Das Haus des Windes

Titel: Das Haus des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Erdrich

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Schmerz, dass er Nanapush trotz seiner Verzweiflung erschütterte.
    Alte Büffelfrau, ich mag dich nicht töten, sagte Nanapush, denn du hast es mit viel Mut und Verstand geschafft zu überleben, obwohl dein ganzes Volk vernichtet worden ist. Du musst unsichtbar gewesen sein. Aber andererseits hast du, weil du die einzige Hoffnung für meine Familie bist, vielleicht nur auf mich gewartet.
    Nanapush sang noch einmal das Lied, weil er wusste, dass die Büffelkuh es hören wollte. Als er fertig war, erlaubte sie es ihm, direkt auf ihr Herz zu zielen. Die alte Frau sank zu Boden, noch immer mit dieser Trauer in ihrem Blick, und Nanapush brach neben ihr erschöpft zusammen. Eine Weile später rappelte er sich hoch und senkte sein Messer in ihren Bauch. Ein Schwall von blutsüßem Dampf weckte seine Lebensgeister, und er machte sich rasch an die Arbeit, riss die Gedärme heraus und säuberte den Brustkorb des Tieres. Währenddessen kaute er rohe Fetzen der Leber und des Herzens. Trotzdem zitterten ihm die Hände, und die Beine sackten ihm weg. Er wusste, dass er nicht klar denken konnte. Dann kam der Schnee. Das blinde Heulen griff nach ihm. Ein Jäger, der auf der Prärie in einen tödlichen Sturm gerät, kann sich aus einer sauber entfleischten Büffelhaut einen Unterschlupf bauen, aber in das tote Tier hineinzukriechen ist gefährlich. Das weiß jeder. Aber im Delirium, vom Schnee geblendet und von der Wärme angezogen, kroch Nanapush dennoch in das Aas hinein. Kaum dass er drin war, wurde ihm schwindlig vor Behagen. Mit seinem vollen Bauch, von Wärme eingeschlossen, fiel er in Ohnmacht. Und in dieser Ohnmacht wurde er selbst zu einem Büffel. Die Büffelkuh adoptierte ihn und lehrte ihn alles, was sie wusste.
    Natürlich musste Nanapush, als der Sturm vorüber war, feststellen, dass er an den Rippen der Büffelkuh festgefroren war. Kaltes Blut hielt ihn in ihrem Körper fest. Nanapush hatte seinGewehr mit hineingenommen und so gehalten, dass er es abfeuern konnte, also konnte er sich ein Luftloch schießen, auch wenn der Knall ihm noch tagelang in den Ohren dröhnte. Es gelang ihm nicht, das Gewehr noch einmal zu benutzen. Er konnte nur den Lauf durch das Loch schieben, um es offen zu halten, und warten. Um den Mut nicht zu verlieren, sang er sein Lied.
    Als der Sturm vorüber war, ging seine Mutter ihn suchen. Sie hatte überlebt, indem sie ein Stachelschwein aus einem Baum geschüttelt hatte. Das hatte sie voller Zärtlichkeit getötet und die Stacheln in sein Fleisch eingebrannt, um das Beste aus ihrer Mahlzeit herauszuholen. Sie war aufgebrochen, als der Schneefall nachließ. Sie hatte sogar einen Toboggan gebaut, falls er verletzt war oder im besten Fall ein Tier erlegt hatte. Bald entdeckte sie die dunkle, zottige Gestalt, die halb aus dem Schnee herausragte. Mit dem Toboggan im Schlepptau rannte sie darauf zu, aber als sie das Tier erreichte, wurden ihr die Knie weich, so erschrocken war sie, denn der Büffel sang das Lied, das der Fisch sie gelehrt hatte. Dann klärten sich ihre Gedanken, und sie musste lachen. Sie begriff sofort, wie ihr dummer Sohn sich eingesperrt hatte. So kam es, dass Akii Nanapush freihackte, ihn auf den Toboggan schnallte und in den Wald zurück verfrachtete. Dort baute sie einen Unterstand und machte Feuer, um ihn wieder aufzutauen. Dann gingen sie mit dem Toboggan viele Male hin und her, um jedes Stückchen Büffelfleisch zu ihren Verwandten zu bringen.
    Als die Männer von der Frau, die sie hatten töten wollen, Fleisch bekamen, und von ihrem Sohn, der sie beschützt hatte, schämten sie sich. Sie war großzügig, aber ihre Kinder nahm sie zu sich und kehrte nicht zu ihrem Mann zurück.
    Viele Menschen verdankten ihr Leben dieser alten Büffelkuh, die sich Nanapush und seiner unverwundbaren Mutter hingegeben hatte. Nanapush selbst sagte später, jedes Mal, wenn er über die Verluste trauerte, die er im Laufe seines Lebens wieder und wieder erleiden musste, hätte Großmutter Büffel zu ihmgesprochen und ihn getröstet. Die Büffelkuh wusste, was mit Nanapushs Mutter passiert war. Sie sagte, die Wiindigoo-Gesetze sollten mit größter Sorgfalt angewendet werden. Ein Bauwerk sollte errichtet werden, das den Menschen helfen würde, ihre Angelegenheiten gut zu regeln. Sie sagte noch vieles mehr und brachte es Nanapush bei, so dass er mit den Jahren in all seiner Dummheit ein weiser Mann werden sollte.
    * * *
    Mooshum kippte hintenüber, seufzte tief und begann leise rasselnd zu