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Das Haus der Bronskis

Das Haus der Bronskis

Titel: Das Haus der Bronskis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Marsden
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Sprache ist es, woran ich mich am besten erinnere.
    Wenn sie redete, war in ihrem Gesicht eine Flut von Gefühlen zu ahnen, die bisweilen überflossen, so daß ihre Augen sich mit Tränen füllten und ihre Mundwinkel zuzucken begannen. Ihr Redefluß war wie strömende Musik. Wenn sie innehielt, lachte sie. Der jähe Wechsel hatte etwas Wunderbares; sie war die einzige Person, der ich je begegnet bin, die ihre eigene Stimmung überhaupt nicht wahrzunehmen schien.
    Wir folgten ihr in die Hütte und nahmen Platz, während sie kopfschüttelnd und vor sich hin murmelnd geschäftig herumhantierte, bevor sie sich zu uns setzte.
    »Nur noch ein bißchen länger«, sagte sie seufzend und sah zu dem Hochzeitsbild an der Wand hinauf, »nur noch ein kleines bißchen, und Gott wird mich mit meinem Kazik wieder vereinen.«
    Ihr Kazik war vor zwei Jahren gestorben. In den Jahren vor dem Krieg war er Obergärtner in Mantuski gewesen. Er war es gewesen, der die Rosen gepflegt, das Geißblatt gezogen und mit Helena jedes Frühjahr die Pflanzpläne entworfen hatte.
    Wir aßen zu Mittag. Pani Wala legte ein sauberes weißes Tischtuch auf; darauf stellte sie Teller mit Kartoffeln,
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und Hering. Zofia gab ihr die Geschenke: ein Paar Schuhe und zwei Pullover von Marks & Spencer.
    Eine Wodkaflasche tauchte auf. Normalerweise, erklärte Pani Wala, trinke sie nie. »Aber auf Ihr Kommen trinke ich, Pani Zofia! Bis ich umfalle! Ich werde trinken, trinken, trinken   – dreimal trinken, bis ich von nichts mehr weiß! Ich will auf Sie trinken, Pani Zofia; und auf Sie, Pan Phiilip   – trinken wie eine Engländerin!«
    Und wir tranken kräftig und redeten und aßen und tranken wieder und schliefen uns in der drückenden Nachmittagshitze aus   – die beiden Witwen auf Betten hinter einem Wandschirm, ich auf einem alten Sofa neben dem Herd. Es war beinahe vier, als ich aufstand und auf Zehenspitzen aus dem Haus schlich.
    Ich wanderte am Fluß entlang. Seine Wirbel glitten kreiselnd an mir vorbei. Der Wind zerrte am hohen Ufergras. Flußabwärts in der Nähe des
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war die Ruine der Ziegelei. Der Schornstein stand noch, derselbe Schornstein, der in Zofias Tagen dort gestanden hatte, derselbe Schornstein, der die Trümmer überragt hatte, als Helena 1920 hierherkam. Zu seinen Füßen hatte man ein paar Baracken aus Hartfaserplatten errichtet, in denen Zeichen der neuen Zeit erkennbar waren, der Ära von »bisnis« und Kiosken: Dorfmädchen füllten Flaschen ab, die Etiketten trugen wie Tutti Frutti Shampoo oder Fleur Raspberry Bath Essence.
    Ich setzte meinen Weg fort. In der Nähe des alten Herrenhauses, in der Auffahrtsallee, war im Jahr zuvor eine der Linden umgefallen. Die Lärche beherrschte noch immer den Horizont, auch wenn ein oder zwei Äste alterskahl waren. Auf dem Erdhügel   – mehr war vom Haus nicht übrig   – sah man im Boden immer noch Ziegelscherben.
     
    Wir verbrachten die Nacht in Pani Walas Haus. Zofia trug einen weißen Satinpyjama. Ich konnte die beiden Frauen bis tief in die Nacht hinein hinter ihrem Wandschirm reden hören.
    Am Morgen ging ich kurz nach Tagesanbruch hinaus und setzte mich unter Pani Walas Birke. Kurz danach trat Zofia, ihren rotseidenen Morgenrock mit einer Kordel zubindend, vor die Tür. Sie ging in den Gemüsegarten. Dort stand sie und beobachtete den Njemen, beobachtete, wie der Flußnebel sich lichtete. Um sie herum wuchsen wadenhohes Kartoffelkraut, Kohl, Petersilienstengel, Zwiebeln.
    Minutenlang rührte sich nichts. Dann ertönte aus den Kiefern das Gezeter der Saatkrähen. Zofia hob den Kopfund lauschte. Es war der gleiche Laut, der ihre Tage in Cornwall in Gang setzte, wo er aus den hohen Kastanien von Braganza erscholl.
    Sie griff sich mit einer Hand flüchtig an den Hals. Eine Weile blieb sie dort stehen, ganz still, während ihr Morgenrock wie eine Brautschleppe über Pani Walas sprießenden Zwiebeln lag.
     
    Wir verließen Weißrußland, wie wir gekommen waren, in einem ramponierten alten Bus. Das Fahrgestell des Busses war verzogen; ein strahlenkranzförmiger Sprung überzog die Windschutzscheibe. Der Fahrer zuckte die Achseln. »Perestroika«, sagte er.
    Der Bus war gechartert worden, um eine Gruppe von Schulkindern zu einem Ferienaufenthalt nach Polen zu bringen. Die Eltern hatten Berge von Taschen und Beuteln voll alter Kleidung und Hausrat im Bus verstaut, die die Kinder in Warschau verkaufen sollten, um Geld für Eis und Süßigkeiten zu haben. Angesichts all der

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