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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Bezug, danach klatschte ein dicker Packen verschnürter Zeitungen auf. Eine bunte Kittelschürze entfaltete sich in der Luft wie ein riesiger Schmetterling und legte sich behutsam über den ganzen Haufen. Darauf krachte sogleich ein Hocker, dem ein Beinfehlte, gefolgt von drei Schreibtischschüben samt Inhalt: leeren Flaschen und Bierdosen. Anschließend glitt eine dreckstarrende gestreifte Matratze vom Fensterbrett, nach ihr segelte eine zu einem Klumpen geballte Steppdecke herunter. In sicherer Entfernung standen, den Kopf in die Höhe gereckt, der Hauswart in einer braunen Weste und die Chefin der Wohnungsverwaltung, eine füllige, mürrische Dame in einem ausgeschnittenen Sommerkleid.
    Aus dem Nachbaraufgang kam ein Junge mit einem Hund, blieb stehen, stieß einen Pfiff aus und schüttelte den Kopf.
    »Was ist denn das, ein Poltergeist?« fragte er nachdenklich, eher an seine marmorweiße Dogge gewandt als an den Hauswart und die Dame. Die Dogge bellte eindrucksvoll und zog ihren Herrn um die Ecke, zur Hundewiese.
    Dann kam ein kleines Hutzelweiblein mit einem Kinderhut auf dem Kopf und einer karierten Tasche in der Hand heraus, stöhnte auf und blieb wie angewurzelt stehen. In diesem Augenblick fiel ein kleiner brauner Sessel aus dem Fenster.
    »Was stehen Sie hier herum und gaffen, Sie müssen die Miliz rufen!« bemerkte die Alte, hob den Kopf und versuchte, den Mann am Fenster zu erkennen.
    Indessen flogen weitere Gegenstände herunter. Ein Haufen graugelber Damenunterwäsche, der Deckel eines vorsintflutlichen Koffers mit Blechbeschlägen, in dem Fotos von jungen Katzen und Frauen klebten, das Gerippe einer Stehlampe, Gläser, Messer und Gabeln und als Letztes ein Aluminiumtopf, aus dem eine Ratte heraussprang. Sie war von dem Flug im Topf so durcheinander, dass sie der Dame von der Wohnungsverwaltung direkt vor die Füße lief. Die schrie auf, sprang zur Seite und kam endlich zu sich.
    »Bleib hier stehen!«, befahl sie dem Hauswart und ging in ihr Büro, um das Milizrevier anzurufen.
    Die Miliz erschien erst nach einer halben Stunde. Der kleine Jeep fuhr auf den Hof und landete mit der Stoßstange in einem Haufen schmutziger Lumpen.
    »Ach, hier wohnt doch Sima«, sagte einer der Milizionäre. »Die den Teufel gesehen hat.«
    »Ja, und nun ist er da und holt sie«, erwiderte der zweite spöttisch.
    »Sie ist immerhin Zeugin in einem Mordfall«, erinnerte der dritte.
    »Klar, und was für eine!«
    Die Wohnungstür war nur mit einem rostigen Haken verschlossen und ließ sich mit einem leichten Schulterstoß mühelos öffnen. Mitten im leeren Zimmer lag auf dem Fußboden eine Frau in einer Blutpfütze. Neben ihr saß, die Knie angezogen, ein Mann und wiegte sich vor und zurück.
    »Na, Rjurik, jetzt hast du also im Suff deine Lebensgefährtin umgebracht?« Einer der Milizionäre stieß den Mann mit dem Fuß an. »Los, steh auf und erzähl uns, wie’s gewesen ist.«
    Rjurik schlug die tränennassen Augen auf und flüsterte heiser: »Das war ich nicht!«
    »Wer denn sonst?«
    »Ich weiß nicht. Als ich kam, lag sie schon da! Genauso wars, als ich kam! Ich hab sie nicht umgebracht! Das war schon so!« Das Flüstern steigerte sich zum Schreien, Rjurik sprang auf, blickte gehetzt um sich, entdeckte in einer Ecke einen Lumpen, rannte hin, vermutlich, um ihn ebenfalls aus dem Fenster zu schleudern, doch er wurde festgehalten und in Handschellen gelegt. Er heulte, schlug um sich und beteuerte immer wieder, er habe Sima nicht ermordet, sie habe schon so dagelegen, als er kam.
    »Hör auf zu schreien, pack schon aus, dann gehts dir gleich besser«, sagte ein Milizionär zu ihm. »Du bist doch gebildet, du weißt, ein freimütiges Geständnis mildert das Urteil; und wenn du dich anständig benimmst, nehmen wirs sogar als Selbstanzeige auf.«
    Aber Rjurik brüllte weiter, er habe Sima nicht ermordet, er sei erst vor kurzem nach Hause gekommen, und da sei sie schon tot gewesen.
    »Ich hab sie geliebt, die dumme Gans, ich hab mit ihr zusammengelebt, und sie tut mir so was an … So was …«
    »Na also, das klingt doch schon nach einem Motiv, erzähl mal, was hat sie dir denn angetan? Hat sie dich betrogen?«
    »Nichts hat sie getan! Gar nichts!« Rjurik sprühte Speichel.
    »Moment mal, du hast doch grade gesagt: Sie tut mir so was an! So was Schlimmes. Komm schon, pack aus, was hat sie dir angetan?«
    »Sie ist tot, kapierst du das, sie ist tot, das hat sie mir angetan, das dumme Weib! Was Schlimmeres gibts doch

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