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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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runden lila Augen und die langgliedrigen Füße mit den krummen schwarzen Krallen dicht vor sich.
    »Hau ab, hau ab!« Ira schlug energisch mit der Tasche nach der Krähe. »Sweta, lass es sofort fallen!«
    Sweta holte aus und schleuderte das zitternde warme Bündel so weit wie möglich von sich, zum Teich. Die Krähe stürzte ihm mit einem furchterregenden, beinahe menschlichen Schrei nach. Ira packte ihre Schwester an der Hand und zog sie mit sich, ohne auf die aus der Tasche gefallenen Sachen zu achten.
    Die Krähe schimpfte ihnen kreischend hinterher, der Gelbäugige lachte schallend. Im nächsten Moment hatte er sie eingeholt und verstellte ihnen den Weg.
    »Na, Kleine, Mitleid gehabt mit dem Vögelchen?« Er grinste schief und starrte Sweta durch die Brille hindurch an. »Hab ich mir doch gedacht, dass du so eine bist. Der Mutterinstinkt, meine Lieben, ist eine große Sache. Bloß eure Mutter, die Nutte, hatte keinen, aber bei der übrigen Tierwelt funktioniert er einwandfrei! Hier habt ihr euer Honorar, erstickt dran!«
    Er zog die Faust aus der Tasche und öffnete sie. Auf seiner Hand lag ein Paar goldene Ohrringe mit großen, von kleinen Brillanten umringten Saphiren. Ein paar Sekunden lang starrten die Mädchen sie schweigend an, dann fragte Ira verächtlich: »Was ist denn das für ein billiger Tand?«
    »Selber Tand. Das sind Gold, Saphire und Brillanten. Könnt ihr verticken, bringt bestimmt fünfhundert Dollar.«
    »Die hab ich irgendwo schon mal …«, hob Sweta langsam an, aber Ira trat ihr heftig auf den Fuß, nahm ohne hinzusehen die Ohrringe an sich, schloss die Faust darum und bleckte die Zähne.
    »Warum nicht gleich so! Wozu das endlose Rumgeeire!Also, kannst du dir die Adresse merken, oder willst du sie dir aufschreiben?«
    »Ich merk sie mir. Was ist mit der Alarmanlage?«
    »Sie ist abgeschaltet, keine Angst. Du kannst ruhig hingehen. Die Haustür muss man mit einer speziellen Karte öffnen, die haben wir nicht gekriegt, tut uns leid. Aber wenn du einen flachen Schlüssel mit Spucke nass machst und in den Magnetschlitz steckst, kommst du auch rein.«
    »Ist todsicher niemand da?«
    »Kein Mensch. Aber pass auf, dass du keine Spuren hinterlässt, sonst sind wir die Dummen.«
    Er drehte sich wortlos um und ging in Richtung Dorf.
    »Zeig mal her«, flüsterte Sweta. Ira öffnete die Faust, Sweta musterte die Ohrringe lange und gründlich, sah schließlich auf und sagte: »Ich weiß, wo ich die schon mal gesehen hab. Genauer, bei wem.«
    »Denkst du, ich weiß das nicht?« Ira lächelte. »Aber das Thema ist tabu, selbst für uns beide. Wir müssen sie gut verstecken und vergessen. Verstanden?«
    Sweta antwortete nicht. Sie schaute zum Teich, wo die Krähe im Gras herumhüpfte, aufflog, wieder landete und immer wieder heiser und hoffnungslos schrie.
     
    Anhaltend klingelte das Telefon im leeren Büro. Schließlich sprang der Anrufbeantworter an. Borodin verließ gerade das Gebäude.
    Nach ein paar Häuserblocks bog er in einen stillen Hof ein und setzte sich auf eine Bank. Er war etwas zu früh gekommen und hoffte sehr, dass die Person, die ihn herbestellt hatte, sich nicht verspäten würde. Der Hof war menschenleer. Borodin legte den Kopf in den Nacken und beobachtete, wie sich der Himmel bleischwer zusammenzog. Alles ringsum hielt vor dem Gewitter den Atem an. Kein Windhauch, kein Geräusch, selbst die Autos auf der großen, belebtenStraße schienen alle stehengeblieben und den Motor ausgeschaltet zu haben.
    Dumpf grollte der erste Donner. Zwischen den Häusern zuckte ein Blitz, und gleich darauf folgte der nächste Donnerschlag, mächtig und ohrenbetäubend. Ein heftiger Windstoß fuhr in die Kronen der Linden. Borodin schaute sich nach einem Unterschlupf um, da vernahm er hinter sich eine vertraute Stimme: »Ilja! Entschuldigen Sie, ich bin ein bisschen spät. Kommen Sie schnell zum Auto, bevor es anfängt zu gießen.«
    »Hallo, Warja. Ich dachte schon, du kommst nicht.«
    »Habe ich Sie je versetzt?«
    Das Mädchen griff energisch nach Borodins Arm.
    Auf der Straße suchte er nach Warjas Renault, doch sie führte ihn zu einem nagelneuen schneeweißen VW und öffnete die Tür.
    »Du hast ein neues Auto«, bemerkte Borodin, »und überhaupt gehts dir offenbar gut. Was macht das Studium?«
    »Geht so.« Sie schüttelte das schwere, glänzende schwarze Haar und setzte sich auf den Fahrersitz. »Fahren wir frühstücken? Sie haben mich geweckt, ich hab noch gar nichts gegessen.«
    »In

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