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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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rief Volkmar.
    »Ich will meine Frau und meinen kleinen Franco wiedersehen. Deshalb bin ich jetzt auch zu Ihnen gekommen, weg vom Kalb mit dem neuen Herzen. Dottore, glauben Sie, mir macht es Spaß, Ihrer Loretta die schöne Brust aufzuschneiden? Aber bleibt mir eine Wahl? Sie können sich als normaler Mensch kein Bild machen, wie man in der ›Organisation‹ denkt und fühlt!«
    »Ich habe es jetzt begriffen, Zampieri.«
    »Und bleiben trotzdem dabei, ein Held sein zu wollen, der sich und seine schöne Braut opfert, um reinen Gewissens durch die Pforten des Paradieses zu schreiten? Das ist doch Wahnsinn, Dr. Volkmar! Man zwingt mich, man zwingt Sie, und da gibt es keine Diskussionen mehr! Was wir tun müssen, ist für uns nur Notwehr, und die wird uns auch Gott einmal verzeihen. Das sage ich mir immer vor. So, und jetzt übe ich noch eine Stunde Gefäßnaht, um fit zu sein für den Fall, daß Sie wirklich zum Selbstmörder werden wollen.«
    Er winkte Dr. Volkmar mit der OP-Kappe zu und verließ das Zimmer. Vor der Tür saßen in drei Korbsesseln die Wächter, die Maschinenpistole zwischen den Beinen.
    Zampieri betrachtete sie, neigte den Kopf etwas zur Seite, und schwenkte seine blutbespritzte Gummischürze. »Ihr seht mir gut genährt und gesund aus«, sagte er ernst. »Ich werde beantragen, euch untersuchen zu dürfen. Vielleicht kann ich eure Herzen gebrauchen.«
    Die drei Wächter bissen die Zähne aufeinander. Zufrieden fuhr Dr. Zampieri mit dem Speziallift wieder hinunter in die betonierte Unterwelt, in den Tierkeller, wo jetzt, in breiten Lederschlaufen, das Kalb mit dem neuen Herzen hing. Es war aus der Narkose erwacht, die elektronischen Meßinstrumente tickten. Die Kurvenschreiber zeigten an: Das verpflanzte Herz arbeitete.
    Stolz betrachtete Zampieri das Kalb und strich ihm liebevoll über die warmen Nüstern. Im Hintergrund säuberten zwei Pfleger den großen Holztisch und den Kachelboden vom Blut. Der Wasserstrahl aus dem Schlauch zischte.
    »Heute um neun«, sagte Zampieri leise zu dem Kalb. »Mein liebes Tierchen, mir ist sauelend zumute …«
    Dr. Volkmar war doch noch eingeschlafen, neben dem schnarchenden Soriano in die Sofaecke gedrückt. Er wurde von dem Pfleger geweckt, der das Frühstück auf einem Servierwagen hereinrollte. Duftender starker Kaffee, frisches schneeweißes Brot, verschiedene Brötchen, Honig, Butter, Konfitüre, zwei Eier im Glas – aber die Bestecke aus Plastik. Als Waffe konnte man sie nicht benutzen.
    Sie denken an alles, stellte Volkmar fest. Das ist nur ein winziges Beispiel der Perfektion, durch die eine Verbrecherorganisation wie die Mafia so mächtig und unangreifbar werden konnte. Hier wird das Verbrechen zur Wissenschaft. Wie armselig träge und phantasielos arbeiten da die Behörden. Es stimmt genau, was Dr. Soriano oft gesagt hat: Niemand hat eine Chance gegen uns. Wir haben die besseren Waffen. Und vor allem: Wir haben unsere Intelligenz!
    Zehn Minuten vor neun stand Dr. Volkmar im Vorraum des OP-Traktes. Zwei Ärzte aus seinem früheren Team waren bei ihm, begabte Chirurgen, die ihn vom ersten Tag der Zusammenarbeit an bewundert hatten. Daß sie jetzt ihren Chef bewachen mußten, war ihnen nicht nur peinlich, sondern fast unerträglich. Sie vermieden es deshalb, mit Volkmar zu sprechen, und Volkmar unterließ es auch, sie zu fragen.
    Der Abschied von Dr. Soriano war nahezu erschütternd gewesen. Don Eugenio hatte Volkmars Hände umklammert und wieder zu weinen begonnen: »Ich flehe dich an«, hatte er gestammelt. »Bei allem Leid der Madonna: Rette Loretta! Operiere! Tu ihnen diesen Gefallen!« Und dann hatte er plötzlich Volkmars Hände geküßt, so schnell, daß dieser keine Zeit mehr hatte, sie zurückzureißen.
    Im Vorraum wartete, neben den Ärzten, auch ein dicker, vor Aufregung schwitzender Mann auf Dr. Volkmar. Er trug einen eleganten hellgrauen Maßanzug und auf dem runden, dicken Kopf einen gelben Panamahut. Das Doppelkinn verdeckte den Hemdkragen. Dr. Volkmar sah den Mann fragend an. Den kenne ich, dachte er. Aber woher? Wo ist er mir begegnet?
    »Dottore, ich bin hier, um die ganze Angelegenheit als Zeuge mitzuerleben. Das ist für mich widerlich. Völlig ausgeschlossen, daß ich am Bildschirm zusehen kann, wie Sie mit Herzen hantieren! Darum möchte ich vorher mit Ihnen sprechen. Mein Name ist Giacomo Pieve. Aus Catania.«
    »Ach! Natürlich, ich erinnere mich.« Volkmars Gedanken eilten zurück: Die Sitzung des Großen Rates im Haus Sorianos!

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