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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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verspürte plötzlich keine Lust mehr, mit Jewgenija über Ljussja Kolomejez und den Mord zu reden. Das war ihm seit Jahren nicht mehr passiert. Normalerweise konnte er, wenn er an einem komplizierten Fall arbeitete, nur daran denken und nur darüber sprechen. Nun aber lag ihm die vollkommen unangebrachte Frage auf der Zunge: Sind Sie verheiratet, Jewgenija?
    Dass er sie so anstarrte, ließ sie im Übrigen völlig unbeeindruckt. Sie hatte sich zurückgelehnt und rauchte – Doktor Rudenko entspannte einfach.
    »Ist Ihre Arbeit sehr anstrengend?«, fragte Borodin, um das Schweigen zu brechen.
    »Unterschiedlich. Manchmal bin ich so erschöpft, dass ich mich nur mühsam nach Hause schleppe.«
    »Leben Sie mit Ihrem Sohn allein?«
    Sie nickte.
    »Wie alt ist er?«
    »Zwanzig.«
    »Zwanzigjährige sind für mich ein Buch mit sieben Siegeln«, sagte Borodin lächelnd. »Ich erinnere mich gut an mich selbst mit zwanzig, aber mir scheint, zwischen meiner Generation und der heutigen liegen Welten, als seien nicht dreißig Jahre vergangen, sondern dreitausend.«
    »Ach was, sie sind im Grunde ganz genauso, es gibt heutenur mehr Verlockungen und mehr Illusionen. Aber sonst ist es das Gleiche. Sie sind erst fünfzig, Ilja?«
    »Haben Sie mich für älter gehalten?«
    »Offen gestanden ja. Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht kränken. Es ist bloß – ich bin fünfundvierzig, das heißt, Sie sind gar nicht viel älter.«
    Das Essen wurde serviert, und sie aßen eine Weile schweigend. Borodin war doch ein wenig gekränkt. Sagte sich aber sofort, wenn sie aus Höflichkeit geschwindelt hätte, er sähe jünger aus, wäre das noch kränkender gewesen.
    Jewgenija wurde mit ihrem riesigen knusprigen Schnitzel ziemlich rasch fertig. Ihr Gesicht war nun rosig, ihre Augen glänzten, sie zündete sich eine Zigarette an und sagte fröhlich: »So, nun sieht die Welt schon ganz anders aus. Wenn ich Hunger habe, dann funktioniert mein Kopf nämlich schlecht. Jetzt bin ich satt und kann in Ruhe Ihre Fragen beantworten.«
    »Wunderbar.« Borodin nickte. »Was meinen Sie, könnte Ljussja Karate beherrschen?«
    »Klar, und außerdem Judo und Jiujitsu«, erwiderte Jewgenija leise und todernst. »Ljussja Kolomejez ist der typische CIA-Schläfer.«
    »Ich weiß, die Frage klingt idiotisch. Aber am Hals der Ermordeten wurde die Spur eines Schlages mit einem stumpfen Gegenstand gefunden. Der Schlag könnte tödlich gewesen sein und wurde vermutlich von jemandem ausgeführt, der Karate beherrscht.«
    »Das heißt, er hat Lilja Kolomejez erst betäubt oder getötet und dann achtzehn Mal auf sie eingestochen?«, fragte Doktor Rudenko nach langem Schweigen leise.
    »Genau. Und zwar mit einem ganz speziellen Messer mit rhombenförmiger Klinge. Die Tatwaffe wurde noch nicht gefunden.«
    Der Kellner brachte den Kaffee. Jewgenija rührte lange in ihrer Tasse.
    »Finden Sie nicht, dass dieser Mord etwas Rituelles hat?«
    »Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Eine solche Anzahl von Messerstichen weist entweder auf einen Psychopathen hin oder auf den Anhänger einer Sekte, was im Grunde dasselbe ist. Aber ein Verrückter hätte Ljussja kaum dazu bringen können, die Schuld auf sich zu nehmen. Doch wenn es ein Ritualmord war, warum dann der Raub? Der Täter hat die Wohnung gründlich ausgeräumt, wir haben keine Kopeke gefunden und kein einziges Schmuckstück. Und vor allem – er hat einen Handarbeitskorb mitgenommen und zwischen den Wollknäueln herumgewühlt, auf einer Bank auf dem Hof des Opfers. Dabei trug er eine Teufelsmaske.«
    »Entschuldigen Sie – was?«, fragte Jewgenija mit einem nervösen Lachen.
    »Na, es gibt doch solche Horrormasken – Vampire, Totenschädel, Hexen, Teufel. Ich war in einem Laden, er heißt ›Halloween‹, und habe da sogar etwas gekauft.« Borodin öffnete seine große altmodische Aktentasche, kramte darin herum, zog etwas Schwarzrotes in einer Plastiktüte hervor, packte es aus, drehte es hin und her und streifte es sich rasch über den Kopf.
    Anstelle des netten Borodin saß nun ein schwarzes Ungeheuer mit roten Hörnern vor Jewgenija.
    »Ich bitte Sie, Ilja, nehmen Sie das ab!«, stöhnte Jewgenija. »Das ist ja gräßlich!«
    Borodin packte die Maske bei den Hörnern, riss sie sich vom Kopf und strich rasch sein Haar glatt.
    »Wir könnten versuchen, Ljussja die Maske zu zeigen. Aber was würde uns ihre Reaktion bringen? Angenommen, sie schreit, fängt an zu weinen, na und? Sie wird uns trotzdem nichts

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