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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Dr. Angela Blüthgen, die der Polizeikommissar in Giovannis Hütte eingewiesen hatte. Aber nicht ihre Anwesenheit brachte den bisher so ruhigen Haushalt durcheinander, denn sie ging meistens am Strand spazieren, sondern Recha, ausgerechnet Recha, Giovannis Frau, der man nicht viel mehr zutraute, als daß sie Fische entschuppen und braten konnte, entdeckte in sich, nach fünfunddreißig Ehejahren, den Urinstinkt der Eifersucht.
    Nicht daß Dr. Blüthgen dazu Anlaß gab – um so etwas Wahnsinniges auszuschließen, brauchte man nur Giovanni Responatore anzusehen –, aber Giovanni, von Rechas Reizen wirklich nicht verwöhnt, sah Angela einmal im Badeanzug am Meer und war von dieser Stunde an das Opfer einer ihm unerklärlichen Hormonrevolution.
    Er flickte seine Netze jetzt mit einer nie gekannten Hingabe, deckte den wackeligen Holztisch mit einer Papierserviette (er hatte hundert Stück aus dem Kaufhaus von Cabras geholt, bezahlt von der ersten Miete), er putzte sogar die Gläser, aus denen sie den Wein tranken, mit einer Bürste, die an einem biegsamen Drahtstiel befestigt war (auch aus dem Kaufhaus von Cabras) und nannte Recha eine alte Drecksau, wenn sie in verletztem Hausfrauenstolz fragte, warum man plötzlich sauberer sein müßte als beispielsweise das Krankenhaus von Oristano, wo sie vor dreiunddreißig Jahren eine Fehlgeburt gehabt hatte.
    »Das ist eine Dame!« schrie der Fischer. »Eine deutsche Ärztin. Die trinkt keine Ziegenmilch aus der Zitze!«
    »Aber ihre Zitzen bringen dich um den Verstand, du alter Bock, was?« schrie Recha zurück. »Wenn sie am Strand mit dem Arsch wackelt, mit den Brüsten schaukelt, dann stehst du geil hinter deinen Netzen und hakst dich in die Maschen fest. He?«
    Sie war eben ein ordinäres Weib, diese Recha Responatore. Der schöne Name paßte gar nicht zu ihr. Aber Giovanni ertrug es mit großer innerer Kraft, fischte aus einer kleinen Felsenwanne herrliche Calamaris aus dem Meer und zeigte Dr. Blüthgen, daß man die Fangarme auch roh aussaugen konnte – was sie gar nicht mochte –, oder er fischte einen Haufen Seeigel, die, im schwimmenden Fett gebacken, wie zu Kugeln geschnittene Pommes frites schmeckten. Das beste aber waren seine frischen Langusten und ein Fisch, dessen Name Angela nie verstand, ein langer, schmaler Fisch mit silberschuppigem Leib und spitz zulaufendem Maul, einem Hecht ähnlich, auf jeden Fall ein Raubfisch, der kaum Gräten hatte und völlig weißes Fleisch, das wie ganz zartes Kalbfleisch schmeckte. Dieser Fisch in einer einfachen Buttersoße mit frischen Kräutern, dazu warmes, noch dampfendes Weißbrot, das Recha selbst in einem uralten Steinofen hinter der Hütte buk – was gab es Köstlicheres zu einem Glas mit dunkelrotem Landwein?
    Auch wenn Dr. Blüthgen aß, sah ihr Giovanni begeistert zu. Welche Kultur! Wie sie Messer und Gabel hielt, wie sie den Löffel zu den geschminkten Lippen führte, wie sie mit ihren schönen Händen das dampfende Brot brach – es war ein Genuß, ihr zuzusehen. Recha schmatzte und rülpste zwischendurch, kratzte sich zwischen zwei Bissen an der Brust – und die konnte sich sehen lassen wie zwei ausgereifte Kürbisse – und saß breitbeinig am Tisch, als solle das Essen, das sie oben hineinschaufelte, sofort wieder aus ihr herauslaufen. Wen wundert es, daß jedesmal, wenn Angela Blüthgen am Strand spazieren ging, im Hause der Responatores der Teufel los war, Recha wie eine Furie wütete und ihren Giovanni mit den unanständigsten Namen belegte.
    Das änderte sich, als zwei Carabinieri auf ihren schweren Maschinen bei Giovanni erschienen, die fürchterlich knatternden Motoren abstellten, die Lederhelme abnahmen und ins Haus traten. Recha putzte gerade die alten Dielen, auf die Giovanni seit zwei Tagen nicht mehr spuckte, was er doch siebenunddreißig Jahre lang getan hatte, und Giovanni selbst nahm die weißfleischigen Fische aus, die er im Morgengrauen schon gefangen hatte. Dr. Blüthgen ging wieder am Meer spazieren … Im Augenblick saß sie im Sand, vor der Sonne geschützt durch einen breitkrempigen Strohhut, den Körper nur mit einem bunten Bikini bedeckt. Giovanni hatte bei diesem Anblick tief aufgeseufzt.
    »Wir haben ihn gefunden«, sagte einer der Carabinieri und setzte sich. Er war dankbar, daß Recha schneller als Giovanni reagierte, eine Korbflasche Wein und vier Tonbecher auf den Tisch stellte und einschenkte. Er trank mit einem Schluck den Becher leer, und auch der andere Polizist hatte etwas

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