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Das Haus Zeor

Das Haus Zeor

Titel: Das Haus Zeor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Lichtenberg
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Hrel und Klyd getan hatte.
    Er ordnete die Körper auf seinem Blatt an, maß sorgfältig ab und balancierte die Perspektive aus, ein Hauch von Farbe hier und ein Schatten dort, ein sorgfältig plaziertes Schlaglicht, ein zartdünnes Verwischen an den Rändern, das allmählich zu einer fast schmerzhaft grellen, gestochenen Schärfe um jene verschlungenen Tentakel zusammenstrebte.
    Die Kleider zeichnete er mit fotografischer Genauigkeit, wobei er betonte, wie sehr sie für freie Beweglichkeit geeignet waren, während er dem durchgeführten Transfer-Akt Anmut und eine gewisse Eleganz verlieh. Schließlich kam er zu der Detailarbeit an den Tentakeln. Er nahm einen Skizzenblock und näherte sich dem Paar zur genaueren Betrachtung.
    Die leeren Tentakelscheiden bildeten geriffelte Linien vom Ellenbogen zum Handgelenk. Die lockere Haut der leeren Scheiden wies eine leichte Wölbung auf, die etwa zur Mitte hin eine Drüse zu sein schien. Von den Öffnungen am Handgelenk erstreckten sich die Tentakel des Kanals denen des Simes entgegen. Valleroy merkte sich sorgfältig, um wie vieles exakt kleiner die feuchten, rosagrauen Seitlichen im Vergleich zu den kräftigen, trockenhäutigen Hinteren und Vorderen waren.
    In seinem Geist konnte er diese Linien in ein Kraft-Diagramm aufgelöst sehen, so fein ausgewogen, wie es kompliziert war. Die hinteren und vorderen Führungstentakel umfaßten sich und erstarrten, um die freiliegenden Seitlichen vor einem plötzlichen Auseinandergehen zu schützen. Valleroy konnte sich jetzt vorstellen, wie verwundbar sich ein Sime fühlen mußte, wenn diese nervenreichen Seitlichen ausgefahren waren. Er sah es an dem fast nicht wahrnehmbaren Zittern des weichen, rosaroten Fleisches. Und doch waren diese Organe die tödlichste Überlebensausstattung, die ein Spezies auf dem Angesicht der Erde je besessen hatte.
    Darin lag ein Gegensatz, der Valleroy in einem Fieber der Einsicht an sein Brett zurückeilen ließ. Gerade die Quelle der Kraft des Simes war seine größte Schwäche. Das war die Botschaft, die diese verschlungenen Tentakel übermitteln mußten!
    Er arbeitete mit einer zunehmenden Erregung. Alle paar Augenblicke erhob er sich, umrundete die Modelle, besah sie genau, maß ab und studierte. Ungeachtet der Zerstörung, die er anrichtete, kletterte er über den Hintergrund, um einen neuen Blickwinkel zu bekommen, eilte an sein Brett zurück und fügte die präzise Nuance hinzu, die ihm aufgefallen war. Dies tat er immer und immer wieder, ohne das Vergehen der Zeit zu bemerken, ohne auf die Ermüdung der Modelle zu achten, ohne seine eigene Erschöpfung zu berücksichtigen.
    Schließlich, fast zufrieden damit, daß er alles erreicht hatte, was er hatte erreichen wollen, stieg er müde über die durcheinandergebrachten Tücher, um diese freiliegenden Seitlichen ein letztes Mal zu überprüfen.
    Ohne Vorwarnung brüllte Klyds Stimme von der Studiotür her: „Hugh!“
    Erschrocken fuhr Valleroy hoch. Sein Fuß verhedderte sich in einer Falte der Drapierung und riß ihn aus dem Gleichgewicht. Er stolperte, seine Arme droschen durch die Luft.
    Mit surrealistischer Langsamkeit stürzte er auf das Modell. Ein feuchter Seitlicher streifte sein Gesicht und hinterließ auf seiner Stirn eine kribbelnde Spur. Dann schlug sein Kopf auf der Kante des konturierten Sofas auf. Vorübergehend wurde es schwarz um ihn. Als sich sein Blick wieder klärte, lag er auf dem Rücken, Zinters Beine wirbelten über seinem Kopf, und Enams Gesicht raste, zu einer wilden Grimasse verzerrt, auf ihn zu!
    Sime-Tentakel schlugen sich um seine Handgelenke, stählerne Bänder, die tief und mit einer seltsamen Intensität, die er nie zuvor gespürt hatte, in das Fleisch schnitten. Die feuchten Seitlichen glitten um seine Arme und sensibilisierten seine Haut in heißen Streifen. Gerade als er merkte, daß dies der Angriff eines Killers war, mischte sich ein anderes Paar Sime-Arme ein!
    Der Angreifer wurde zurückgerissen. Valleroy schüttelte noch einmal den pochenden Kopf, um seinen Blick zu klären. Klyd war es, der ihn gerettet hatte. Zinter lag als benommener Haufen am Boden, als wäre er von Enam dorthin geworfen worden. Jetzt stand Klyd Enam gegenüber und band seine Tentakel in einem sicheren, schützenden Griff. „Ich werde dir gerne dienen, Enam, doch meinen Gefährten muß ich für mich selbst reservieren. Ohne ihn kann ich nicht funktionieren.“
    Enam wehrte sich schwach gegen den Griff des Kanals und dabei knirschte er:

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