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Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose

Titel: Das Haus zur besonderen Verwendung - Boyne, J: Haus zur besonderen Verwendung - The House of Special Purpose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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natürlich auch Kinder haben. Wunderschöne Kinder, einen ganzen Stall voll, Jungen und Mädchen. Und du wirst ihnen ein Onkel sein, Georgi. Würde dir das gefallen?«
    »Sicher«, erwiderte ich, obwohl ich spürte, wie ich eifersüchtig wurde angesichts der Vorstellung, meine wunderschöne Schwester mit jemand anderem teilen zu müssen, selbst wenn es sich dabei um einen Prinzen von königlichem Geblüt handeln mochte.
    »Eines Tages …«, sagte sie mit einem Seufzer und starrte ins Feuer, so als könnte sie in den Flammen Bilder ihrer glorreichen Zukunft aufflackern sehen. Natürlich war sie damals auch nur ein Kind. Ich frage mich, ob sie Kaschin tatsächlich hasste oder ob sie sich bloß nach einem besseren Leben sehnte.
    Es stimmt mich traurig, wenn ich mir diese Unterhaltung nach so langer Zeit vergegenwärtige. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich daran denke, dass sich die Träume meiner Schwester nie erfüllt haben. Denn es war nicht Asja, die es nach St. Petersburg und ins Winterpalais schaffte. Es war nicht sie, die erleben durfte, wie man sich inmitten der verführerischen Macht von Reichtum und Luxus fühlte.
    Nein, ich war derjenige. Ich, der kleine Georgi.
    Mein engster Jugendfreund war ein Junge namens Kolek Borisowitsch Tanksi, dessen Familie seit ebenso vielen Generationen in Kaschin lebte wie meine. Wir hatten vieles gemeinsam, Kolek und ich. Wir waren nur um wenige Wochen voneinander getrennt geboren worden, im Spätfrühjahr 1899. Wir verbrachten unsere Kindheit, indem wir gemeinsam im Schlamm spielten, jeden Winkel unseres kleinen Dorfes erkundeten und uns gegenseitig die Schuld in die Schuhe schoben, wenn einer unserer mutwilligen Streiche ins Auge gegangen war. Wir waren beide von Schwestern umringt – ich hatte nur drei am Hals, während Kolek gleich mit der doppelten Anzahl gestraft war.
    Und wir hatten beide Angst vor unseren Vätern.
    Mein Vater, Daniil Wladjewitsch, und Koleks Vater, Boris Alexandrowitsch, kannten sich von Kindesbeinen an und hatten in ihrer Jugend vermutlich genauso viel Zeit miteinander verbracht wie ihre Söhne dreißig Jahre später. Beide waren sie leidenschaftliche Männer, etwa im gleichen Maße von Bewunderung und Abscheu erfüllt, doch in ihren politischen Ansichten unterschieden sie sich erheblich.
    Daniil ließ nichts auf sein Geburtsland kommen. Er war patriotisch bis zur Verblendung, fest davon überzeugt, der Mensch habe keine andere Bestimmung, als den Befehlen des Boten Gottes auf Erden, des Zaren von Russland, zu gehorchen. Sein Hass, sein Groll gegen mich, seinen einzigen Sohn, war jedoch ebenso unverständlich wie irritierend. Vom Tage meiner Geburt an behandelte er mich mit Geringschätzung. Mal war ich ihm zu schmächtig, mal zu schwach, dann wieder zu schüchtern oder zu dumm. Natürlich trachteten die Landarbeiter danach, sich fortzupflanzen, und deshalb ist es mir ein Rätsel, warum mein Vater mich als eine solche Enttäuschung ansah, nachdem er doch schon zwei Töchter gezeugt hatte. Trotzdem hackte er in einem fort auf mir herum. Da ich nie etwas anderes kennengelernt hatte, wäre ich womöglich in dem Glauben aufgewachsen, dass alle Väter so mit ihren Söhnen umsprangen, hätte es nicht unmittelbar vor meiner Nase ein Gegenbeispiel gegeben.
    Boris Alexandrowitsch liebte seinen Sohn über alle Maßen und betrachtete ihn als den Prinzen unseres Dorfes, was wohl impliziert, dass er sich für dessen König hielt. Er lobte Kolek ohne Unterlass, nahm ihn überallhin mit und schloss ihn nie, wie andere Väter es taten, von den Gesprächen der Erwachsenen aus. Doch im Unterschied zu Daniil war er regelrecht davon besessen, Russland und dessen Herrscher herunterzumachen, denn er war davon überzeugt, seine Armut und sein vermeintlicher Misserfolg im Leben seien einzig und allein auf die Autokraten zurückzuführen, deren Launen unseren Alltag bestimmten.
    »Eines Tages werden sich die Verhältnisse in diesem Lande gehörig ändern«, erklärte er meinem Vater bei fast jeder Gelegenheit. »Es liegt was in der Luft. Spürst du das nicht auch, Daniil Wladjewitsch? Die Russen haben keine Lust mehr, sich noch länger von dieser Familie tyrannisieren zu lassen. Wir müssen unser Schicksal in die eigenen Hände nehmen.«
    »Immer ganz der Revolutionär, Boris Alexandrowitsch«, erwiderte mein Vater, wobei er den Kopf schüttelte und lachte – etwas, das nur selten vorkam und dann ausnahmslos von den radikalen Ergüssen seines Freundes ausgelöst wurde. »Du

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