzukriegen. Unkraut vergeht eben nicht, wie es so schön heißt.” Sie umarmte Stina herzlich. “Aber was reden wir hier von mir? Viel wichtiger ist, wie du dich fühlst. Komm, ich koche uns eine Kanne Kaffee, und dann erzählst du mir alles, ja?”
Stina nickte und folgte ihrer Tante ins Haus. Auch hier sah noch alles genauso wie früher aus. In dem gemütlich eingerichteten Wohnzimmer standen noch dieselben alten schweren Möbel, die schon in ihrer Jugend hier gewesen waren. Mit einem tiefen Seufzen ließ sie sich auf die wuchtige Polstercouch sinken, hinter der sie sich als Kind immer versteckt hatte, wenn sie etwas ausgefressen hatte.
“Also, was ist passiert?”, fragte Tante Ludmilla, als sie mit einem Tablett, voll beladen mit Kaffeekanne, Tassen und einem Teller Gebäck, den Raum betrat. Sie schenkte zuerst ihrer Nichte, dann sich selbst ein. “Hast du dich etwa mit Patrick gestritten?”
Stina lachte bitter auf. “Gestritten? Ach, Tante Ludmilla, wenn es doch bloß so gewesen wäre. Aber ein kleiner Streit hätte mich ganz sicher nicht veranlasst, meine Koffer zu packen und ohne ein Wort des Abschieds zu verschwinden.”
“Soso.” Nachdenklich krauste ihre Tante die Stirn. “Wenn es also kein Ehekrach war, dann kann ja nur eines dahinterstecken: eine andere Frau.”
“Kannst du neuerdings etwa hellsehen?” Stina blinzelte überrascht. “Du hast recht, mein Mann hat eine Affäre.”
“Wie kannst du dir so sicher sein? Ich meine, ich kenne Patrick zwar nicht besonders gut, aber er hat auf mich einen äußerst positiven Eindruck gemacht. Soweit ich das beurteilen kann, schien er mir eine ehrliche Haut zu sein.”
“Ja, das dachte ich auch mal”, erwiderte Stina tonlos. “Aber das zeigt nur, wie sehr man sich in einem Menschen täuschen kann. Er hat mich die ganze Zeit über belogen und betrogen. Und bis zum Schluss war er zu feige, es mir gegenüber einzugestehen.”
“Vielleicht ist er ja tatsächlich unschuldig”, gab Tante Ludmilla zu bedenken. “Was macht dich denn so sicher, dass er dich tatsächlich mit einer anderen Frau betrogen hat?”
Stina atmete tief durch und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. “Ganz einfach – ich bin seiner Geliebten persönlich begegnet.” Fassungslos schüttelte sie den Kopf. “Sie hat mir Auge in Auge gegenübergestanden. Nein, Tante Ludmilla, es gibt gar keinen Zweifel. Patrick hat eine Affäre. Und zwar nicht mit irgendjemandem. Nein, für ihn musste es natürlich ein berühmtes Topmodel sein! Hast du schon einmal etwas von Tinka Johansson gehört?”
Ihre Tante nickte. “Ja, ich habe ein Foto von ihr in der Zeitung gesehen, und das nicht nur einmal.” Sie lächelte. “Kein Wunder, sie ist schließlich seit einiger Zeit der neue Star am Modelhimmel. Eine wirklich hübsche Frau, wie ich zugeben muss, aber ich habe erst vor ein paar Tagen einen Artikel gelesen, in dem stand, dass sie einen neuen Lebensgefährten haben soll.”
“Ja, ich weiß, ich habe es auch gelesen. Und ich kann mir auch schon vorstellen, wer der geheimnisvolle Unbekannte ist.”
“Du meinst Patrick?” Ludmilla Åkesson pfiff durch die Zähne. “Das klingt ja abenteuerlich! Glaubst du nicht, dass es besser wäre, noch einmal mit deinem Mann zu sprechen? Vielleicht täuschst du dich ja doch, und es gibt für alles eine ganz einfache Erklärung.”
Stina schüttelte entschieden den Kopf. “Nein, ganz bestimmt nicht. Glaub mir, es gibt nichts, was ich mir sehnlicher wünschen würde, aber es bringt nichts, sich etwas vorzumachen. Das zwischen Patrick und mir ist vorbei. Endgültig.”
“Ich weiß nicht, Stina. Ich will dir ja in nichts reinreden, ich bin schließlich nicht unmittelbar beteiligt, und so eng ist der Kontakt zwischen uns auch nicht, aber ich finde es einfach nicht richtig, wie ein trotziges Kind davonzulaufen. Du solltest Patrick wenigstens eine Chance geben, sich zu rechtfertigen. Was willst du denn jetzt tun? Dich für alle Ewigkeit vor ihm verstecken? Er wird doch sicherlich längst nach dir suchen.”
“Ja, weil er jetzt nicht mehr an mein Geld herankommt”, erklärte Stina bitter.
“Was hat das denn nun schon wieder zu bedeuten?” Ludmilla schüttelte den Kopf.
“Na, dass Patrick mich nur des Geldes wegen geheiratet hat. Er ist auch nicht anders als all die anderen Männer. So war es früher schon. Immer wenn ich dachte, den richtigen Mann fürs Leben gefunden zu haben, stellte sich am Ende
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