Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
verstecken.
»Sie sind hier.« Happy bestand darauf. Seine Augen waren weit aufgerissen vor Furcht. »Viele. Sie kommen immer näher. Und sie fühlen sich kein bisschen freundlich an.«
JC sah Kim an, und die nickte schnell. »Sie kommen aus einer Richtung, die ich nicht verstehe. Außerhalb der Realität.«
»Menschlich?«, fragte JC.
»Glaube ich kaum«, antwortete Happy.
»Nicht mehr«, präzisierte Kim. »Sie fühlen sich … schrecklich an. Wie etwas Menschliches, dessen Inneres nach außen gekehrt wurde, sodass sich alle schlechten Dinge zeigen. JC, ich hab Angst.«
»Tote Menschen, die als etwas anderes zurückkommen denn als Tote«, sagte Happy und runzelte plötzlich die Stirn. Er hätte auch mit sich selbst reden können. »Einige Gespenster sind stärker als andere. Ein paar sind nur Abbilder, die in einer Zeitschleife gefangen sind wie Insekten in Bernstein. Ein paar sind Aufzeichnungen, Steinaufnahmen, die rückwärts spielen. Ein paar sind das, was nach dem Tod übrigbleibt; Untote, die nicht tot bleiben oder ganz tot waren, weil sie von etwas Überwältigendem angetrieben wurden. Und einige Geister sind Raubtiere, die Energie von den Lebenden absaugen, um ihr halb-existentes Leben in der wachen Welt leben zu können. Es wird kalt, genau wie in der Lobby. Etwas saugt alle Lebensenergie aus diesem Ort, damit die Gespenster aus welchem Loch auch immer kriechen können, um sich hier wie Lebende zu manifestieren.«
»Wer ist es, Happy?«, wollte JC ruhig wissen. »Wer kommt da?«
»Die Ärzte!«, sagte Happy. »Die Ärzte, die hier von ihren eigenen Kreaturen abgeschlachtet und niedergemetzelt wurden. Die den Verstand verloren haben, nur weil sie hier waren, als es passierte.«
»Willst du damit sagen, dass allein die Anwesenheit in der Nähe dieser Neuen Menschen dazu führt, wahnsinnig zu werden?«, fragte Melody.
»Sie sind zu viel für uns«, sprach Happy wie im Traum. »Wir können das nicht bewältigen. Diese Veränderungen mitzuerleben, war mehr als genug, um die Sicherungen der Ärzte durchbrennen zu lassen. Damit haben wir es hier zu tun – mit dem Strandgut eines besonders radikalen Experiments, dem Fall-out und den Trümmern der Schöpfung eines neuen Wesens. Geister, die verrückte Doktoren sind und im Kielwasser der Neuen Menschen auftauchen und die Energien absaugen, die ihre wahnsinnige Existenz nach dem Tod aufrechterhalten sollten.«
»Happy?«, fragte JC. »Happy, kannst du mich hören? Du bist zu weit gegangen, du musst zu uns zurückkommen.«
»Ich sehe euch«, sagte Happy und starrte das Labor hinab auf etwas, das nur er sehen konnte. »Ich sehe euch …«
Melody trat ihm ins Blickfeld und hob beide Hände, um sein Gesicht zärtlich zu umfassen. Sie sah ihm direkt in die Augen. »Komm zu uns zurück, Happy. Komm zurück zu mir. Lass mich nicht allein hier in diesem Licht.«
Happys Augen waren mit einem Mal wieder klar, und er lächelte Melody an. »Ich wusste gar nicht, dass deine Stimme so weit reicht. Okay, ich bin wieder da. Ich mag’s nicht, aber ich bin wieder da. Was ist passiert, und ist es zu spät, zum Ausgang zu gehen?«
»Der Doktor … hat Sprechstunde …«, sagte eine Stimme, die durch den ganzen langen, offenen Raum jetzt auf sie zugeschwebt kam. Eine faule, verdorrte Stimme, die vor Bosheit triefte.
Das ganze Stockwerk begann, sich zu verändern. Die Struktur und die Konstanten des langgestreckten Laboratoriums verzerrten und verdrehten sich, als würden sie von unnatürlichen Kräften aus den Angeln gehoben. Vorboten der Geister der Verrückten Ärzte bogen sich die Welt nach ihrem Belieben zu etwas zurecht, das ihrer schrecklichen Existenz eher entsprach. Sie formten die Welt in ein Spiegelbild ihrer eigenen wahnsinnigen Begierden und Wünsche. Feste Oberflächen dellten sich ein, begannen zu fließen und formten sich neu. Metall rann in klumpigen Bächen davon wie schmelzendes Wachs, während die Laborgeräte sich hoben und drehten und neue Formen und Bedeutungen annahmen. Die Wände knickten langsam nach innen, die Decke sank herab. Das Licht wurde greller und schmerzte in den Augen – vielleicht wollten die Verrückten Ärzte, dass alles, was geschah, klar und deutlich zu sehen war. Und dass man es würdigte. Vielleicht wollten sie auch nur die Jagd leichter gestalten.
Der Computer, an dem Melody gearbeitet hatte, schwoll mit einem Mal an. Der Bildschirm platzte klebrig auf und erbrach seinen Inhalt auf den Boden. Die Pfütze wurde größer,
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