Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
Vom Netzwerk:
hier! Ich hasse euch! Klar doch, schlagt mich, ja, das könnt ihr! Unmenschen! Dreckskerle!«
    Der Hauptmann drängelte sich durch die Menge und sah, dass zwei finstere Gestalten den sich windenden Ferdinand festhielten.
    »Der Mann ist außer sich«, sagte Kossizki leise. »Kommen Sie, Fjodor, Sie müssen an die frische Luft.«
    Die Kriminellen ignorierten den Hauptmann und verdrehten dem bleichen Ferdinand professionell die Arme.
    »Bastarde! Unmenschen! Selbst hier sieht man eure Visagen!«, kreischte Ferdinand. »Könnt ihr nicht warten mit eurem Toten? Nei-ein, das könnt ihr nicht. Wir sind ja für euch nur Dreck, Müll, nicht bloß im Leben, nein, sogar im Tod!«
    »Hältst du jetzt endlich die Fresse?«, erkundigte sich einer der Kriminellen träge und verzog den Mund, als wollte er ausspucken, besann sich jedoch, als ihm einfiel, wo er sich befand.
    Die Menge vor der Tür trat auseinander, und ein prächtiger Sarg wurde hereingetragen. Darin lag, ganz in Blumen gebettet, ein junger, ziemlich bekannter Mann – der dreißigjährige Anführer einer der größten kriminellen Vereinigungen Moskaus, Valeri Krutikow, Spitzname Jump. Beim Anblickdes Sarges verstummte Ferdinand, die Kriminellen lockerten ihren Griff, der Hauptmann übernahm den Schreihals und führte ihn langsam aus der Halle. Einer der Kriminellen wollte hinterher, doch ein gesetzter Grauhaariger hielt ihn mit kurzen Worten zurück.
    In dem Grauhaarigen erkannte Kossizki einen namhaften Unternehmer, der verdächtigt wurde, in mehrere aufsehenerregende Auftragsmorde verwickelt zu sein.
    »Danke«, knurrte Ferdinand, als sie endlich draußen waren. »Aber das wäre nicht nötig gewesen. Das hätte ich auch allein geschafft. Ja, was sehen Sie mich so an? Ich hab drei Jahre Karate trainiert. Vor langer Zeit, in meiner frühen Jugend. Aber manches kann ich noch.«
    »Sie wollten sich mit denen prügeln?«, fragte der Hauptmann mit verhaltenem Spott.
    »Ja, und? Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Das lassen diese Bestien bestimmt nicht auf sich beruhen. Sie werden mich finden, da bin ich sicher, die vergessen und verzeihen nichts.« Er kniff die kurzsichtigen Augen zusammen. »Die Sonne scheint so hell, es ist so ein herrlicher, warmer Tag, aber ich mag überhaupt nicht mehr weiterleben.«
    »Warum haben Sie das getan?«, fragte der Hauptmann.
    »Nur so.« Ferdinand zuckte die Achseln. »Wissen Sie zufällig, wen diese Scheusale da begraben?«
    »Zufällig ja. Den Anführer einer großen kriminellen Bande. Spitzname Jump.«
    »Geschieht ihm recht. Den haben bestimmt die eigenen Leute umgelegt. Ein Auftragsmord, oder?«
    »Mord ja«, bestätigte der Hauptmann, »aber kein Auftragsmord. Seine Geliebte hat ihn erstochen. Aus Eifersucht.«
    »Oho!« Ferdinand stieß einen Pfiff aus. »Erzählen Sie. Oder ist das noch Ermittlungsgeheimnis?«
    »Da gibts kein Geheimnis. Jump hat in einem Restaurant außerhalb der Stadt mit einer Schönheitskönigin getanzt,seine Geliebte fand, dass ihr Liebster die Schöne zu zärtlich umarmt, lief in die Küche, griff sich ein Fleischmesser, stach es Jump vor den Augen von zwei Dutzend Leuten in den Rücken und traf genau ins Herz.«
    »Toll!« Ferdinand klopfte sich auf die Schenkel. »Poetisch ausgedrückt: Auch Bastarde können lieben.«
    »Sie meinen, Mord sei ein Ausdruck von Liebe?«, fragte der Hauptmann.
    »Ihr höchster Ausdruck, der Gipfel der Leidenschaft. Stellen Sie sich vor, welche Stürme im Herzen des Mädchens tobten, welches Feuer in ihrem Blut loderte! Das ist Shakespeare! Lady Macbeth!«
    »Fahren Sie mit zur Totenfeier?«, fragte der Hauptmann.
    »Wozu?«
    »Und haben Sie vor, Ljussja zu besuchen?« Er drehte sich abrupt um und fing Ferdinands beinahe panischen Blick auf.
    »Warum fragen Sie das?«, erkundigte sich Ferdinand scharf und kickte eine Bananenschale weg.
    »Wenn Ihnen etwas an Lilja lag, dann kann Ihnen das Schicksal des Mädchens doch nicht gleichgültig sein. Sie hat nun schließlich niemanden mehr, überhaupt niemanden, Sie sind vielleicht der einzige Mensch, der…« Er sprach nicht zu Ende, denn Ferdinand war plötzlich losgerannt und verschwunden. Kossizki blickte der kleinen schwarzen Gestalt erstaunt nach.
     
    Am frühen Morgen wurden aus einem Fenster des Abrisshauses in der Kalugaer Gasse plötzlich Gegenstände geworfen. Die Ärmel ausgebreitet wie Flügel, schwebte ein schwarzes Kleid auf den Asphalt herab. Ihm folgte, in einer dünnen Daunenwolke, ein schmutziges Kissen ohne

Weitere Kostenlose Bücher