Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
Internierungslager im australischen Outback dahinvegetieren. Meine Bestechungsgelder und Elsas Verhältnis mit dem widerlichen Gouverneur haben dafür gesorgt, dass du ⦠«
Erst am entsetzten Gesichtsausdruck des Mediziners merkte Paulette, welches Geheimnis sie in ihrer Aufregung preisgegeben hatte. Max sah aus, als hätte er einen Geist gesehen. Er wandte sich an Iolana.
» Du ⦠hast davon gewusst? «
Iolana seufzte. » Nein. Aber wenn ich es recht bedenke, überrascht es mich nicht. «
Max stürmte davon. Iolana wollte ihm zunächst folgen, überlegte es sich dann jedoch anders und kehrte zu Paulette zurück. Die beiden Frauen standen eine Weile schweigend beieinander, und sie begriffen, dass nach diesem Tag nichts mehr so sein würde wie zuvor.
Besuch vom Teufel
Alle Umstände schienen sich gegen Elsa verschworen zu haben. Die Vertretung der Anklage übernahm Edward Bannockburn, der erst wenige Wochen zuvor in Port Rabaul eingetroffen war, und zwar widerwillig, wie es hieÃ. Angeblich hatte man den FünfunddreiÃigjährigen bei einer Postenvergabe in Darwin übergangen, ihn quasi ins Exil geschickt, und nun war er wild entschlossen, sich in diesem Exil einen Namen zu machen. Der Strafverteidiger Richardson beschrieb ihn nach zwei, drei Treffen als einen » hungrigen Dingo « .
Auf der Geschworenenbank waren auch keine freundlichen Gesichter zu erwarten. Richardson tat, was ihm möglich war, um eine ausgewogene Jury zu erreichen, konnte aber nicht verhindern, dass drei Methodisten und weitere vier alteingesessene Bürger, die den guten alten Zeiten nachtrauerten, zu Geschworenen ernannt wurden. Damit waren also sieben von zwölf von vornherein gegen Elsa eingenommen.
Selbstredend, dass Gouverneur McNamee sich im Augenblick ihrer Verhaftung von Elsa abwandte. Er war noch nicht einmal bereit, sich dafür einzusetzen, dass Elsa Besuch empfangen durfte. Erst als Paulette ihm per Brief andeutete, das eine oder andere pikante Detail seiner Beziehung zu Elsa publik zu machen, gab er nach. Allerdings kam er nicht mehr dazu, sein Versprechen einzulösen â er wurde abberufen, wenn auch nicht Elsas wegen.
Zur selben Zeit geschah einige tausend Kilometer von Port Rabaul entfernt etwas Ungeheuerliches, das Wellen über den gesamten Pazifik hinwegschlug. Am 7. Dezember 1941 überfielen die Japaner den amerikanischen Flottenstützpunkt auf Hawaii. Damit wurde der europäische Krieg endgültig zu einem pazifischen, und das mit den Vereinigten Staaten verbündete Australien entsendete einen Militärgouverneur nach Port Rabaul, zusammen mit eintausendvierhundert Soldaten. Man hielt Rabaul nicht für besonders gefährdet, wollte aber die Seewege für die Alliierten sichern.
Da sich Australien von da an mit Japan im Krieg befand, wurden alle Japaner in den Mandatsgebieten interniert und viele von ihnen wegen Spionage vor Gericht gestellt. Dadurch verzögerte sich der Beginn von Elsas Prozess, der erst vom 9. auf den 16., dann auf den 30. Dezember und schlieÃlich auf den 20. Januar verschoben wurde.
Elsa hatte also beinahe acht Wochen Gefängnis hinter sich, als sie am 19. Januar 1942 ihren ersten privaten Besuch empfing.
Es war die heilige Myrtle.
Für Elsa hatten sich diese acht Wochen ins Endlose gezogen. Richardsons Arbeitsbesuche waren ihre einzige Ablenkung, ansonsten war sie ganz auf sich selbst zurückgeworfen. Sie durfte nicht lesen, und es gab niemanden, der sich mit ihr unterhielt. Sie vermisste Keanu, Mele, ihre Freundinnen und Max ebenso wie den Blick auf die Matupi Bay, die Schmetterlinge und den Westwind ⦠Im Gefängnis hatte sie nur leere Wände und wenige Möbel. Ihre Einsamkeit war gröÃer als damals während der Entziehungskur, und der Pfad, den sie zu gehen hatte, war um einiges dunkler. In der indischen Heilanstalt war die Hoffnung auf eine bessere Zukunft das Licht am Ende des Tunnels gewesen. Der jetzige Weg führte sie weg von der Hoffnung, immer tiefer in die Finsternis. Sie glaubte nicht mehr daran, dass das Leben je wieder etwas Gutes für sie bereithalten würde.
Sie hatte es sich mit der Zukunft verdorben. Entweder hätte sie Henning entschlossen und ohne zu zögern aus ihrem Leben entfernen oder sich mit ihm abfinden oder gar den harten Weg der Armut gehen müssen. Leider hatte sie im entscheidenden Moment gezaudert, gewartet, gehadert â nun war alles
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