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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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verloren. Sie hatte versagt.
    Ihr war bewusst, dass Paulette, Iolana, Max und der Rest der Familie erwarteten, dass sie vor Gericht auf ihrer Unschuld bestand. In den ersten Wochen ihrer Untersuchungshaft war sie auch dazu entschlossen. Sie beharrte Richardson gegenüber auf jener Version, die sie der Polizei erzählt hatte, sie verstellte sich, sie log. Tief in ihrem Innern jedoch war Elsa überzeugt, dass ihr Geheimnis ans Licht kommen würde.
    Wenige Tage vor Verhandlungsbeginn reifte in ihr der Gedanke, diesmal nicht die Getriebene zu sein, sondern erhobenen Hauptes zu dem zu stehen, was sie war und was sie getan hatte. Einzig wegen Keanu zögerte sie noch. Der Sohn einer verurteilten Mörderin zu sein wäre für ihn ein weiterer, der allerschlimmste Makel. Wenn sie kämpfen würde, dann für ihn. Nur gut möglich, dass sie keine Kraft mehr dazu hatte.
    Elsa wusste noch nicht, wie sie sich entscheiden sollte, als der Wärter ihr sagte, sie habe Besuch.
    Mit allen Insignien ihres Glaubens betrat Myrtle Malone den Besucherraum. Sie trug ein knöchellanges schwarzes Kleid mit weißem Kragen und weißen Manschetten, mit der linken Hand hielt sie eine Bibel umklammert, die rechte berührte das schlichte Kreuz auf ihrer Brust. Jedes einzelne Haar war gebändigt und an seinem Platz, der Gesichtsausdruck ernst. Sie sah aus wie eine Matrone, die einem Maler Porträt sitzt und sich im Anschluss den Nachmittag als Zuschauerin einer Hinrichtung vertreiben möchte. Wie sie sich setzte und das Wort Gottes mit aller Sorgfalt genau rechtwinklig zu dem Gitter ausrichtete, hinter dem Elsa saß, wirkte wie ein oft und gern praktizierter Ritus.
    Â» Nun denn « , sagte sie, ließ eine Sekunde verstreichen und fügte hinzu: » Da wären wir also. «
    Elsa erinnerte sich, dass sie denselben Satz aus demselben Mund schon einmal gehört hatte, und zwar damals, als Henning sie verlassen hatte und sie Hilfe suchte. Mit dieser Floskel umging die heilige Myrtle Sätze wie » Das hätte ich Ihnen gleich sagen können « und » Gott entkommt man nicht « , meinte aber im Grunde genau dies.
    Â» Sie hätte ich als Allerletztes erwartet « , sagte Elsa. » Sie sind doch nicht etwa gekommen, um eine verlorene Seele dem wahren Glauben zuzuführen? «
    Â» Mitnichten. Gott möchte nicht, dass der Mensch seine Zeit vergeudet. «
    Â» Sehr praktisch, wenn man für einen blinden und gelähmten Taubstummen spricht « , entgegnete Elsa.
    Â» Ihre Blasphemie ist wie das Ausrufungszeichen hinter Ihrem verpfuschten Leben, mein armes Kind. Schon als ich Ihnen das erste Mal begegnete, ahnte ich Schlimmes. Aber dass es so schlimm gekommen ist, überrascht mich nun doch. «
    Â» Wir haben uns nichts zu sagen, Mrs. Malone. «
    Â» Schenken Sie mir nur eine Minute Ihrer kostbaren Zeit « , bat die Pastorengattin ironisch. » Sie werden nicht enttäuscht sein. «
    Damit tauchte sie die Hände in die Mitte der Heiligen Schrift und zog einen Brief hervor, den sie so genussvoll entfaltete, als handle es sich um einen von Moses verfassten Anhang des Alten Testaments. Während ihr Blick ein weiteres Mal über die Zeilen flog, schien sie ihr Glück kaum fassen zu können. Dann hielt sie das Schreiben vor das Gitter.
    Â» Erkennen Sie, wer das geschrieben hat, meine Liebe? «
    Â» Henning « , flüsterte Elsa verstört.
    Â» Sehr gut. Ja, das hier stammt von Ihrem Ehemann, Ihrem früheren Ehemann, vielmehr Ihrem verstorbenen früheren Ehemann oder wie immer Sie ihn nennen wollen. «
    Â» Wie … wie kommen Sie an diesen Brief? «
    Â» Oh, ganz legal. Er ist an mich adressiert. «
    Â» Henning hat … er hat Ihnen vor seinem Tod geschrieben? «
    Â» So könnte man sagen. Bevor er vor einigen Monaten nach Port Rabaul kam, hat er wohl einen Anwalt in Kimbe aufgesucht, bei dem er diesen Brief sowie die Abschrift eines Dokuments hinterlegte. Zunächst hatte er keine weiteren Anweisungen gegeben, wie damit verfahren werden sollte. Vor einigen Wochen jedoch instruierte er den Anwalt fernmündlich, den Brief und das Dokument im Falle seines Todes oder spurlosen Verschwindens an mich zu schicken. Der Anwalt befand sich in den letzten Monaten in Australien und hat daher erst jetzt von Mister Matthes’ Tod erfahren. « Myrtle Malone lehnte sich zurück und lächelte. » Tja « , sagte sie und ließ ihre

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