Das Haus der verlorenen Herzen
eintreffen, die von der Ära Volkmar keine Ahnung haben. Und sie werden ihr neues Herz kriegen – nach der Methode Volkmar!«
»Wie denn? Wer will das machen?«
»Ich!«
»Sie?« Volkmar blickte Dr. Zampieri an, als habe ein Schulkind gebeten, eine Magenresektion ausführen zu dürfen. »Überschätzen Sie nicht Ihre Möglichkeiten?«
»Überschätzen Sie nicht Ihre chirurgischen Fähigkeiten? Ich habe mich bisher nur oberflächlich informieren können, aber schon jetzt sinke ich keineswegs voller Ehrfurcht in die Knie vor Ihnen! Ich werde mir nachher Ihre Operationsberichte durchlesen und die hier gedrehten Filme von den Transplantationen ansehen. Wenn es dann noch nötig sein sollte, werde ich im Vivisektions-Keller eine Herztransplantation an einem Kalb vornehmen, jeden Handgriff synchron nach einem Operationsfilm von Ihnen. Und morgen früh um neun wird Mr. Lyonel McHartrog sein neues Herz bekommen – von mir!«
»Es wird ihn sehr beruhigen, daß er die Operation nicht überleben wird.«
»Ich bin ein guter Techniker, das wissen Sie noch nicht.«
»Sie sind ein aufgeblasener Widerling! Ein Mörder im weißen Kittel!«
Dr. Zampieris Gesicht begann wieder zu glühen, aber er mußte die Beschimpfung ertragen. Das hatte Volkmar richtig erkannt. Doch er konnte anders zurückschlagen, vernichtender als sein Gegner.
»Der Herzspender wird Signorina Loretta sein«, sagte er.
»Das glaube ich Ihnen nicht!« antwortete Volkmar. Seine Nasenflügel blähten sich. Während, hinter ihm, Soriano wieder aufstöhnte, wunderte er sich, wie ruhig, wie kalt er jetzt sein konnte. Ich pokere, dachte er. Ich pokere mit dem liebsten, was ich habe: mit Loretta. Das ist ungeheuerlich. Aber was bleibt mir anderes übrig, um sie zu retten? Ich muß sie ins Spiel setzen, um dieses tödliche Spiel zu gewinnen. Ein Mann und eine Frau allein gegen die Mafia – man kann es keinem übelnehmen, wenn er mich für verrückt hält.
»Ich beweise es Ihnen morgen um neun! Da liegt Ihre Braut nebenan auf dem Tisch.«
»Bitte!«
»Was?!« Dr. Zampieri starrte Volkmar an, dann glitt sein Blick hilflos zu Soriano. Der saß auf dem Sofa und hatte beide Hände vor das Gesicht geschlagen. Ein gebrochener Vater. »Was haben Sie da gesagt?«
»Legen Sie Loretta auf den Tisch! Das habe ich gesagt.«
»Ich lasse ihr Herz rausnehmen!« schrie Zampieri.
»Ich weiß. Sie haben es ja deutlich genug zu verstehen gegeben. Und ich werde dabeistehen und zusehen. So ist es doch geplant, nicht wahr? Nur eins wissen Sie noch nicht, Zampieri: Diese Drohung zieht nicht mehr! Ich bin zu einem Entschluß gekommen. Da es sinnlos ist, unter diesen Umständen zu leben, ist für Loretta und mich der Ausweg des Sterbens der einzige und der beste. Sie werden Loretta töten. Ich werde dafür sorgen, daß man auch mich liquidiert. Was bleibt übrig? Die Mafia muß die Klinik aufgeben, das große Geschäft mit den lebenden Herzen ist vorbei, bevor es noch richtig begonnen hat. Aufgrund der Erfolge, mit denen Ihre ›Werber‹ die Patienten herbeilocken, werden Ihre Anwartzimmer voll sein können. Aber keiner ist mehr da, der die Transplantationen ausführen kann! Das stille Millionengeschäft ist geplatzt. Pro Herz zwei Millionen Dollar? Welch eine fast mühelose Einnahmequelle! Millionen Dollar ohne nennenswerte Unkosten! Vorbei!« Dr. Volkmar lehnte sich in seinem Sessel zurück. Jetzt habe ich, in Gedanken, Loretta getötet, dachte er. Verzeih mir, Liebling … aber vielleicht rettet es dich. »Glauben Sie, Zampieri, das überleben Sie?«
»Der Gedanke kommt nicht von mir!« schrie Dr. Zampieri. »Den Einfall hatte schon Pietro Nardo!«
»Und wo ist Nardo jetzt? Armer Kerl! Ein Verbrecher, ein Mörder, gewiß … Aber ein guter Chirurg, ein intelligenter Arzt und Forscher, der ein anderes Leben – und Sterben verdient hätte! Im Gegensatz zu Ihnen! Sie sind ein eitler Affe!«
»Sie kennen mich doch gar nicht!« knirschte Zampieri in ohnmächtiger Wut.
»Warum auch? Ein Affe!«
»Morgen früh um neun reden Sie anders!« sagte Zampieri schwer atmend. »Ich schwöre es Ihnen: Ich werde ab sofort Ihre Methode üben, die ganze Nacht durch, um Ihnen zu beweisen …«
»Sie gottbegnadetes Genie!« Dr. Volkmar lachte. »In einer Nacht erlernen Sie das, wozu ich zehn Jahre brauchte?«
Dr. Zampieri sah ein, daß es sinnlos war, sich noch weiter anzukeifen. Er riß die Tür auf und verließ das Zimmer, mit einem Tritt schlug er sie wieder zu. Dr. Volkmars Anspannung
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