Das Haus des Windes
Mein Freund hat gesagt, es wäre Pueblo-Medizin. Ich habe wegen seiner Probleme mit so einer Navajo-Braut für ihn gebetet. Cappy, hol mal das Glas.
Du kannst mir nichts befehlen.
Okay. Bitte, kleiner Bruder, sei so nett, weil wir alle arschnackt und traumatisiert sind, und hol uns das Glas.
Cappy ging raus. Er kam zurück. Auf dem Glas klebte ein Etikett.
Randall, sagte Cappy, das Wort Medizin steht da in Anführungszeichen.
In dem Glas war ein bräunliches Pulver, das nicht besonders stark roch – nicht so wie Osha-Wurzel oder Wiikenh oder Kinnikinnick. Randall hielt das Glas hoch und runzelte die Stirn. Er schnupperte daran wie ein Weinkenner. Dann leckte er seinen Finger an, tauchte ihn in das Pulver und steckte ihn in den Mund. Sofort schossen ihm Tränen in die Augen.
Aah! Aah! Er streckte die Zunge raus.
Chilipulver, sagten die anderen. Extrascharfer Pueblo-Chili! Sie sahen Randall zu, wie er durchs Zimmer tanzte.
Mann, guckt euch mal die Beinarbeit an.
Wir sollten ihm beim nächsten Powwow auch mit Pueblo-Medizin einheizen!
Auf jeden! Sie tranken Wasser in großen Schlucken. Randall drehte den Hahn auf und hielt seine Zunge unter den Wasserstrahl.
Randall hat diese Medizin auf die Steine getan, sagte Skippy, und als er dann Wasser drübergekippt hat, ist der Scheiß verdunstet, Mann, voll in unsere Augen, und wir haben ihn eingeatmet!Es hat höllisch gebrannt. Wie konnte Randall uns so was antun, Mann?
Alle sahen zu Randall rüber, wie er mit der Zunge unter dem Wasserhahn hing.
Wenn er sich wenigstens mal anziehen würde, sagte Chiboy Snow.
Die Tanten fielen uns erst wieder ein, als wir sie wegfahren hörten. Wir guckten raus. Sie hatten zwei Tüten frisches Frybread auf der Auffahrt stehen lassen. Das Fett malte filigrane Fleckenmuster auf das bräunliche Papier.
Wenn ihr unsere Klamotten holt, sagte Skippy, und das Essen reinbringt, bezahl ich euch dafür.
Wie viel?, fragte Cappy.
Zwei pro Nase.
Cappy sah mich an. Ich zuckte mit den Schultern.
Wir holten ihr Zeug, und als wir alle dahockten und aßen, kam Randall und setzte sich neben mich. Sein Gesicht war zerfurcht und rau wie die der anderen. Seine Augen rot und geschwollen. Randall war schon fast mit dem College durch. Manchmal redete er mit mir wie ein Sozialarbeiter und manchmal wie mit einem kleinen Bruder. Diesmal war er der vertraute, familiäre Randall. Seine Jungs lachten beim Essen schon wieder. Sie hatten ganz vergessen, sauer auf ihn zu sein, und fanden die ganze Geschichte saukomisch.
Joe, sagte er, ich hab da drin was gesehen.
Ich stopfte mir eine Gabel Hackfleisch in den Mund.
Ich hab was gesehen, sagte er wieder und klang ehrlich beunruhigt. Das war vor der ganzen Sache mit dem Chilipulver. Ich hab für deine Familie gebetet und auch für meine Familie, und plötzlich habe ich gesehen, wie ein Mann sich über dich beugt, vielleicht ein Polizist oder so, wie er auf dich runterguckt, mit einem weißen Gesicht und ganz tiefliegenden Augen. Um ihn rum war ein silberner Lichtschein. Seine Lippen haben sich bewegt, als ob er redet, aber ich konnte nichts verstehen.
Wir schwiegen beide. Ich hörte auf zu essen.
Was soll ich jetzt machen, Randall?, fragte ich leise.
Wir legen beide Tabak nieder, sagte er. Und vielleicht solltest du mal mit Mooshum reden. Ich hatte ein ganz mieses Gefühl dabei, Joe.
* * *
Meine Mutter kochte die ganze Woche über jeden Tag und schaffte es sogar vor die Tür: Sie setzte sich in einen klapprigen Gartenstuhl, kraulte Pearl und starrte in die Traubenkirschen, die unsere Grundstücksgrenze markierten. Mein Vater verbrachte so viel Zeit wie möglich zu Hause, aber ab und zu musste er unabgeschlossene Angelegenheiten regeln. Außerdem traf er sich jeden Tag mit der Stammespolizei und redete mit dem FBI-Agenten, der auf den Fall angesetzt worden war. Einmal fuhr er bis nach Bismarck, um sich mit dem Staatsanwalt Gabir Olson zu treffen, einem alten Freund von ihm. Bei vielen Sexualverbrechen gegen indianische Frauen gab es das Problem, dass der Bundesstaatsanwalt den Fall aus dem einen oder anderen Grund gar nicht erst vor Gericht brachte, meistens wegen der vielen bedeutenderen Fälle. Das wollte mein Vater verhindern.
So vergingen die Tage in diesem Zustand falscher Ruhe. Am Freitagmorgen erinnerte mein Vater mich daran, dass er meine Hilfe brauchen würde. Ich verdiente mir öfter ein paar Dollar hinzu, indem ich nach der Schule zu ihm ins Büro radelte und »das Gericht für das
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