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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nebenan und führte Regie«, sagte Soriano mit schwerer Zunge. »Immerhin: Wir können uns bis morgen um neun sinnlos besaufen. Dann kannst du nicht operieren, siehst nicht, wie man Loretta tötet und merkst auch nicht, wie man dich umbringt. Unsere Freunde sind humaner, als ich an ihrer Stelle gewesen wäre!«
    »Worthlow!« Volkmar rüttelte den trunkenen Soriano an der Schulter. »Das ist eine Idee! Worthlow wird das alles nicht einfach hinnehmen! Vor allem nicht Lorettas Verschwinden!«
    »Worthlow kann gar nichts tun! Man macht einen Finger krumm, und es gibt keinen Worthlow mehr. Wo sollte er Alarm schlagen? Bei Staatsanwalt Dr. Brocca? Per Telefon in Rom? Was soll er sagen: Dr. Soriano, seine Tochter Loretta und ihr Bräutigam Dr. Monteleone sind nicht zum Dinner nach Hause gekommen?! Na und? Werden sie eben in Palermo oder in Trapani essen. Und wird er deutlicher, hängt man ein. Irgendeiner gibt dann einen Wink – und pfiff. Nicht nur in Amerika benutzt man Schalldämpfer. Das weiß Worthlow ganz genau.«
    In der unendlich langen, für Volkmar mit quälenden Gedanken ausgefüllten Nacht lag Soriano auf dem Sofa und schlief. Er hatte noch fünf Kognaks getrunken, sich damit regelrecht betäubt, und war schließlich umgefallen. Volkmar hob Eugenios Beine auf das Sofa, öffnete ihm den Hemdkragen, zog die Krawatte herunter und ging dann im Zimmer auf und ab.
    Gegen drei Uhr morgens bekam er Besuch. Dr. Zampieri erschien in einer langen Gummischürze, blutbesudelt, die OP-Kappe noch auf dem Kopf. Sein Gesicht drückte seinen Triumph aus.
    »Das Kalb hat sein neues Herz, und es schlägt! Es ist mir nicht unter den Händen krepiert, wie Sie erwartet haben. Ich habe Handgriff auf Handgriff nach Ihrem Film gemacht. Meine Anerkennung! Und Ihre Herzaufhängung in den die Gefäße verbindenden Teflonprothesen … Genial! Es ist ein Jammer, daß ein so bedeutender Chirurg auch ein so großes Rindvieh ist! Das mußte ich Ihnen noch diese Nacht sagen!«
    »Warten Sie ab, ob das Kalb übermorgen auch noch lebt!« sagte Volkmar abweisend. »Es kommt auf die Nähte an.«
    »Weiß ich doch! Ihren Lehrfilm über die Gefäßnähte, diese fabelhaften Großaufnahmen, habe ich mir fünfmal vorspielen lassen. Ich glaube, mir ist's gelungen!«
    »Gratuliere. Dann können Sie morgen – nein heute – operieren …«
    »Nur ein Herz … das des Spenders.« Dr. Zampieri nahm seine OP-Kappe ab. Er schwitzte noch. »Die Transplantation machen Sie! Und wer der Herzspender sein wird, bestimmen auch Sie. Ein Bäckergeselle aus Salerno – Pietro Foco heißt der Junge – oder Loretta Soriano. Jetzt springen Sie mich nicht wieder an, Dottore! Ich kann doch nichts ändern. Ich habe doch auch nur meine Befehle! Glauben Sie, ich hätte mich zu dieser Aufgabe gedrängt? Ich hatte ein zufriedenes, gutes Leben als Oberarzt in Messina. Und plötzlich, gestern gegen Mittag, ruft man bei mir an und sagt: ›Mein lieber Luciano, wir haben deine liebe Frau und deinen Jungen in der Stadt getroffen. Sehen so blaß aus. Was ist los mit ihnen? Man muß ihnen helfen, haben wir gedacht, und haben sie gleich in Urlaub geschickt. Sie werden sich fabelhaft erholen! Über die Pensionskosten reden Sie am besten gleich mit … ‹ Und dann kam ein Name, der mich weich in den Knien werden ließ. Ich bin zuerst in die Kirche San Michèle und habe gebetet und eine Riesenkerze gestiftet und dann hin zu Don … Na, der Name ist Ihnen gleichgültig. Und da bekam ich den Auftrag. Das ist alles! Ich liebe meine Frau und vor allem meinen Sohn Franco. So, wie Sie Loretta lieben, und noch mehr, denn ich habe ja auch ein Kind! Es gibt also nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie operieren – oder einer von uns, samt Frau, wird sterben. Ich will das nicht sein! Dr. Volkmar, Heldentum ist doch eine einzige Scheiße, wenn man die Chance hat, sich zu drücken. Überlegen Sie das mal!«
    Dr. Zampieri holte ein Taschentuch aus seiner OP-Hose und schneuzte sich laut. Soriano erwachte davon nicht, sein Alkoholrausch war zu tief. Zampieri nickte zu dem Schlafenden hinüber.
    »Auch er wird mich hassen! Und dabei bin ich selbst ein Opfer.«
    »Wo ist Loretta?« fragte Dr. Volkmar.
    »Ich weiß es nicht. Ehrlich … auch wenn Sie mich anblicken wie ein Amokläufer. Ich weiß es wirklich nicht. Drei sehr gepflegte Herren haben sie in Empfang genommen und werden sie mir gegen acht Uhr heute morgen bringen, damit ich sie zur Operation vorbereite.«
    »Das werden Sie nicht tun, Zampieri!«

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