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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Thema Leidenschaft je besonders zurückhaltend gewesen wäre. Sie war von jeher ein freier Geist, und während ihrer Reisejahre hatte es immer den einen oder anderen Gefährten gegeben. Aber jetzt, da Gracey nur noch ein Schatten ihrer selbst war, wirkte ihr derber Rat haarsträubend deplatziert.
    „Wie du schon erwähnt hast, Mama, sind wir beide sehr verschieden. Mir liegt daran, meine … Libido unter Kontrolle zu halten.“
    „Indem du sie in eine Zwangsjacke steckst, ja“, erkundigte sich Grace naserümpfend. „Bist du dir sicher, dass du das Richtige tust?“ Sie schien jetzt überhaupt nicht mehr verwirrt zu sein.
    „Was meinst du? Stört es dich, dass ich ohne Sex auskomme?“
    „Mir passt die Richtung nicht, die du deinem Leben gibst. Du bist nicht einmal dreißig Jahre alt und an den Arsch der Welt gezogen, um dich in diesem alten Haus kaputtzuschuften. Hier existieren keine brauchbaren Männer weit und breit, kein Kino, keine Buchhandlung. Es gibt nichts als Arbeit und diesen alten Kasten und eine Familie, um die du dich angeblich kümmern musst. Verdienst du kein besseres Leben?“
    „In New York sind mir auch keine brauchbaren Männer begegnet: Sie sind alle schwul oder verheiratet“, meinte Sophie. „Und ich finde dieses Leben tatsächlich ganz nett. Ich
möchte
mich um dich kümmern, Mama.“
    Grace schüttelte den Kopf. „Ich bin sechzig Jahre alt, Sophie, und noch kein Pflegefall. Ich denke, du solltest das alles verkaufen, weggehen und dein wahres Leben suchen.“
    „Ich würde keinen Käufer finden – nicht jetzt. Sobald ich bewiesen habe, dass der Laden laufen kann, könnte es Interessenten geben, aber im Moment hängen wir, fürchte ich, hier fest.“
    Grace’ Miene nahm langsam einen anderen Ausdruck an, als würde sich ihr Geist verschleiern. „Natürlich, Liebes“, murmelte sie tonlos. „Wenn du es so für das Beste hältst.“
    Wenn du es so für das Beste hältst.
Diese Worte hallten in Sophies Ohren nach, als sie auf die breite vordere Veranda hinaustrat. Über dem See war der Mond aufgegangen, und der Abend war klar und kühl. Die breite, neu gepolsterte und polierte Schaukel an der einen Seite übte eine magische Anziehungskraft auf sie aus; am liebsten hätte sie sich darauf zusammengerollt, die Hände unter den Kopf gelegt und in den Sternenhimmel gestarrt.
    Doch es gab Papierkram zu erledigen. Sie musste Brotteig ansetzen, der über Nacht im Kühlschrank gehen sollte. Sie hatte Wäsche zu waschen, Mahlzeiten vorzubereiten und eine Kolumne zu schreiben. Sie musste sich mindestens eine halbe Stunde den Kopf über Grace und Marty zerbrechen – und all das ohne eine Zigarette schaffen.
    Sie war nach Vermont gekommen, weil sie ihr Leben einfacher gestalten wollte. Weil sie sich auf das Grundlegende besinnen, sich ganz auf den jeweiligen Tag konzentrieren wollte. Wie, zum Teufel, war alles trotzdem so irrsinnig kompliziert geworden?
    Sie schaute zum Whitten-Haus hinüber. Von der Veranda aus konnte sie es hinter dem Wäldchen kaum ausmachen; nur ein schwaches Licht schimmerte zwischen den Bäumen hindurch. Irgendetwas an dem geheimnisvollen Mr. Smith kam ihr seltsam vor. Wenn er nach Colby gezogen war, um ganzjährig hier zu arbeiten, hatte er eine Riesendummheit begangen. Er würde nicht genügend Arbeit finden, um seinen Lebensunterhalt davon zu bestreiten. Und Mr. Smith kam ihr nicht gerade wie ein Dummkopf vor.
    Er kam ihr auch nicht wie ein Mr. Smith vor, um genau zu sein. Es musste mehr dahinterstecken, und im Gegensatz zu ihrer Mutter hatte Sophie ungelösten Rätseln noch nie viel abgewinnen können.
    Wahrscheinlich war es ganz einfach. Vielleicht hatte er als Kind hier Urlaub gemacht, oder ein Freund aus seiner Collegezeit stammte aus Colby. Das Städtchen war ein wohl gehütetes Geheimnis. Es hatte seine unberührte Schönheit nur bewahren können, weil der Zustrom an Touristen beschränkt war. Einige der Einheimischen hatten scherzhaft vorgeschlagen, an der Center Road einen Schlagbaum zu installieren, um die Zahl der Fremden zu begrenzen. Dass Sophie hergefunden hatte, war schieres Glück gewesen: Eine befreundete Schriftstellerin hatte ihr von dem Ort erzählt.
    Irgendwie hatte auch Mr. Smith seinen Weg nach Colby gefunden, ausgerechnet ins Whitten-Haus. Es konnte nicht so schwer sein herauszufinden, wer oder was ihn hierher geführt hatte, direkt vor ihre Haustür.
    Und sie war fest entschlossen, möglichst rasch dahinterzukommen. Dann würde sie ihre Zeit

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