Das Haus am stillen See: Mittsommerglück (German Edition)
erschien ihr nicht richtig, dass ihre Nichte sich so einfach ohne jede Erklärung aus dem Staub gemacht hatte. Allerdings wusste sie auch, dass es nicht an ihr war, darüber zu urteilen. Das, was Stina ihr über die Ereignisse der letzten Wochen berichtet hatte, warf tatsächlich kein besonders gutes Bild auf den Charakter ihres Ehemannes. Ludmilla jedoch hatte ihre Zweifel, dass es sich wirklich genauso abgespielt hatte. Nicht, dass sie an den Worten ihrer Nichte zweifelte. Gott behüte, daran dachte sie nicht einmal im Traum! Doch die ganze Angelegenheit erschien ihr mehr als merkwürdig. Irgendetwas stimmte an der Sache nicht, zumindest sah es in Ludmillas Augen so aus.
Sie war Patrick nur wenige Male begegnet – das letzte Mal lag schon viele Jahre zurück –, aber der Eindruck, den sie sich von ihm gemacht hatte, passte so gar nicht zu dem Verhalten, das er an den Tag gelegt haben sollte. Und was spielte diese Demi für eine Rolle? Sie mochte ja Patricks Cousine sein, doch machte sie das automatisch auch vertrauenswürdig? Ludmilla erschien die Einmischung der jungen Frau jedenfalls mehr als fraglich.
Aber wie sie die Sache auch drehte und wendete, sie hatte nicht das Recht, sich in Dinge einzumischen, die ausschließlich Stina und ihren Ehemann betrafen. Dazu kannte sie beide einfach zu wenig, denn auch zu ihrer Nichte hatte sie in den letzten Jahren alles andere als regelmäßigen Kontakt gehabt. Auch wenn es ihr das Herz zerriss, Stina so leiden zu sehen, konnte sie nicht das Geringste für sie tun. Vielleicht würde sie ja im Laufe der Zeit Vernunft annehmen und sich doch noch zu einem klärenden Gespräch mit Patrick überreden lassen. Sie hoffte es für sie, denn sie hatte das Gefühl, dass ihre Nichte ihren Mann noch immer aufrichtig liebte. Niemand wusste besser als Ludmilla, wie schmerzhaft unerfüllte oder unerwiderte Liebe sein konnte. Nach dem Tod ihres Ehemanns Gustav war sie ihres Lebens nie wieder wirklich froh geworden. Sie vermisste ihn jeden Tag, jede Stunde und wünschte sich nichts sehnlicher, als noch einmal mit ihm sprechen, ihn noch einmal umarmen zu können. Ein solches Schicksal wollte sie Stina nach Möglichkeit ersparen.
11. KAPITEL
“M r. Douglas, schön, dass Sie gekommen sind.” Patrick erhob sich lächelnd und rückte einen freien Stuhl für Tinka Johansson zurecht. “Nennen Sie mich doch bitte Patrick. Nach allem, was Sie nun über mich wissen, erscheint es mir lächerlich, wenn Sie mich weiterhin mit dem Nachnamen ansprechen.”
“Sie haben recht.” Das Model lachte und reichte ihm die Hand. “Dann bin ich für Sie aber auch Tinka, okay?”
“Es ist mir eine große Ehre.”
Als der Kellner kam, um ihre Bestellung entgegenzunehmen, orderte Patrick lediglich ein Glas Wasser. Er war viel zu aufgeregt, um auch nur einen einzigen Bissen herunterzubekommen. Tinka hingegen schien völlig ruhig und gelassen zu sein. Kein Wunder, für sie war all das auch nur eine Frage von Public Relation, während es für Patrick um alles oder nichts ging.
“Also, ich habe bereits mit meinem Kontaktmann beim Fernsehen gesprochen.”
“Und, was hat er gesagt?”, fragte Patrick gespannt.
“Er ist interessiert, will aber zunächst mehr erfahren, ehe er seine Redaktion informiert. Allerdings würde ich sagen, die Chancen stehen mehr als gut, dass unsere gemeinsame Angelegenheit schon bald in aller Munde sein wird.”
“Das ist mir ehrlich gesagt egal. Hauptsache, Stina hört mir zu.”
Tinka lächelte. “Natürlich, dafür habe ich vollstes Verständnis. Aber vergessen Sie nicht: Je mehr Leute wir erreichen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch Ihre Frau darunter ist.”
“Und wann treffen wir diesen ominösen Kontaktmann? Verstehen Sie mich nicht falsch, es liegt mir fern, Sie zu drängen oder unter Druck zu setzen. Ganz im Gegenteil, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar für alles, was Sie für mich tun. Aber es ist schwer, diese Ungewissheit auszuhalten. Wenn ich doch bloß Stina wieder in meine Arme schließen könnte …” Er seufzte schwer. “Haben Sie schon einmal einen Menschen wirklich geliebt?”
Plötzlich wirkte das Mannequin traurig. “Ja, ich denke, das habe ich tatsächlich. Vielleicht möchte ich Ihnen auch deshalb so gerne helfen, Patrick. Ich weiß, wie schwer es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren. Glauben Sie mir, ich kann mich sehr gut in Ihre Lage hineinversetzen.” Sie atmete tief durch und rang sich ein Lächeln ab. “Aber lassen
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