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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fand ihn. Sie wurde ohnmächtig …«
    Das war feinfühlig ausgedrückt. Jeder geistvolle Mensch konnte daraus hören, wie die Leiche aussah. Auch Angela verstand den armen Polizisten, der nach diesen Worten gerungen hatte.
    »Wo ist er jetzt?« fragte sie leise.
    »Im – im Keller des Kommissariates, Signora.« Der Carabiniere nahm seinen Lederhelm ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wenn Sie mit uns kommen können. Zur Identifizierung. Sie wissen, das ist nötig. Sonst, sonst bleibt er ein unbekannter – unbekannter Toter.«
    »Ich habe seinen Wagen oben im Wald.«
    »Wir wissen. Wir fahren voraus. Können Sie fahren? Ich meine – nach dieser Nachricht …«
    »Natürlich fahre ich! Ich muß ihn sehen.« Sie ging an den Polizisten vorbei, hinauf zu Giovannis Hütte. Ihr Gang – aber dafür konnte sie nichts, er war nun einmal so, wie Recha ihn beschrieben hatte: Sie wiegte sich in den Hüften, und wer ihr nachblickte, als Mann, ließ seine Phantasie spielen.
    In der Hütte zog sie sich um, packte ihren Koffer, legte Giovanni einen Haufen Lirescheine auf den Tisch, ohne sie zu zählen, und sagte: »Leben Sie wohl, Giovanni. Alles Gute, Recha! Wir werden uns wohl nie wiedersehen!« Dann verließ sie die Familie Responatore. Und wunderbarerweise begann Recha zu weinen und begleitete Dr. Blüthgen bis zu dem Auto auf der Höhe im Pinienwald und winkte ihr so lange nach, bis der Wagen vom weiten Horizont aufgesogen wurde.
    »Bist du verrückt?!« schrie Giovanni, als Recha zurückkam.
    »Sie war eine gute Frau.«
    »Auf einmal?!«
    »Sie ist für immer weg! Eine gute Frau.«
    Es ist einfacher, von Haien zerrissene Netze zu flicken, als in die Abgründe einer Frauenseele zu blicken.
    Im Kommissariat von Cabras, einem uralten, gelbgestrichenen Haus mit schiefen grünen Schlagläden, in dem es immer muffig roch und dessen zwei Untersuchungszellen im Keller gefürchtet waren, weil hier der Schimmel an den Betonwänden hochkroch, empfing man Dr. Angela Blüthgen wie die Königin von Thailand. Der Kommissar küßte ihr die Hand, ein anderer höherer Offizier servierte Kognak, ein dritter Beamter in Zivil – er war der stellvertretende Bürgermeister, wie sich später herausstellte – brachte in einer großen geschnitzten Holzschale süßes sardisches Gebäck … Man tat also, mit südländischem Charme, alles, um Angela zunächst zu beruhigen, innerlich zu festigen, vielleicht sogar aufzuheitern. Sie nahm das alles ziemlich unbeteiligt hin und wartete nur darauf, den Toten zu sehen.
    Es ließ sich nicht länger hinauszögern: Die drei Beamten setzten eine Trauermiene auf, und der Kommissar entledigte sich seiner Verpflichtung, zunächst das Protokoll der Auffindung vorzulesen. Auch dabei entwickelte er unbehördlichen Charme: Er ließ die Beschreibung des Toten aus. Nur am Rande, gewissermaßen als Vorbereitung für die Identifizierung, erwähnte er, daß eine exakte Personenbestimmung vielleicht nur noch durch einen Gebißvergleich möglich sein werde. Ob es in Deutschland einen Zahnarzt gäbe, der Dr. Volkmar ständig behandelt habe?
    »Ja«, antwortete Angela gepreßt. »Dr. Weissner in München. Heinz war sehr genau mit seinen Zähnen. Jedes Vierteljahr ging er zur Kontrolluntersuchung.«
    »Sehr lobenswert!« Der Kommissar erhob sich. »Das hilft uns weiter. Möchten Sie Herrn Dr. Volkmar trotzdem sehen?«
    »Ja.« Sie warf den Kopf weit in den Nacken. Gott, gib mir Kraft, dachte sie. Ich möchte zu ihm sagen, zu dem, was von ihm übriggeblieben ist, daß ich ihn wirklich geliebt habe. Ich war das größte Schaf unter den Liebenden. Alles wäre nicht passiert, wenn ich anders zu ihm gewesen wäre. Dann hätten wir zusammen in Sardinien Urlaub gemacht. Er wäre nie ertrunken. So bleibt gerade das rätselhaft: Ein Mann, der wie Volkmar schwimmen konnte, ertrinkt in einem fast unbeweglichen Meer. – Man wird es nie erklären können.
    »Bitte!« Der Kommissar sah kurz die anderen Herren an. Der stellvertretende Bürgermeister verzichtete darauf, mit in den Keller zu gehen. Der Arzt hatte ihm 230 Blutdruck bestätigt. Aufregungen und Anblicke solcher Art konnten zu Komplikationen führen. »Ich möchte nur noch sagen, Signora …«
    »Ich bin Ärztin, Herr Kommissar!«
    »Trotzdem.«
    »Ich habe auf Unfallstationen gearbeitet, bis ich mich spezialisierte für Innere Medizin.«
    »Der vorliegende Fall …«
    »Ich habe auch obduziert, Herr Kommissar. Bitte!«
    Der Kommissar hob hilflos die Schulter und

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