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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Ordnung.« Borodin nickte. Der Volkswagen raste mit überhöhter Geschwindigkeit durch den Regen.
    »Du fährst zu schnell, meine Schöne«, knurrte Borodin.
    »Die Straße ist doch leer.« Warja lächelte. »Und ich bin sehr hungrig. Übrigens – Sie haben abgenommen.«
    »Ach, sieht man das?«
    »Und ob! Sie werden von Tag zu Tag jünger. Aus dem molligen Alten schlüpft ein recht attraktiver Mann. Nun müssen Sie sich nur noch die albernen Koteletten abrasieren. Die stehen Ihnen überhaupt nicht und machen Sie nur älter.«
    »Ich rasier sie ab«, versprach Borodin, »du hast recht. Obwohl das ziemlich taktlos von dir ist.«
    »Pardon.« Warja lachte auf. »Ich bin einfach nervös.«
    »Warum denn?«
    »Erklär ich Ihnen später. So, wir sind da.«
    Sie parkte den Wagen vor einem Restaurant. Es erschien Borodin zu elegant für ein Frühstück. Warja bemerkte seine Miene und sagte mit einem leisen Seufzen: »Keine Angst, ich lade Sie ein.«
    »Danke, meine Liebe. Aber wir zahlen lieber getrennt.«
    »Schon gut, Herr Untersuchungsführer, für mich ist das ein Klacks, für Sie dagegen eine beträchtliche Summe. Sie nehmen keine Schmiergelder, und von dem, was der Staat Ihnen zahlt, kann man keine großen Sprünge machen.«
    Ein junger Mann in roter Livree kam mit einem Schirm in der Hand aus dem Haus geeilt und riss mit einem professionellen Lächeln den Wagenschlag auf.
    »Guten Morgen, herzlich willkommen.«
    Sie setzten sich in dem vollkommen leeren Saal an einen Fenstertisch. Borodin studierte lange besorgt die Speisekarte. Die meisten Speisen waren ihm fremd, und er fürchtete, sich zu blamieren.
    »Ich hätte gern einen Moosbeerensaft, Avocado mit Krabben und einen französischen Salat«, sagte Warja zum Kellner und wandte sich an Borodin: »Ich rate Ihnen, dasselbe zu nehmen. Wenig Kalorien, viel Vitamine und vor allem sehr lecker.«
    »Ja, gut.« Borodin nickte. »Ich nehme die Avocado mit Krabben.«
    »Was gibt es für ein Problem?«, fragte Warja leise, als der Kellner gegangen war.
    »Vielleicht erzählst du mir erstmal von deinem Problem?« Borodin lächelte herzlich. »Ich sehe dir doch an, dass etwas passiert ist.«
    »Rührend, direkt wie ein Papa.« Warja zuckte mit den Schultern. Sie nestelte nervös an einer kurzen dicken Kette aus verschiedenfarbigen Steinen herum, und Borodin fiel auf, dass sie in der ganzen Zeit noch nicht geraucht hatte, ja, siehatte nicht einmal eine Zigarettenschachtel auf den Tisch gelegt. Normalerweise rauchte Warja Bogdanowa eine nach der anderen, besonders, wenn sie sich mit Borodin traf.
    »Was ist das – ein Rosenkranz?«, fragte er.
    »So was Ähnliches – ein afrikanischer Talisman. Schützt vorm bösen Blick. Wer weiß – vielleicht findet irgendwer plötzlich, dass es mir zu gut geht, und will mir den Spaß verderben?«
    »Nanu« – Borodin schüttelte den Kopf –, »du warst doch noch nie abergläubisch. Und so nervös warst du früher auch nicht.«
    »Sie benutzen mich, halten mich an der langen Leine – sie könnten mit einem Schlag mein ganzes Leben zerstören. Nennen wir die Dinge doch beim Namen.«
    Es musste wirklich etwas passiert sein – ihre Stimme klang hysterisch, ihre sonst so ruhigen, spöttischen blauen Augen schauten Borodin verschreckt, ja, gehetzt an.
    Der Kellner brachte den Saft, und Warja zuckte merklich zusammen, als er ihr das Glas hinstellte.
    »Hören Sie, Ilja, wir haben beide wenig Zeit. Also – warum wollten Sie mich sprechen?«
    »Ich habe eine ganz einfache Frage, Warja.« Borodin trank einen Schluck Saft. »Kannst du mir sagen, welche Kinderheime unser gemeinsamer Freund unterstützt?«
    »Ach, darum geht es also.« Warja lächelte, sichtlich erleichtert. »Das weiß ich nicht genau, aber ich kann es herausfinden. Verraten Sie mir auch, warum Sie das wissen wollen?«
    »Mach ich. Vor einigen Tagen wurde eine Frau getötet. Achtzehn Messerstiche. Meine einzige vorläufige Verdächtige ist eine debile Fünfzehnjährige, die Nichte der Ermordeten. Sie behauptet, sie hätte ihre Tante erstochen, aber ich habe begründete Zweifel. Das Mädchen ist Waise und hatte niemanden außer ihrer Tante. Und das Merkwürdigste: Wir können nicht herausfinden, wo das Kind wohnt. In den Aussagen der Nachbarn und Kollegen der Ermordeten ist von einerWaldschule die Rede, in der das Mädchen gelebt haben soll, aber ein Mädchen dieses Namens ist nirgendwo gemeldet.«
    »Ja, das ist schlimm.« Warja nickte. »Aber ich verstehe nicht, was unser

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