Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
nur menschlich, meine ich. Irgendwie wurde ein Teil unserer DNS abgeschaltet, unterdrückt, an Ort und Stelle eingefroren. Statt das zu werden, was wir sein sollten, blieben wir auf halbem Weg stecken. Was wir als Menschheit kennen, war nur dazu gedacht, eine Stufe auf dem Weg zu etwas anderem zu sein. Aber jetzt hat ReSet dabei geholfen, zum Ziel dieses Wegs zu kommen! Alle Testobjekte sind am Ende der Entwicklung angekommen! Sie sind nicht mehr menschlich. Es sind die Neuen Menschen. Das sind sie. Nicht übermenschlich, nicht mehr als menschlich, sondern etwas anderes. Götter. Monster.«
Er hielt inne und stieß ein kurzes Lachen aus. Es klang traurig und bitter. »Das ist uns bestimmt. Götter und Monster zu sein. Intelligentes Design oder die Evolution, die zuletzt lacht? Wer weiß das schon. All unser Wissen und unsere Kultur waren ein Fehler, denn das, was uns bestimmt war, hätte sie nicht gebraucht.«
Er lachte wieder, und diesmal konnte er nicht mehr aufhören. Er wiegte sich auf seinem Stuhl vor und zurück und lachte sich selbst in den Wahnsinn.
Melody schaltete den Bildschirm ab. »Da ist noch mehr, aber ich glaube, das müssen wir nicht mehr sehen. Ich bezweifle, dass er mehr zu sagen hatte.«
»Also«, meinte JC. »ReSet hat also die Testobjekte umprogrammiert, ganz von vorn, und hat die, die nicht gestorben sind, in diese Neuen Menschen verwandelt. Was auch immer das heißen mag. Und sie sind immer noch hier, wahrscheinlich irgendwo über uns. Die, die diesen Prozess überlebt haben. Ich glaube, wir müssen rauf und uns mal mit ihnen unterhalten.«
»Ich wusste einfach, dass er das sagen würde«, sagte Happy. »Wusstet ihr nicht auch, dass er das sagt?«
»Und wen meinst du mit ›wir‹, Bleichgesicht?«, fragte Melody an JC gewandt. »Du hast doch den durchgeknallten Arzt gehört, Götter und Monster, in einem Aufwasch. Das klingt nicht gerade nach jemandem, zu dem man mal eben hingehen und mit dem man einen kleinen Plausch halten kann! Nenn mir einen guten Grund, warum wir raufgehen und mit diesen echt unheimlichen Neuen Menschen reden sollten?«
»Weil sie hinter allem stecken, das hier passiert«, erwiderte JC. »Darum haben wir die Antworten so leicht gefunden. Sie wollten, dass wir davon erfahren. Sei ehrlich, Melody – hättest du unter normalen Umständen diese Dateien so einfach öffnen können?«
»Nein«, gab Melody widerwillig zu. »Ich bin gut, aber nicht so gut.«
»Ich glaube nicht, dass wir gehen dürfen, bevor wir nicht alles durchgesehen haben«, sagte JC. »Wir sind zu einem bestimmten Zweck hier. Ich glaube, diese Neuen Leute wollen etwas von uns.«
»Warum von uns?«, klagte Happy. »Warum immer wir?«
»Vielleicht wollen sie uns tot sehen«, überlegte Melody. »Ist dir das mal in den Sinn gekommen?«
»Wenn sie dich umbringen wollten, dann wärst du schon tot«, sagte Kim. Alle sahen sie an. Sie zuckte mit den Achseln. »Das fühle ich eben.«
»Noch was, das du uns sagen willst?«, schnappte Happy.
Melody beugte sich zu ihm vor. »Reg das tote Mädchen nicht auf«, murmelte sie. »Willst du wirklich, dass ein Gespenst wütend wird auf dich?«
Kim überraschte alle damit, dass sie Happys Frage ernsthaft zu erwägen schien. Ihr Blick war in weite Ferne gerichtet. »Da versteckt sich jemand vor uns. Gar nicht weit weg.«
Sie alle sahen sich um, aber das Großraum-Laboratorium erstreckte sich offen vor ihnen, still und vollständig leer.
»Ist das alles?«, fragte JC.
»Für den Moment ja«, erwiderte Kim. »Ich bin nicht wie Happy. Ich sehe oder höre Dinge nicht wie er. Ich kriege nur Gefühle mit.«
»Ich fühle Dinge ebenfalls«, protestierte Happy.
»Natürlich tust du das«, sagte Melody. »Auf deine ganz besondere Weise.«
»Währenddessen sagten die Theoretiker …«, lenkte JC die Aufmerksamkeit unerbittlich zurück aufs Thema. »Irgendjemand hatte die Geisterhüllen unten in der Lobby unter Kontrolle. Könnten das diese Neuen Menschen gewesen sein? Und wenn sie es waren, waren sie auch verantwortlich für deren Tod?«
»Scheint, als hätten sie alle Forscher und Ärzte getötet und sogar ein paar von ihresgleichen«, meinte Melody. »Was bedeuten da schon ein paar Polizisten oder Sicherheitsleute?«
»Einen Moment mal«, sagte Happy. »Kim hat recht – da ist jemand hier in der Nähe bei uns.«
Wieder sahen sich alle um. Immer noch war nichts zu sehen. In dem offenen Büro konnte sich niemand unter dem hellen, fluoreszierenden Licht
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