Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
einzuprügeln. Sie wusste alles, was es über Grenzwissenschaften und paranormale Aktivitäten zu wissen gab, und was sie nicht wusste, reimte sie sich während der Arbeit zusammen. Sie glaubte fest an die Eiserne-Hand-im-eisernen-Handschuh-Methode und piekte Geister nur dann mit Stöckchen, wenn sie nichts Besseres zur Hand hatte.
Melody war beinahe dreißig und auf herkömmliche Weise hübsch. Klein und knabenhaft schlank trug sie ihr kastanienbraunes Haar zu einem strengen Knoten am Hinterkopf hochgesteckt, damit es ihr nicht im Weg war. Melody war zuerst und vor allem eine sehr praktische Person. Sie hielt sich nie mit Make-up auf und trug eine ernst wirkende Brille ohne Schnickschnack. Ihre Jeans, der Pullover und die Jacke waren dunkel, praktisch und geradezu anonym. Sie hatte mehrere Ausgaben dieses Outfits im Schrank, alles das Gleiche, sodass sie sich nie mit der Frage befassen musste, was sie als Nächstes anziehen sollte. Aber selbst während sie still neben ihrem Wagen stand und abwechselnd JC und die Fertigungshalle mit missbilligenden Blicken bedachte, barst sie beinahe vor unterdrückter, nervöser Energie. Sie wirkte, als warte sie nur darauf, von der Kette und auf einen unglücklichen Geist losgelassen zu werden.
Und schließlich war da Happy Jack Palmer, der sich Zeit damit ließ, den Kleinbus abzusperren, und noch mehr Zeit, über den Parkplatz zu schlurfen, um auch nur ja allen klar zu machen, dass er nicht hier sein wollte. Happy war gerade erst dreißig geworden und immer noch verbittert deshalb. Er war der Telepath des Teams, ein Verrückter mit Borderline-Syndrom und eine finstere, humorlose Nervensäge. Wenn jeder die Welt so klar sähe wie er – so pflegte er gerne auszuführen – und über all die verrückten und seltsamen Dinge, mit denen ein jeder Mensch sie teilte, Bescheid wüsste, wären alle anderen ebenfalls klinisch depressiv. Happy hätte bei den Olympischen Spielen in der Disziplin schlechte Laune für England antreten und gleichzeitig die Bronze-Medaille für düsteres Murren gewinnen können.
Er hätte gut aussehen können, wenn er je aufgehört hätte, düster dreinzublicken, und er wäre groß gewesen, wenn er je aufrecht gegangen wäre, aber für beides standen die Chancen schlecht. Sein Haar lichtete sich vorzeitig; er hatte sich eine trotzige Wampe angezüchtet und trug ein ausgewaschenes T-Shirt mit der Aufschrift Tu es. Frag mich, wie mein Tag war, und du kriegst es mit mir zu tun über einer abgetragenen Jeans, der über längere Zeit hinweg wohl niemand mit der Waschmaschine gedroht hatte. Er trug Slipper, weil er keine Lust dazu hatte, Schnürsenkel zuzubinden, und eine verbeulte Lederjacke, die so aussah, als hätte das Tier, das sie ihm hinterlassen hatte, zu seinen Lebzeiten Schweres durchgemacht. Happy war ein Klasse-elf-Telepath und hätte sich freudig mit einem groben Eispickel lobotomieren lassen, wenn er nur einen Moment daran geglaubt hätte, dass das die Stimmen aus seinem Kopf vertreiben würde.
JC wandte sich mit einem strahlenden Lächeln an seine Kollegin. »Hast du all deinen Kram, Melody? Ich bin sicher, dass du den Stapel noch etwas höher packen könntest, wenn du dir Mühe gibst.«
»Halt deine Klappe und fall tot um, JC«, erwiderte die Angesprochene. »Du könntest diesen Job ohne mich und mein Equipment nicht erledigen, und das weißt du.«
»Und Happy, Happy, Happy«, fiel JC ein. Er ignorierte Melody mit der Leichtigkeit, die lange Übung verriet. »Hast du deine Geisterkarre auch ordentlich abgeschlossen?«
»Ich wünschte, du würdest das Ding nicht so nennen«, wies Melody ihn zurecht. »Es war schon nicht lustig, als wir es vom Verleih abgeholt haben, und wurde auf dem Weg hierher exponentiell weniger komisch.«
»Ich kann mir schlimmere Namen vorstellen«, sagte Happy. »Es ist gar nicht so sehr ein Kleinbus als vielmehr ein Beinahe-Bus. Nur die fortgeschrittene Korrosion hält die Karosserie zusammen, und der Motor macht mehr Krach als eine Banshee mit blutenden Hämorrhoiden. Der Bus ist so nützlich wie … ach, das Ding ist einfach zu gar nichts nutze. Oh Gott, ich bin so müde, dass ich nicht mal eine gescheite Metapher auf die Reihe kriege. Ich hasse lange Zugfahrten, und ich hasse Mietautos. Ich schwöre, das Institut übertrifft sich selbst, um mich ganz und gar fertig zu machen. Können wir nicht wenigstens einmal eine Stretch-Limo kriegen? Mit Chauffeur und einer eingebauten Bar?«
»Träum weiter«, antwortete JC
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