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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Rache für den Tod Luigis und nach der Umarmung des schönen Dottore. Wie es die alte Sitte verlangte, wollte sie dann das Bettuch zeigen, blutbefleckt: den Beweis ihrer Jungfräulichkeit. Aber nur Enrico allein sollte es sehen; dann wollte sie das Bettuch zusammenrollen und für alle Zeiten, bis zu ihrem Tode, aufbewahren wie eine Reliquie.
    So tat sie etwas Grausames: Dem Mann mit den zwanzigtausend Lire gab sie eine Ohrfeige, dem alten Kavalier mit der offenen Hose trat sie gegen das letzte Aufflackern seiner Zier. Gleichermaßen verfuhr sie mit einem Offizier, einem Koch und einem Heizer, der sich ihr faunisch von hinten näherte. In ihre winzige Kammer direkt über den stampfenden Maschinen schloß sie sich ein, preßte die Hände in ihren Schoß und sprach in der Dunkelheit mit Enrico. »Komm her –«, sagte sie. »Komm her, mein Wölfchen … Mach alles mit mir. Zerreiß mich! Ich gehöre ganz dir. Aber vorher, mein Liebling, laß mich noch den Mann töten, der Luigi aufgeschlitzt hat. Das bin ich uns allen schuldig.«
    So schlief sie dann ein. Die Hände zwischen den Schenkeln und durchdrungen von einer Wärme, die ihren ganzen Körper wohlig erschauern ließ.
    Der Gedanke, Enrico könne für sie unerreichbar sein, kam ihr nie. Warum auch? Sie war schön, sie war willig, sie war rein, sie war treu, sie war häuslich, sie konnte arbeiten und leiden, lieben und hassen, glücklich und demütig sein … Was wollte ein Mann noch mehr von einer Frau?
    Auf dem festlich gedeckten Dachgarten der Villa bei Solunto trug der Butler Worthlow in seiner weißen Uniform die Vorspeise auf: geeiste Melonenkugeln mit Königskrabben in einer ganz zarten Madeirasoße.
    Die Markise war heruntergelassen, die Laternen brannten, das Meer rauschte leise. Soriano und Volkmar trugen ihre weißen Smokings. Um sie herum leuchtete die Pracht des Dachgartens, schimmerte das Wasser des Pools im Licht der Unterwasserscheinwerfer, zirpten im Park die Zikaden, und im fernen Innenhof rumorten dumpf die Löwen.
    Loretta saß neben Volkmar und hielt seine rechte Hand fest. Der Schleier ihres langen, schwarzen Seidenhaares lag halb auf seiner Schulter, so nah war ihm ihr Körper in dem engen Kleid, das nur aus bunten Blüten zu bestehen schien. Daß ein Mensch so schön sein konnte, war unbegreiflich.
    »Ich hebe mein Glas auf ein Genie!« sagte Dr. Soriano. Worthlow hatte die Gläser mit goldgelbem Wein gefüllt. »Er ist eins, Loretta, er weiß es bloß selbst noch nicht.«
    »Aber ich weiß es.« Sie nahm ihr Glas, zupfte eine Rose aus ihrem Haar und ließ sie in den Wein fallen. Dann reichte sie das Glas Volkmar, und jetzt wäre jedes Wort von ihr zuviel gewesen.
    Er trank, die Rose blieb an seinen Lippen haften, und ihm war, als küsse er durch sie Lorettas Mund. Sein Blick streifte Sorianos Gesicht, das ausdruckslos wie eine Maske war.
    Als zwischen dem Hauptgericht und dem Dessert Don Eugenio zum Telefon gerufen wurde, waren sie endlich allein. Nur Worthlow stand im Hintergrund, er garnierte das Dessert.
    »Ich liebe dich«, sagte Volkmar leise.
    »Ich dich auch, Enrico«, antwortete sie ebenso leise.
    »Weißt du, was heute geschehen ist?«
    »Worthlow hat es mir erzählt.«
    »Kann man Worthlow vertrauen?«
    »Er ist der einzige hier, der nicht käuflich ist. Aber niemand weiß es.«
    »Wie sehr liebst du mich?« Er küßte ihre Hand. »Ich weiß, es ist eine kitschig dumme Frage. Aber sie muß sein.«
    »Ich liebe dich so, wie ich mir nie habe vorstellen können, daß man einen Menschen lieben kann.«
    Er umklammerte ihre schmale Hand. Die langen Nägel ihrer Finger schnitten in sein Fleisch. »Loretta, ich muß hier weg! Ich muß aus dem goldenen Käfig heraus. Was man hier plant, ist das Furchtbarste, was Menschen je erdacht haben! Ich habe noch keine Beweise, aber ich ahne es! Loretta, hilf mir! Ich muß hier weg!«
    »Ich helfe dir.« Sie küßte seine Hand. Im Nebenraum hörten sie Soriano sprechen. Er gab Befehle. Man hörte es am Klang seiner Stimme.
    »Ich bereite alles vor«, flüsterte Loretta.
    »Du willst mitkommen?« fragte er. Seine Kehle war zugeschnürt. – »Wohin du auch gehst«, sagte sie leise. »Und wenn es ins Nichts führte …«
    Soriano kam zurück. Worthlow trug das Dessert auf. Eisbombe à la Cardia: eine Eisplastik in Form eines Herzens. Soriano liebte makabre Scherze.
    Der Fischer Giovanni Responatore hatte eine schlimme Zeit hinter sich und eine noch schlimmere vor sich, aber das wußte er nicht. Anlaß war

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