Das Haus des Windes
Kinder weinten, und ein alter Mann kochte Streifen von seiner Elchlederhose, damit sie etwas zu kauen hatten.
Während dieser Zeit ging Akii jeden Tag auf die Suche und kam immer mit irgendeiner Kleinigkeit zurück. Sie hackte ein Loch ins Eis, und sie und ihr Mann hielten es unter großen Mühen Tag und Nacht offen, so dass sie dort angeln konnte, bis schließlich ein Fisch anbiss, der zu ihr sagte: Mein Volk wird jetzt schlafen, und ihr müsst verhungern. Tatsächlich erwischte sie von dem Tag an keine Fische mehr. Sie bemerkte, wie Mirage sie seltsam ansah, und blickte ebenso seltsam zurück. Er achtete beim Schlafen darauf, dass die Kinder hinter seinem Rücken lagen, und hatte seine Axt immer griffbereit. Er hatte Akii satt, deshalb tat er so, als könne er es kommen sehen. In diesen hungrigen Zeiten verfielen manche Menschen in Besessenheit. Ein Wiindigoo warf dann seine Seele in den Menschen hinein. Der Mensch wurde zu einem Tier und sah seine Mitmenschen als Beute an. Genau das geschah mit ihr, hatte der Ehemann beschlossen. Er bildete sich ein, ihre Augen im Dunkeln leuchten zu sehen. Was man dann tun musste, war, diesen Menschen sofort zu töten. Aber nicht bevor man sich untereinander einig war. Man tat es nie allein. Es gab bestimmte Regeln für das Töten eines Wiindigoo.
Mirage versammelte einige Männer um sich und redete ihnen ein, Akii würde immer stärker und werde bald nicht mehr zu bändigen sein. Sie habe sich in den Arm geschnitten und ihr Baby das Blut trinken lassen, damit es auch ein Wiindigoo würde. Sie starre ihre Kinder an, als wolle sie sich jeden Moment auf sie stürzen, und lasse sie nicht aus den Augen. Und als sie sie dann fesseln wollten, wehrte sie sich. Sechs Männer brauchte es, und sie wurden übel zugerichtet dabei, gebissen und verbeult. Eine andere Frau nahm die Kinder mit, damit sie nicht sehensollten, was passieren würde. Eins aber, der älteste Sohn, musste bleiben. Ein Wiindigoo konnte nur von einem Blutsverwandten getötet werden. Wenn ihr Ehemann Akiikwe tötete, würde ihre Familie Rache üben. Eines ihrer Geschwister hätte es tun können, aber sie weigerten sich. Also bekam der Junge ein Messer in die Hand gedrückt und sollte seine Mutter töten. Er war zwölf Jahre alt. Die Männer wollten sie festhalten. Er sollte ihr die Kehle durchschneiden. Der Junge weinte, aber man sagte ihm, er müsse es trotzdem tun. Sein Name war Nanapush. Die Männer drängten ihn, seine Mutter zu töten, versuchten ihm Mut zuzureden. Aber er wurde wütend. Er trieb sein Messer in einen der Männer, die seine Mutter festhielten. Der Mann trug einen Fellmantel, und die Wunde war nicht tief.
Ah, sagte seine Mutter, du bist ein guter Sohn. Du wirst mich nicht töten. Du bist der Einzige, den ich nicht essen werde! Dann wehrte sie sich so heftig, dass sie sich aus dem Griff der Männer befreien konnte. Aber die Männer warfen sie zu Boden.
Er, Nanapush, wusste genau, dass sie nur damit gedroht hatte, die Männer aufzuessen, weil sie so gequält wurde. Sie war ihren Kindern eine gute Mutter und hatte ihnen beigebracht, wie sie leben sollten. Jetzt fesselten die Männer sie. Ihr Ehemann band sie an einen Baum, damit sie erfrieren oder verhungern sollte. Sie schrie und stemmte sich gegen die Fesseln, dann wurde sie still. Die Männer dachten, sie müsse schwächer geworden sein, und ließen sie über Nacht allein. Aber dann kam der Chinook-Wind, und die Luft wurde mild. Sie aß von dem Schnee. In diesem Schnee muss Gutes gewesen sein, denn sie öffnete mit ihren starken Händen die Knoten und legte die Fesseln ab. Sie ging davon. Ihr Sohn kroch aus dem Zelt und beschloss, mit ihr zu gehen, aber sie wurden verfolgt und eingeholt, als sie den See erreichten. Wieder fesselten die Männer sie.
Jetzt vergrößerte Mirage das Loch, in dem Akii vor kurzem noch selbst geangelt hatte, wo das Eis dünn war. Die Männer beschlossen, sie alle gemeinsam ins Wasser zu stoßen, damit keinervon ihnen die Schuld auf sich nehmen musste. Sie verstärkten die Fesseln und banden ihr diesmal einen Stein an die Füße. Dann schoben sie sie durch das Loch ins eiskalte Wasser. Als sie nicht wieder hochkam, gingen sie fort, bis auf ihren Sohn, der nicht mitgehen wollte. Er setzte sich auf das Eis und sang ihr Totenlied. Als der Vater vorüberkam, bat der Sohn ihn um sein Gewehr und sagte, er wolle die Mutter erschießen, falls sie herauskam.
Vielleicht konnte sein Vater in dem Moment nicht klar denken, denn er
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